An einem Einbruchsort wird eine Bluttropfspur gesichert. Für sich informiert die Blutspur - unabhängig von der Tat und dem Tatortbefund:
- über die Fallhöhe aufgrund ihrer Ausformung und
- über die Zusammensetzung des Blutes (Blutgruppe)
Tatortbefund:
Die Blutspur befindet sich auf dem Fußboden innerhalb des Tatobjekts unterhalb eines Fensters. Die Glasscheibe des Fensters ist eingeschlagen; das Fenster ist geöffnet. Im Raum liegen unter dem Fenster Glasscherben; eine Scherbe weist ebenfalls eine Blutanhaftung auf. Eine blutige Fingerspur befindet sich an der Innenseite des Deckels einer aufgebrochenen Geldkassette. Geschädigte oder andere anwesenheitsberechtigte Personen scheiden als Spurenleger der Blutspur aus.
Spurenauswertungsbefund:
Es handelt sich um Menschenblut. Sämtliche am Tatort gesicherten Blutspuren weisen die gleiche Blutgruppe auf (Blutgruppe A). Die Fallhöhe des Blutstropfens beträgt bei senkrechtem Fall ca. 70 bis 90 cm.
Schlussfolgerungen:
Die Blutspuren sind tatzusammenhängend. Blutgruppe und Lage der Spuren lassen den Schluss zu, dass die Blutspuren von ein und demselben Spurenleger stammen. Als Spurenleger kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit der Täter in Frage, der die Blutgruppe: A hat. Der Täter hat sich bei der Tatbegehung an einer Glasscherbe verletzt; aus dieser Wunde rühren die Blutspuren her. Die an der Geldkassette gesicherte blutige Fingerspur dürfte aufgrund ihrer Lage und Beschaffenheit und aufgrund der vorstehenden Schlussfolgerungen ebenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Täter stammen.
Das Beispiel soll exemplarisch den oben aufgestellten Grundsatz über die Bedeutung der Spur und ihre Qualität als Information über das Tatgeschehen erläutern. Es kann beliebig erweitert und fortgesetzt werden.
Bedeutsam für die Erschließung des Tatgeschehens ist weiterhin die Feststellung, ob es sich bei einer Spur um eine tatzusammenhängende oder um eine Trugspur handelt.
Trugspuren sind täuschende Spuren, die aufgrund ihrer Lage und ihrer Beschaffenheit mit der aufzuklärenden Handlung in Verbindung gebracht werden können, aber bei anderer Gelegenheit entstanden sind. Trugspuren sind als solche keineswegs immer bereits bei der Tatortbefundaufnahme zu erkennen. Sie werden häufig erst im Rahmen der weiteren Ermittlungen als täuschend erkannt. Trugspuren gefährden die fehlerfreie Erschließung des Tatgeschehens.
- Fußspuren am Tatort, die durch Passanten oder Neugierige gelegt worden sind.
- Eine unachtsam von einem Polizeibeamten am Tatort weggeworfene Zigarettenkippe o.ä.
Täuschend und irreführend können sich außerdem sogenannte fingierte Spuren auswirken. Fingierte Spuren sind Spuren, die bewusst und beabsichtigt zum Zwecke der Täuschung gelegt worden sind, um hauptsächlich:
- eine Tat oder bestimmte Tathandlungen zu verdecken oder die Schlussfolgerungen der Ermittlungsorgane in eine andere Richtung zu lenken, oder
- eine Tat vorzutäuschen.
Bei einem Tötungsdelikt durch Erschießen wird vom Täter im nachhinein eine Situation nachgestellt, die auf eine Selbsttötung schließen lassen soll, und zwar mittels eines fingierten Abschiedsbriefs des Opfers und durch das Hineindrücken der Tatwaffe in die Hand des Opfers.
Zu den fehlenden Spuren gehören diejenigen, die nach dem rekonstruierten Tatablauf eigentlich vorhanden sein müssten, oder stehen die aufgefundenen Spuren nicht mit dem angenommenen Tathergang im Einklang, so ist zu überlegen, ob
- die Spuren beseitigt wurden,
- der behauptete Tathergang möglicherweise vorgetäuscht wurde,
- der rekonstruierte Tatablauf auf fehlerhaften Überlegungen beruht,
- oder bei schwer auffindbaren Spuren (z.B. latente Spuren, Mikrospuren) alle Möglichkeiten der Spurensuche ausgeschöpft wurden.
Die eindeutige Feststellung, dass zu erwartende Spuren fehlen, kann von erheblicher Bedeutung sein.
Muss man einer mittelbaren Tatsache, einem Indiz, erst auf eine unmittelbar entscheidungserhebliche Tatsache geschlossen werden, spricht man vom indirekten Beweis, der in der Fachsprache als Indizienbeweis oder auch als Anzeichenbeweis bezeichnet wird.
