Bei der Bundestagswahl hat jeder Wahlberechtigte Bürger zwei Stimmen, die sogenannte Erst- und Zweitstimme. Mit der Erststimme wird ein Wahlkreisabgeordneter, also eine Person (muss keiner Partei angehören) gewählt. Mit der Zweitstimme wird eine Partei auf Landesebene, also keine bestimmte Person, gewählt. Welche Personen der Partei einen Sitz im Bundestag bekommen, steht auf der sogenannten Parteienliste. Die Zweitstimme ist die wichtigere der beiden Stimmen, da durch diese die Zusammensetzung des Bundestages festgelegt wird.
Man hat nur eine Erst- und eine Zweitstimme (sonst ist der Stimmzettel ungültig). Die Stimmen müssen nicht derselben Partei gegeben werden, Dies wird Stimmen - Splitting genannt. Man kann auch nur eine der beiden Stimmen abgeben. Ein Stimmzettel ist ungültig, wenn etwas hinzugefügt wird.
In Deutschland gilt das Verhältniswahlrecht, wobei jedoch auch die relative Mehrheitswahl bei der Erststimme berücksichtigt wird. Unter der relativen Mehrheitswahl versteht man, dass derjenige, der die meisten Stimmen erhalten hat, gewinnt (einen Sitz im Bundestag erhält). Ihr gegenüber steht die absolute Mehrheitswahl, die es in Deutschland aber nicht gibt. Bei der absoluten Mehrheitswahl hat derjenige gewonnen, der 50% aller Stimmen plus eine erhalten hat.
Die Anzahl der Sitze für eine Partei bei einer Bundestagswahl wird nach Niemeyer festgestellt. Vor 1985 wurde hierzu das d´Hontsche Verfahren genutzt. Im Gegensatz zum früheren Umrechnungsverfahren ist das Verfahren nach Niemeyer für die kleineren Parteien günstiger. Die Direktmandate (Erststimme) werden von den Gesamtmandaten (alle Sitze, die eine Partei bekommen hat), abgezogen. Die übrigen Sitze werden über Listenmandate besetzt.
Was ist, wenn eine Partei mehr Direktmandate als Sitze aufgrund des Wahlergebnisses bekommen hat? Die "Überhängigen" bleiben der Partei erhalten, man spricht hier von "Überhangmandaten". Die Anzahl der Bundestagsabgeordneten insgesamt wird um die Anzahl der Überhangmandate erhöht. Bei der Bundestagswahl findet kein Ausgleich statt, das Sitzverhältnis kann daher vom Wahlergebnis abweichen. Daher wird das Wahlsystem im Bundestag auch personalisierte Verhältniswahl genannt.
Kleine Minderheiten bleiben in Deutschland durch die sogenannte 5% - Klausel, wonach eine Partei nur dann in den Bundestag einzieht, wenn sie mindestens 5% der abgegebenen gültigen Stimmen erhält, unberücksichtigt. Eine Partei kann aber auch dann in den Bundestag einziehen, wenn sie die 5% verfehlt hat. Voraussetzung dafür ist, dass sie mindestens 3 Direktmandate erwirbt. Dann erhält sie alle ihr zustehenden Sitze (z. B. 4,7% der Sitze). Da sie aber unter 5% bleibt, ist sie keine Fraktion. Die Auswirkung ist, dass sie keinen Auschuss bilden kann.
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