Bis zur FinStrGNov 1975 war die Darlegung der Verfehlung nur bei Betretung auf frischer Tat, nach Beginn einer abgabenbehördlichen Prüfung und nach Verfolgungshandlungen ausgeschlossen. Verfolgungshandlungen können von der Finanzstrafbehörde oder dem Strafgericht immer erst nach der Entdeckung der Tat und der individuell bestimmten Person des Täters gesetzt werden. Solange die Person des Täters unbekannt ist, können keine Verfolgungshandlungen gesetzt, sondern bloß Vorerhebungen zur Ausforschung getätigt werden. Das FinStrG ist strenger als § 167 Abs 2 StGB, weil bereits durch die Kenntnis der Straftat und nicht auch die Kenntnis des Täters die strafaufhebende Wirkung der Selbstanzeige entfällt.
Nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung ist die Selbstanzeige nicht rechtzeitig, wenn die Tat durch irgendeine Dienststelle, die gemäß §§ 80, 81 FinStrG zur Strafanzeige verpflichtet ist ganz oder teilweise entdeckt worden und dies dem Täter bekannt ist. Die Tat ist entdeckt, wenn auf Grund hinreichender tatsächlicher Anhaltspunkte ein Verdacht vorliegt, sodass bei vorläufiger Tatbeurteilung der Nachweis der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes eines Finanzvergehens wahrscheinlich ist. Verdacht ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf eine Vergehen geschlossen werden kann. Verdacht ist mehr als bloße Vermutung, meint mehr als das bloße Vorliegen von Anhaltspunkten, die geeignet sind ein Finanzstrafverfahren einzuleiten. Ein wenn auch begründeter Anfangsverdacht allein genügt nicht. Solange ein Sachverhalt noch andere Deutungsmöglichkeiten offen lässt, ist die Tat nicht einmal teilweise entdeckt. Eine Selbstanzeige nach Vorhaltung des unrichtigen Kaufpreises über eine Liegenschaft hat keine strafbefreiende Wirkung, weil dem Beschwerdeführer schon bekannt war, dass seine Tat entdeckt war. Aus der bloßen Nichtabgabe einer Abgabenerklärung kann aber nicht auf die Verwirklichung eines Finanzvergehens geschlossen werden. Ohne Kenntnis weiterer Verdachtsmomente liegt daher keine Tatentdeckung vor. Reicht die Kenntnis der äußeren Tatumstände lediglich dazu, einen Verdacht zu begründen, so ist die Tat auch nicht teilweise entdeckt. Die \"teilweise\" Entdeckung bezieht sich nur auf quantitative Tatumstände. In Deutschland soll überhaupt die Entdeckung durch irgendeine Person genügen, sofern es sich nicht um Angehörige oder Vertrauenspersonen handelt, bei denen der Täter mit keiner Anzeige rechnen muss. Dem wurde entgegengehalten, dass für die Behörde eine Selbstanzeige solange von Interesse ist, als sie, die Behörde, davon noch keine Kenntnis hat. Jedenfalls ist die dAO insofern strenger als § 29 FinStrG als erstere bereits dann keine Straffreiheit gewährt, wenn der Täter bei verständiger Würdigung der Sachlage mit der Entdeckung der Tat rechnen musste, und somit die unmittelbare Entdeckung der Tat bevorstand.
Zwischen den Finanzbehörden werden, wenn Sachverhalte bekannt werden, die einen abgabenrechtlichen Tatbestand verwirklichen könnten, für den aber eine andere Finanzbehörde zuständig ist, so genannte Kontrollmitteilungen ausgetauscht. In erster Linie gelangt das Finanzamt im Zuge von Betriebsprüfungen zu solchen Kontrollmitteilungen. Da eine solche Kontrollmitteilung aber keine abgabenrechtliche Würdigung des Sachverhaltes beinhaltet, bedeutet sie auch nicht zwingend das Wissen, dass eine Abgabenverkürzung, nicht einmal ob überhaupt ein steuerbarer Vorgang vorliegt. Auch ein so genannter Bedenkenvorhalt hindert die strafbefreiende Wirkung einer Selbstanzeige daher nicht. Durch eine bloße Kontrollmitteilung ist die Tat daher noch nicht entdeckt. Erst wenn dessen Auswertung ergibt, dass tatsächlich eine Finanzvergehen vorliegt oder aus der Kontrollmitteilung selbst hervorgeht, dass eine Steuererklärung unrichtig ist , ist die Tat entdeckt. Auch die automatisierte Zusendung von Erinnerungen im so genannten Erklärungsversandverfahren zur Abgabe von Steuererklärungen oder einer Umsatzsteuervoranmeldung ist keine Tatentdeckung und steht einer strafbefreienden Selbstanzeige nicht entgegen. Die Tat ist nur dann entdeckt, wenn sie ein Organwalter der Behörde wahrgenommen hat.
Dieselbe Strenge, wie für das Vorliegen eines entsprechenden Tatverdachtes fordert Tanzer für das Wissen des Anzeigers von der Entdeckung. Dem Anzeiger muss bekannt sein, dass bereits so viele Tatsachen vorliegen, woraus zwingend auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Dass der Täter die Entdeckung bloß für möglich oder wegen einer bevorstehenden Anzeige für gewiss hält, erfüllt nach Tanzer diese Anforderungen nicht und hindert daher nicht die Wirksamkeit der Selbstanzeige.
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