Während der Tatortbefundaufnahme am Tatort verwickelt sich der Geschädigte bei den Fragen des Beamten nach Art und Wert der gestohlenen Sachen in Widersprüche. Das Verhalten des Geschädigten ist außergewöhnlich; es weicht vom "Normalen" ab. Es liegt demnach ein Verdachtsindiz vor.
Veränderungen am Tatort entstehen:
- durch Tatbeteiligte
- durch unbeteiligte Dritte
- durch Rettungs- oder Hilfskräfte
- durch Verkehrsmittel
- durch Witterungseinflüsse
- durch die Einwirkung von Tieren
- aufgrund nat. Veränderungen
Spuren, die eine kurzfristige Lebensdauer haben, sind bei eintreffen von Polizeikräften am Tatort häufig bereits vergangen. Die Spurensicherung ist in solchen Fällen stets problematisch. Beispielhaft sind Gas- oder Duftspuren.
Nat. Zerfallserscheinungen, stoffliche Auflösungen, Fäulnis, u.ä. sind andere Erscheinungsformen, die einen länger andauernden Prozess aufweisen. Es handelt sich dabei um bestimmte Leichenerscheinungen oder um die Zersetzung von Blutspuren, um nur einige beispielhaft anzuführen.
Beweisverbote
Die Rechtslehre hat den Begriff der Beweisverbote entwickelt. Sie dienen der Wahrung der übergeordneten rechtsstaatlichen Interessen aus den Grundrechten im Strafverfahren.
Der Beschuldigte verfügt demnach über Schweigerecht, das er jederzeit nutzen kann.
Das Themaverbot untersagt, dass bestimmte Themen behandelt werden, z.B. gelöschte Vorstrafen.
Das Mittelverbot stellt bestimmte Personen oder Verfahren von der Beweispflicht frei. Darunter zählen die Selbstbeschuldigung, die Aussage bzw. die Untersuchung von Angehörigen oder die Bekanntgabe von bestimmten Berufsgeheimnissen.
Das Methodenverbot verbietet unerlaubte Mittel zur Erlangung von Beweisen.
Schließlich verpflichtet das rel. Beweisverbot zur Einhaltung bestimmter Formvorschriften, so wird z.B. bei der Blutentnahme die Qualifikation einer med. Fachkraft verlangt.
Weitere Verbote sind das Verwertungsverbot, die Rechtsbeugung, die Aussageerpressung oder die Verfolgung Unschuldiger, die beamtenrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen würden.
Sonstiges
Zufallsfunde sind Gegenstände, die anlässlich einer Durchsuchung zu einem schon in Gang befindlichen Strafverfahren gefunden werden, in keiner Beziehung dazu stehen, aber auf die Begehung einer anderen - vielleicht noch gar nicht bekanntgewordenen - Straftat hindeuten. Die so gefundenen Gegenstände sind zu beschlagnahmen und Strafanstalt (StA) ist hiervon Kenntnis zu geben.
Gefahr als Zufallsfolge
Die Gefahren entstehen durch das zufällige Hinzutreten von Faktoren, die weder notwendige, noch zwangsläufige Folgen bestimmter Tathandlungen sind, noch bei der Tathandlung eine Rolle spielten.
Beim Abbrennen einer Scheune als Racheakt kommt plötzlich und unerwartet starker Wind auf, der den Funkenflug in Richtung eines benachbarten Wohnhauses treibt, dies in Brand setzt und infolge des Brandes die Hausbewohner gefährdet.
Beispiele für die Beurteilung von Verdachtslagen aufgrund von Tatortinformationen:
a) Einzelne Verdachtslagen
- Aus dem Rahmen entfernte Glasscheibe eines Gemäldes
- Schuhabdruckspuren auf einem gebohnerten Linoleumboden
b) Verdachtslagen gegen bestimmte Personen
- Der Vergleich der Tatorteinzelfingerspuren mit der Einzelfingerdrucksammlung erbrachte die Identifizierung des bereits mehrfach wegen Einbruchs in Erscheinung getretenen X als Spurenleger
- Bei einer Wohnungsdurchsuchung wurden bei X ein Paar Stiefel beschlagnahmt, die nach kriminaltechnischem Gutachten als spurenverursachendes Schuhwerk der Tatortschuhspuren identifiziert werden.
- Der Tatverdächtige X wird bei einer Wahlgegenüberstellung durch den Geschädigten als Täter eindeutig identifiziert. Die erste Täterbeschreibung des Geschädigten entspricht weitgehend der Personalbeschreibung des X.
c) Dringender Tatverdacht ergibt sich aus folgenen Gründen:
- Aus dem daktyloskopischen Gutachten und aus dem Ergebnis des kriminaltechn. Gutachtens zu den Schuhspuren. Danach ist X als Spurenleger der Fingerspuren und der Schuhspuren eindeutig identifiziert; das spurenverursachende Schuhwerk wurde in seinem Besitz gefunden.
- Aus dem Ergebnis der Wahlgegenüberstellung.
|