Präsident Lech Walesa war mit seiner starken Persönlichkeit, die vor allem zum Ende seiner Amtszeit heftig umstritten wurde, Klammer und Rückgrat der demokratischen polnischen Entwicklung in den ersten Jahren. In die Kritik geriet er vor allem wegen extensiver Nutzung seiner Befugnisse und erheblicher Eingriffe in die Regierung des Landes. Die unter Mazowiecki eingeleitete Wirtschaftsreform zeigte bald erste Erfolge, wie den Rückgang der Inflation, die Privatisierung und der Währungsschnitt. Diese Revitalisierung ging jedoch einher mit Instabilität an Staats- und Regierungsspitze.
Über den Streit, wie die Wirtschaftskrise des Landes endgültig zu überwinden sei, zerfiel das Bündnis "Solidarnosc" in rivalisierende Gruppen und die 1991 zu Sozialdemokraten gewandelten Kommunisten (SDL) sowie die Bauernpartei (PSL) erhielten Zulauf. Von der "Solidarnosc" blieben u.a. die Gruppen um Mazowiecki, die Demokratische Union (DU) und der Liberal-Demokratische Kongress von Bedeutung. Die ersten Parlamentsneuwahlen, bei denen nun mehr alle Sitze in freier Wahl bestimmt wurden, fanden in Oktober 1991 statt. Eine Mehrheitsfindung war aufgrund der Parteizersplittung und des komplizierten Verhältniswahlrechts zunächst schwierig. So kamen 1991 29 Parteien in den Sejm. Walesa schlug sich selbst daraufhin zum neuen Ministerpräsidenten vor, um mit einer Koalition aus den sieben stärksten Parteien eine Regierung zu bilden. Dies lehnte der Sejm jedoch ab. Aufgrund der verschiedenartigen Interessen der Parteien kam keine Mehrheit zustande, was bis Mitte 1992 zu einer Minderheitsregierung führte. Um diese Situation zu beenden, wurde 1993 einen neue Wahlordnung mit einer fünf Prozent Hürde für den Einzug ins Parlament geschaffen. Aus den Wahlen 1993 gingen SDL und die Bauernpartei als stärkste Fraktionen hervor, die für Mäßigung bei den Reformen eingetreten waren, Westorientierung und Demokratisierung jedoch nicht in Frage gestellt haben. Die Gründe dafür, dass diese Parteien die stärksten im Sejm wurden, liegen darin, dass viele Polen angesichts der großen wirtschaftlichen Umwälzungen nicht mehr in erster Linie an die politische Bevormundung und die wirtschaftliche Misere unter dem zerfallenem Regime der Kommunisten dachten. Sehnsüchtig erinnerten sie sich an die Zeit der staatlich garantierten Vollbeschäftigung und an die funktionierenden zwischenmenschlichen Beziehungen. Die Bauernpartei war so stark, da immer noch 30%der polnischen Bevölkerung von der Landwirtschaft lebten. Mit dem, nach wachsender Kritik an Lech Walesas Führungsstil, nicht überraschenden Sieg Aleksander Kwasniewskis bei den Präsidentschaftswahlen 1995, setzte sich auch in diesem Amt ein Vertreter linker Parteien gegen die bürgerlichen Parteien des demokratischen Umbruchs von 1989 durch. Die Parlamentswahlen von 1997 brachten eine erneute Wende. Die wieder geeinten Kräfte der "Solidarnosc" errangen die Mehrheit.
In der außenpolitischen Zielsetzung waren sich alle Parteien weitgehend einig: Westorientierung mit dem Ziel der Integration in die Europäische Union und die NATO standen im Mittelpunkt. Polen wurde relativ früh Mitglied des Europarats. Das Land sicherte sich durch eine Reihe bilateraler Dialoge und Verträge mit seinen Nachbarn ab und betrieb vor allem Aussöhnung mit den deutschen Nachbarn, wie z.B. einen Grenzvertrag, der die Oder-Neiße-Linie als endgültige Grenze zwischen den beiden Ländern anerkannte (14. November 1990), einen Nachbarschaftsvertrag (17. Januar 1991) sowie die Aufhebung des Visum Zwangs im April 1991. Wirtschaftlich schloss sich Polen mit den Nachbarländern in der CEFTA zusammen und gehört dem Ostseerat an.
