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recht artikel (Interpretation und charakterisierung)

Warum journalismus ?


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2. Reform

Warum entscheidet sich jemand nach acht, zehn oder gar mehr Semestern des rechtswissenschaftlichen Studiums für einen völlig anderen Beruf? Die Berufsaussichten sind in beiden Sparten gegenwärtig eher schlecht. In den ersten Jahrzehnten der bundesrepublikanischen Nachkriegsgeschichte galt der Beruf des Juristen in Gegenüberstellung als deutlich krisenfester , was umso mehr über die Abkehr von der Rechtswissenschaft rätseln lässt, gerade wenn jemand wie zum Beispiel Heribert Prantl, der sich als Staatsanwalt und Richter in fester und sicherer Beamtenposition wähnte, in den vermeintlich unsicheren Beruf des Journalisten wechselt.
Christian Rath, zuständiger Redakteur für Recht und Justiz bei der "taz", hat schon vor dem Studium auf lokaler Ebene journalistisch gearbeitet. Während des Studiums (1987- 1989 an der FU Berlin, 1989-1993 in Freiburg) schrieb er ehrenamtlich für die links-alternative Rechtszeitschrift "Forum Recht", später bis zum Ersten Staatsexamen Gerichtsreportagen für die "Badische Zeitung", was Rath, der im Jahr 2000 promovierte, allerdings "zu langweilig" vorkam. Er verzichtete auf ein Referendariat und machte bei der "Deutschen Presse Agentur" ("dpa") in Karlsruhe ein Praktikum. Anschließend begann er für die "taz" und die "Badische Zeitung" über rechtspolitische Themen zu schreiben.
Raths Redaktionskollege Jörn Kabisch entschied sich bereits sehr früh für den Journalismus. Im Alter von 15 Jahren traf er bei einer Veranstaltung des Münchener Arbeitsamtes einen "namhaften Journalisten", der gesagt habe: Wer Journalist werden will, muss sich dafür richtig entscheiden und nachhaltig für den Berufswunsch arbeiten. "Beim Verlassen des Saals bin ich diesem Rat gefolgt. Ich hatte gerade meinen ersten Text in der Lokalausgabe des `Münchener Merkurs` veröffentlicht", schildert Kabisch die ausschlaggebende Situation. Ebenso wie Christian Rath verzichtete Jörn Kabisch auf den Versuch, das Zweite Staatsexamen anzustreben und nahm stattdessen ein Volontariat auf. Doch Jura sei für ihn immer noch "ein Notnagel (gewesen), falls ich kein Bein in den Journalismus hineinbringe." Deswegen habe er auch den Antrag auf einen Referendariatsplatz zweieinhalb Jahre aufrecht gehalten.
Jost-Müller Neuhof vom "Tagesspiegel", der an der Freien Universität Berlin einen Lehrauftrag zum Thema "Rechtskommunikation" innehat, entschied sich ebenfalls früh für den Beruf in den Medien, "ohne jedoch andere Berufsoptionen ganz auszuschließen." Den Ausschlag habe "immer die Freude am schreiben (und veröffentlichen), etwa bei der Schülerzeitung" gespielt.
Fatina Keilani (ebenfalls "Tagesspiegel") entdeckte ihre Passion auch bei der Arbeit für die Schülerzeitung. Ihre Kolumnen hätten ihr bereits damals - mit 14 entschied sie sich für den Journalismus - gezeigt, "dass man damit Debatten anschieben und was verändern kann. Außerdem habe ihr "die Aussicht, immer wieder was neues machen zu können", gefallen.
"Ich wollte keinen der klassischen juristischen Berufe ergreifen, und das Schreiben hat mich immer schon begeistert, auch wenn ich niemals freier Mitarbeiter bei irgendeiner Zeitung war", begründet Elke Bohl ("F.A.Z.") ihre Entscheidung.
Bereits nach dem Abitur in Berlin-Zehlendorf traf der 1947 geborene Wolfgang Metzner ("Stern") seine Wahl pro Journalismus. Er glaubte den Beruf mit der Aufnahme des Studiums der Germanistik, Publizistik und Theaterwissenschaften am ehesten erreichen zu können, doch bereits nach dem zweitem Semester sattelte Metzner auf die Rechtswissenschaft um. Nach dem Zweiten Staatsexamen bewarb er sich beim Berliner "Tagesspiegel" für eine Stelle in der Redaktion "Recht". Wenige Tage zuvor war der damalige Gerichtsberichterstatter gestorben, so dass Wolfgang Metzner prompt diese Position besetzen konnte.
