(1) Wirkungsweisen des Alkohols:
(a) Koerperliche und psychische Auswirkungen
aa.)
Alkoholintoxikationen reichen von leichter Geh-
Stoerung, starker Gehstoerung, Reflexlosigkeit bis
zur Bewusstlosigkeit und Kreislaufinsuffizienz,
bb.)
Leichte Alkoholraeusche (0,5 - 1,5) sind gekenn-
zeichnet durch Herabsetzung der psychomotorischen
Leistungsfaehigkeit, allgemeine Enthemmung, Beein-
traechtigung der Faehigkeit kritischer Selbstkon-
trolle; mittelgradige Raeusche (1,5 - 2,5) durch
euphorische Glueckstimmung oder aggressive Gereizt-
heit, Verminderung der Selbstkritik, Enthemmung,
Benommenheit, Psychomotorischer Unsicherheit, un-
reflektierter Bestrebung, triebhafte Beduerfnisse
zu befriedigen, Fehlen zielgerichteter Konstanz
und Bereitschaft zu primitiven, vorwiegend
explosiven Reaktionsweisen; schwere Rauschzustaende
(ueber 2,5) durch Bewusstseinsstoerungen und Verlust
realen Situationsbezuges, Desorientiertheit.
illusionaere situative Verkennung, motivlose Angst,
Gleichgewichtsstoerungen hin bis zur Ataxie,
Dysarthrie und Schwindel, Schaedel-Hirn-Trauma,
evtl. mit komplizierender intrakranieller Blutung.
cc.)
Die neuere Alkoholforschung laesst zehn psychopatho-
logische Syndrome erkennen, die einzeln oder in
verschiedenen Verbindungen auftreten (Stoerungen
des Bewusstseins und der Motorik, Stoerungen der
Orientierung, paranoid-halluzinatorisches Syndrom,
manisches, gereizt-aggressives, depressives
Syndrom, Angstsyndrom, Suizidalitaet, sexuelle
Erregung, amnestisches Syndrom).
dd.)
Das Alkoholentzugssyndrom wirkt sich
internistisch, vegetativ, neurologisch und
psychisch aus.
ee.)
Es gibt kaum ein Organsystem, an dem nicht
Syndrome oder Krankheiten gefunden wurden, die
nicht mit dem Alkoholismus ursaechlich in
Verbindung zu bringen sind: z.B. Fettleber,
chronische Lungenerkrankung, Traumata, Bluthoch-
druck, Mangelernaehrung, Anaemie, Gastritis,
Knochenbrueche, Hiatushernie, Leberzirrhose,
Magen-Darm-Geschwuere, chronischer Hirnschaden,
Fettsucht, Herzkrankheiten, gastrointestinale
Blutung, epileptische Anfaelle, Diabetes,
Harnwegsinfekt.
ff .)
Die alkoholische Leberzirrhose ist eine relativ
haeufige Erkrankung bei fortgeschrittenem Alkohol-
missbrauch. 30-50 % aller Leberzirrhosen sind auf
den Missbrauch zurueckzufuehren. Beschwerden sind
Appetitlosigkeit, Muedigkeit, Depressivitaet. Es
kommt gelegentlich zu Hautveraenderungen. Die Haut
ist pergamentpapierartig verduennt und zeigt weisse
Flecken. Koerperbehaarung und Schambehaarung laesst
nach. Potenz und Libido vermindern sich. Der
schwere, alkoholbedingte Leberschaden fuehrt ueber
tiefere Bewusstseinstruebung zum Koma.
gg.)
Alkoholiker neigen zu mehr Infektionen der Luft-
wege.
hh.)
Die akute Alkoholintoxikation, besonders bei chro-
nischen Alkoholikern, loest typische Knochenmarks-
veraenderungen aus und stoert somit das Immunsystem.
ii.)
Alkohol wirkt auf die Muskeln in der Weise, dass
die Muskulatur schwillt, stark druckempfindlich
und krampfanfaellig ist.
jj .)
Alkoholismus veraendert das Gehirn morphologisch
und funktionell mit der weiteren Folge psychischer
Veraenderungen. 3 - 5 % der Alkolholiker werden vom
sogenannten Wernicke-Korsakow-Syndrom befallen,
das durch folgende Stoerungen gekennzeichnet ist:
- Verlust des Altgedaechtnisses, regelmaessig ver-
bunden mit der Unfaehigkeit, sich neue Gedaecht-
nisinhalte einsupraegen;
- verminderte Faehigkeit der Reproduktion von
Gedaechtnisinhalten;
- eindeutige Verschlechterung der Auffassungs-
faehigkeit;
- Verminderung der Spontanitaet und Initiative;
- Stoerungen der Konzentrationsfaehigkeit, der
raeumlichen Organisation und der visuellen und
verbalen Abstraktion.
kk.)
20 - 40 % aller Alkoholiker leiden an Polyneuropa-
thie, die mit schmerzhaften Missempfindungen,
Kribbelparaesthesien und Taubheitsgefuehl beginnt.
Danach kommt es zu ziehenden, brennenden und
stechenden Muskelschmerzen mit Kraempfen und
Muskelschwaeche.
ll.)
Tremorerscheinungen sind bei Alkoholikern sehr
haeufig. Sie sind anfangs reversibel, spaeter nicht.
Das Leiden beginnt als feinschlaegiger Tremor. Er
setzt an den Haenden ein, der sich spaeter ausbrei-
tet auf Zunge, Lippen, Augenlider, Kopf und Fuesse.
mm.)