Polen trat aufgrund historischer Erfahrungen deutlich für die Einbeziehung in westliche Verteidigungsbündnisse und gegen eine Beteiligung Russlands an der Sicherheit des Landes ein. Seit Februar 1994 ist ein Europaabkommen mit der EU in Kraft, der Beitrittsantrag wurde zwei Monate später gestellt. Die Aufnahme wurde1997 seitens der EU angekündigt und auch die NATO-Gipfel-Konferenz im Juli1997 in Madrid beschloss neben Ungarn und Tschechien auch Polen Beitrittsverhandlungen anzubieten. Im Anschluss an die Konferenz kam US-Präsident Clinton zum Staatsbesuch nach Warschau, wo er vor 10 000 Menschen die Polen dazu aufrief, am Kurs der Reformen festzuhalten.
Am 1. Dezember 1994 begann die seit 1991 geplante und immer wieder verzögerte Privatisierung von über 400 mittleren und größeren Staatsbetrieben. Der neue Finanzminister Balcerwicz setzte eine radikale Wirtschaftsreform durch, die sich an den Empfehlungen der Weltbank und des internationalen Währungsfonds orientierte. U.a. sah das Programm vor, die Subventionierung der Produzenten zu begrenzen, die Preise wichtiger Versorgungsgüter zu erhöhen, im Staatshaushalt einschneidende Kürzungen vorzunehmen, Lohnerhöhungen auf bestimmte Erhöhungsraten gesetzlich zu begrenzen, den Kreis der Waren mit freier Preisbildung auf 90% zu erhöhen und Verstöße dagegen unter Strafe zu stellen. Die Inflationsrate fiel durch diese Maßnahmen unter 10% und der Zloty wurde die erste frei konvertierbare Währung im COMECON-Bereich.
Zieht man zum jetzigen Zeitpunkt eine Bilanz des polnischen Nationbuilding Prozesses, lässt sich sagen, dass Polen seinen Weg zu einer Demokratie und zur Marktwirtschaft gefunden hat. Dies zeigt sich u.a. dadurch, dass Polen für westliche Investoren zu einem attraktivem Markt mit gutem Investitionsklima und großen Wachstumschancen geworden ist und die jüngere Generation den Kapitalismus gut begriffen hat. Man findet selten jemanden unter 25 Jahren, der nicht mit mehreren Jobs jongliert, im Internet surft, einen vollen Terminkalender hat und zumindest etwas Englisch spricht. Dabei hat Polen jedoch nie seine kulturelle Identität vergessen, was zum Beispiel die große Sorgfalt und der kunsthistorische Sachverstand zeigt mit dem man die zerstörten Städte beim Wiederaufbau restaurierte. Die mittelalterlichen und barocken Bürgerhäuser mit ihren prachtvollen Fassaden, die Kirchen und andere Baudenkmäler wurden nach alten Vorlagen so detailgetreu wie irgend möglich wiederhergestellt. Ganze Straßenzüge entstanden auf diese Weise neu, und so präsentieren sich die Altstädte von Warschau, Danzig, Breslau, Krakau, Posen oder Thorn heute in einer mustergültigen Geschlossenheit.
"Noch ist Polen nicht verloren!" Treffender als mit dieser Zeile aus der polnischen Nationalhymne lässt sich die Geschichte des Landes kaum auf einen Nenner bringen. Sooft es überwältigt wurde, sooft es der völligen Vernichtung nahe war, es kämpfte sich jedes Mal wieder an die Oberfläche, getragen vom unbeugsamen Selbstbehauptungswillen seines Volkes.
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