Die tätige Reue befreit nur dann von der Strafbarkeit, wenn sie rechtzeitig geübt wird. Die Rechtzeitigkeit bezieht sich hierbei auf den Zeitpunkt der Schadensgutmachung. Das bloße Anbot auf Ersatz des Schadens hebt die Strafbarkeit nicht auf. Ein Schuldnachweis muss zwar noch nicht vorliegen, jedoch muss aus eigener behördlicher Wahrnehmung oder aus einer Anzeige Dritter ein konkreter Verdachtsmoment vorliegen. Ein bloß vager Verdacht schließt die Rechtzeitigkeit nicht aus, wohl aber das Einschreiten der Polizei auf Grund eines dringenden Tatverdachts, eines Hausdurchsuchungsbefehls o.ä. Nicht erforderlich ist, dass die Behörde bereits Erhebungen durchgeführt hat. Im Zweifel gilt auch hier der Grundsatz "in dubio pro reo".
Die Behörde hat Kenntnis vom Verschulden, wenn konkrete Hinweise vorliegen, die Anlass zu einer behördlichen Ermittlung geben, dass gerade der Täter an einem bestimmten Delikt in strafbarer Weise beteiligt gewesen sei. Die Ermittlungen selbst müssen noch nicht stattgefunden haben. Ebenso muss sich - entgegen der in der Literatur abgelehnten Judikatur zu § 187 StG - aus dieser Beweislage noch kein Schuldnachweis ergeben. Rechtzeitigkeit ist aber nicht gegeben, wenn bei der Staatsanwaltschaft eine Anzeige gegen unbekannte Täter aufliegt, woraus sich konkrete Hinweise auf das mutmaßliche Verhalten eines bestimmten Täters entnehmen lassen. Nachfolgende Maßnahmen zur Wiedergutmachung des Schadens können keine tätige Reue bewirken. Solange aber ein solcher konkreter Tatverdacht nicht besteht, kann rechtzeitig tätige Reue geübt werden. Bestehen gegen den Täter bereits Verdachtsgründe, die seine vorläufige Verwahrung (§§ 175 Abs 1, 177 Abs 1 StPO) rechtfertigen, so ist tätige Reue durch nunmehrige \"Selbstanzeige\" jedenfalls ausgeschlossen.
Der OGH hat tätige Reue sogar noch zugestanden, wo der Täter noch am Tatort überrascht wurde. In einem anderen Fall hat er jedoch die tätige Reue ausgeschlossen, wo der Ladendieb unmittelbar nach der Tat mit der Beute an den Tatort zurückgekehrt ist und dort die Beute herausgegeben hat. Bei fortgesetzten Delikten ist nach der Rechtsprechung tätige Reue ausgeschlossen, sobald ein konkreter Tatverdacht auch nur wegen eines Teilaktes vorliegt.
|