Reinhard Müller ("F.A.Z".) zögerte zunächst mit dem Schritt in den Journalismus. Es habe einige Gespräche mit Redaktionen bedurft, ehe er dann nach einigen "ersten spannenden Arbeitswochen" bei einer Zeitung die Entscheidung dazu traf, "aus einem lebendigen Interesse am politischen Geschehen und an Sprache heraus."
Peter Schiwy, der heute an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer lehrt und einst Intendant des Berliner Senders "Rias" sowie des "Norddeutschen Rundfunks" war, gibt "Neugier" an, die ihn im Alter von 20 Jahren festlegen ließ.
Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert beschränkt sich bei der Beantwortung der Frage, wann er sich für den Journalismus entschieden habe ohne weitere Erläuterung auf ein Wort: "Nie."
ZDF-Redakteur Jo Pohl war lange Zeit "unentschlossen", welchen Beruf er denn nach den beiden Examina einschlagen solle. Nach der Arbeit in einer Anwaltskanzlei sei bei ihm "die subjektive Erkenntnis (gestiegen), dass die tägliche Welt der Amts- und Landesgerichte eine verdammt kleine Welt ist." Die Arbeit im Journalismus hingegen habe "in jeder Hinsicht Tore aufgestoßen". Als Fachjournalist habe man zudem Zugang zu den "höchsten juristischen Ebenen", begründet Pohl die Wahl.
Pohls Kollege Bernhard Töpper entschied sich während seiner Referendariatszeit für einen Einstieg beim "ZDF". Der damalige Leiter der Redaktion "Recht und Justiz" in Wiesbaden habe ihm - nach dem ersten Semester absolvierte er dort zunächst eine Hospitanz - die Umwandlung seiner Stelle als "freier Mitarbeiter" in die eines "festen freien Mitarbeiters" offeriert. Prompt nach dem zweiten Examen nahm Bernhard Töpper dieses Angebot war und beteiligte sich am Aufbau der bekannten "ZDF"- Rechtsserie "Wie würden Sie entscheiden?".
Christian Semler moderierte bereits währen seines Studium in den 60er Jahren "eine kurzlebige Sendung im NDR". Diesen Einstieg "in einen betont gesellschaftskritischen Journalismus" gab Semler zugunsten seiner politischen Arbeit auf. Damals engagierte er sich zunächst im SDS und später in der "maoistischen Kommunistischen Partei Deutschlands" (KPD), die 1980 aufgelöst wurde , so dass er sich fortan auf "das Studium ostmitteleuropäischer Länder" stürzte, an Solidaritätsbewegungen dortiger demokratischen Oppositionsgruppen teilnahm sowie Aufsätze und editierte Bücher schrieb. Dies war der erste Einstieg bei der "taz", "die am ehesten meiner politischen Orientierung entsprach." Seit 1989 arbeitet Christian Semler dort als einer der Osteuroparedakteure.
Für Spiegel-Korrespondent Dietmar Hipp fiel die Entscheidung für den Journalismus noch vor der für die Rechtswissenschaft, "damals aus dem Gefühl heraus, sehr viele verschiedene Interessen zu haben, und keinem davon allein den Vorzug geben zu wollen. Da bot sich das Münchner Studium als relativ ´generalistisch` aufgebautes (sozial-) wissenschaftliches Studium an, mit der Möglichkeit, sich durch die Wahl eines ´Spezialfaches` (2. Nebenfach nach dem Vordiplom) einen eigenen Schwerpunkt zu suchen." Vor und während seines Studiums arbeitete Hipp bereits journalistisch: erst in der Schülerzeitung, später beim "Münchener Merkur", der "Süddeutschen Zeitung", während eines Praktikums beim "Midi Libre" in Montpellier sowie beim Münchener Regionalfernsehen. Als Schüler habe er in Tübingen mit Freunden gar eine eigene "ambitionierte, leider aber kurzlebige Monatszeitung" aufgebaut.
Gegen Ende des Jura-Studiums habe Dietmar Hipp sich trotz der ganzen journalistischen Tätigkeit "zunehmend auch einen juristischen Beruf vorstellen (insb. auch den des Anwalts)" können. "Ich wollte deshalb selbstverständlich auch ins Referendariat gehen - das Angebot des "Spiegel" (zunächst natürlich die Möglichkeit, mich dort zu bewerben) kam dann gewissermaßen einfach dazwischen."

 
 

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