Der Liberalismus lf°f¨t sich unterteilen in philosophischen, fÐkonomischen, politischen und sozialen Liberalismus. Der philosophische stellt auf die Autonomie der Person ab, der fÐkonomische macht die Idee des Spiels der freien Krf°fte zum Ausgangspunkt seiner f×berlegungen. Der politische Liberalismus verstand sich als Bewegung zur Erstellung einer Verfassung und der soziale Liberalismus wiederum \"anerkennt, daf¨ Freiheit gesellschaftlich erffØllte Freiheit sein muf¨, wenn sie nicht zum Privileg einiger weniger verkfØmmern soll.\"(Verheugen in Meyer, 1986, S.401; zur Einteilung der Liberalismen: ebd.) Sicherlich ist das eine recht grob gestrickte Unterteilung. Sie soll lediglich zeigen, daf¨ der Liberalismus recht komplex ist und das die Blickwinkel, aus denen heraus die jeweiligen vorrangigen Ziele einer Liberalismustradition formuliert werden, sehr verschieden sind.
Indem sich der Liberalismus der sozialen Frage zuwendet (und gerade der zu skizzierende Linksliberalismus kennzeichnet sich durch eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema) begibt er sich auf einen schmalen Grat: Er muf¨ seine ideologisch geschlossene Vision des Nachtwf°chterstaates und das ausschlief¨liche ZurfØckffØhren sozialer Unterschiede als natfØrliche Folge unterschiedlich eingesetzter Ff°higkeiten und Anstrengungen aufgeben. Im Gegenzug bekommt der Staat gemf°f¨ der liberal-theoretischen Antwort auf die sozialen Probleme die Aufgabe, Chancengleichheit herzustellen und zu gewf°hren.(Vgl. hierzu: GfÐhler/Klein in Lieber, 1993: 364)
Puristen unter den Liberalen kfÐnnen sagen, daf¨ diese LfÐsungsstrategie nicht-liberal ist, da hier das freie Spiel der Krf°fte empfindlich berfØhrt wird. Ebensogut lf°f¨t sich aber dieser soziale Liberalismus quasi als historische Fortentwicklung und Erweiterung der liberalen Theorie ansehen, bei der sich eine verstf°rkte Verantwortlichkeit des Staates ffØr seine BfØrger auf das Recht der Menschen auf ein menschenwfØrdiges und selbstbestimmtes Leben zurfØckffØhren lf°f¨t, das ohne weitere Staatsaktivitf°ten so nicht ffØr alle gleichermaf¨en gewf°hrleistet wf°re. So argumentieren die Autoren der Freiburger Thesen, die gerade aufgrund der liberalen Postulate (Gleichheit der Lebenschancen, MenschenwfØrde und Schaffung optimaler Bedingungen ffØr die persfÐnliche Selbstentfaltung) dem Staat dazu anhalten, den Kapitalismus entsprechend zu reformieren (Eindf°mmung der Konzentration, breite VermfÐgensbildung, Mitbestimmung im Betrieb etc.); gerade ein nicht-Einschreiten wf°re nach dieser Lesart nicht-liberal.
Die f×berlegungen, die sich in den wiedergegebenen Programmen und vor allem bei Karl-Hermann Flach finden lassen, drehen den Spief¨ gewissermaf¨en um: Es wird hier nicht mehr die Frage gestellt, ob ein umverteilender Interventionsstaat fØberhaupt in einem liberal organisierten Gemeinwesen Platz finden kann. Es wird im Gegenteil die Frage aufgeworfen, ob eine Auffassung vom Staat, die ihm nicht eine ausgeprf°gte soziale Ausrichtung zuspricht, vor dem Hintergrund der heutigen sozialen Bedingungen fØberhaupt liberal genannt werden kann. Ein Laisser-faire-Liberalismus muf¨ sich fragen lassen, ob er den universalen Charakter seiner Theorie noch genfØgend berfØcksichtigt.
Wenngleich dem Liberalismus der Makel der Privilegienwahrung und -mehrung der Besitzenden anhaftet, so zeigt es sich doch, daf¨ aus der ideologisch gebotenen Wertschf°tzung des einzelnen genausogut ein Eintreten ffØr Menschen der unteren Schichten ableitbar ist.
Es bleibt festzuhalten, daf¨ das Freiburger Programm durchaus auf die Wurzeln des Liberalismus zurfØckgreift und eine zeitgemf°f¨e Umsetzung versucht. Es entstand nicht im luftleeren Raum, sondern entwickelt eine durch Mill begrfØndete (und durch Naumann in Deutschland wieder aufgegriffene) Traditionslinie des Liberalismus fort. Konkret heif¨t das, daf¨ man den Liberalismus mit sozialen Anforderungen vertrf°glich macht.
Ob man die mit den zu schaffenden materiellen Voraussetzungen ffØr das GlfØck begrfØndeten Elemente der Umverteilung als Kunstgriff sieht ist dabei eine Frage des persfÐnlichen Standpunktes, zumal der liberalen Tradition mindestens ebenso entsprechen wfØrde, erworbenen Besitz (auch fØber Generationen hinweg) zu schfØtzen und Umverteilung nicht als Staatsaufgabe anzusehen. Man sieht hier, daf¨ der Liberalismus Raum ffØr widersprfØchliche politische Stof¨richtungen bereithf°lt.
Sucht man nun eine Antwort auf die Frage: Ist Liberalismus \"links\"? und reduziert \"links\" der Einfachheit halber auf \"soziales Engagement des Staates\", so kommt man auch dann nicht zu einem eindeutigen Ergebnis: Einerseits soll sich der Staat weitestmfÐglich zurfØckhalten, staatliche Arbeitsprogramme, die fØberdies noch dazu ffØhren, den Wettbewerb zu verzerren (z.B. ABM), sind abzulehnen. Sozialen Schieflagen ist nach MfÐglichkeit marktkonform zu begegnen, Eingriffe von auf¨en sind tendenziell nur dazu geeignet, die gesamte volkswirtschaftliche Lage zu verschlechtern und wfØrden mithin der guten Absicht einen Bf°rendienst erweisen.
Andererseits gibt es im Liberalismus der Idee nach die Anforderung an den Staat, jedem seiner Mitglieder fern der sozialen Herkunft gleiche Zugangsvoraussetzungen zu Bildung und Beruf zu ermfÐglichen. Damit allerdings wf°chst dem Staat ein seiner GrfÐf¨e und Bedeutung nach kaum zu unterschf°tzender Auftrag zu, der letztlich in den sozialen Bereich ff°llt. Auf diese liberalen Tradition der Bildung (und den damit verbundenen Zielsetzungen der Aufklf°rung) besann sich die FDP Ende der 60er Jahre (Siehe NfØrnberger Wahlplattform oben). Zusammen mit den Vorschlf°gen ffØr mehr direkte und betriebliche Demokratie, den f×berlegungen zur Verteilungsgerechtigkeit sowie der Besetzung des jungen Themas Umwelt (einschlief¨lich eines entsprechend kritischen Wachstumsbegriffs) scheint dies das programmatische RfØckgrat daffØr zu bilden, was man heute im RfØckblick \"Linksliberale f¯ra\" nennt.
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