Es gibt eine sogenannte Alkoholepilepsie bei
chronischen Alkholikern, die frueher keine latente
Krampfbereitschaft aufgewiesen haben.
nn.)
Das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, ist
bei Maennern mit einem hohen Alkoholkonsum um mehr
als das Vierfache hoeher als bei Abstinenten oder
bei geringem Konsum.
oo.)
Das sogenannte Alkoholdelir ist gekennzeichnet von
Desorientiertheit in oertlicher, zeitlicher und
situativer Hinsicht. Es bestehen Auffassungsstoe-
rungen und illusionaere Verkennungen. Die Wahr-
nehmungsstoerungen koennen zu einer gesteigerten
Suggestibilitaet und Konfabulationen fuehren. Die
Stimmung ist schwankend, gekennzeichnet durch
Angst, Reizbarkeit und durch eine gewisse
Euphorie. Typisch ist psychomotorische Unruhe mit
nestelnden Bewegungen und Bettfluechtigkeit.
pp.)
Beim Alkoholiker gibt es verstaerkt Eifersuchts-
ideen und Eifersuchtswahn.
qq.)
Alkoholmissbrauch vor und waehrend der Schwanger-
schaft kann schwere Schaedigungen des Embryos ver-
ursachen. Fuer die Bundesrepublik wird eine jaehr-
liche Rate der Alkoholembryopathie von 1800 ge-
schaetzt. Deren wichtigsten Symptome sind Wachs-
tumsdefizit, Minderwuchs, Untergewicht, statomo-
torische und geistige Retardierung, Hyperaktivi-
taet, Muskelhypotonie, verkuerzter Nasenruecken,
schmale Lippen, auch Missbildungen.
(b) Gesellschaftliche Auswirkungen
aa.) Anzahl der Alkoholabhaengigen
Die Anzahl der Alkoholabhaengigen wird in der Bun-
desrepublik bei einer Geschlechterrelation von 1
(weiblich) zu 2 (maennlich) auf 2,5 Millionen
geschaetzt.
bb.) Wirtschaftliche Folgekosten
Die gesamtwirtschaftlichen Folgekosten des
Alkoholkonsums werden mit ca. 50 Mrd DM angegeben
(vgl. H.H. Kornhuber, in Sonderdruck \"Deutsches
aerzteblatt\" - aerztliche Mitteilungen, Heft 19
Seite 1347 bis 1362 vom 12. Mai 1988, im
Sonderdruck Seite 2).
cc.) Auswirkungen auf dem Arbeitsplatz
25 % aller Arbeitsunfaelle in der Bundesrepublik
sind auf Alkohol zurueckzufuehren. Bei jeder 6. Kuen-
digung geht es um Alkohol, Alkoholkranke sind 2,5
mal haeufiger krank als andere Mitarbeiter. In ueber
800 Betrieben und Behoerden werden schon Suchtbera-
ter eingesetzt (vgl. Jahrbuch der Sucht 1991,
Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren,
Seite 29).
dd.) Auswirkungen im Strassenverkehr
Unter Beruecksichtigung von Dunkelzifferrelationen
wird der Anteil von toedlichen Unfaellen, die im
Zusammenhang mit Alkohol stehen, auf 5O % ge-
schaetzt (vgl. Stephan in Jahrbuch der Sucht 1991,
a.a.O., Seite 106, 107). Die Zahl der Verkehrs-
unfaelle unter Alkoholeinfluss mit Personenschaden
wird auf gut 30.000 pro Jahr geschaetzt.
ee.) Alkoholtoten
Die Zahl der Alkoholtoten wird in Deutschland
einschliesslich der neuen Bundeslaender mit ca.
40.000 jaehrlich angegeben.
ff.) Auswirkungen auf strafbare Handlungen
Nach der polizeilichen Kriminalstatistik des Bun-
deskriminalamtes aus dem Jahre 1990 wurden in
diesem Zeitraum 141.180 Tatverdaechtige (= 9,8 %
aller Tatverdaechtigen) registriert, die nach poli-
zeilichem Erkenntnisstand bei der Tatausfuehrung
unter Alkoholeinfluss standen (vgl. Polizeiliche
Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes 1990,
Seite 85). Die Wirkung des Alkohols, die Gewalt-
bereitschaft zu erhoehen, wird besonders deutlich,
wenn der Anteil der Tatverdaechtigen unter Alkohol-
einfluss in bestimmten von Gewalt gepraegten
Deliktsgruppen untersucht wird. So betrug der An-
teil der Tatverdaechtigen unter Alkoholeinfluss bei
\"Widerstand gegen die Staatsgewalt\" 63,3 %. Bei
anderen Gewaltdelikten ergeben sich folgende
Zahlen:
- Totschlag: 47,4 %
- Koerperverletzung mit toedlichem Ausgang: 41,4 %
- Vergewaltigung: 36,6 %
- Vergewaltigung ueberfallartig durch Gruppen: 50 %
- gefaehrliche und schwere Koerperverletzung: 33,9 %
- Mord: 29,1 %
- Sexualmord: 46,7 %
- vorsaetzliche Brandstiftung: 29,1 %
- sexuelle Noetigung: 28 %
(vgl. Polizeiliche Kriminalstatistik, a.a.O.,
Seite 85).
Diesen katastrophalen und verheerenden Wirkungen
individueller und gesamtgesellschaftlicher Art
stehen folgende Wirkungen des Haschischkonsums
gegenueber:
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