1984 kamen nach 18 Jahren Emissionspause wieder zwei neue österreichische Aktiengesellschaften an die Börse. In den Jahren vorher war der inländische Kurszettel durch Notierungslöschungen immer kürzer geworden. Aber erst das Jahr 1985 brachte für den Aktienmarkt den großen Durchbruch. Nach rund zwei Jahrzehnten stagnierender Kurse kam es zu einem überaus steilen Kursanstieg von durchschnittlich 130 %. Die Umsätze versechsfachten sich. Diese Aktienhausse wurde von einem amerikanischen Analysten ausgelöst, der in einem Wirtschaftsmagazin auf die noch niedrigen Wiener Aktienkurse und die gute Wirtschaftslage hinwies. 1986 wurde die Doppelbesteuerung der Aktienerträge weiter gemildert und die Möglichkeit zum steuerbegünstigten Erwerb junger Aktien geschaffen. Damit war auch die Einstellungsänderung der Wirtschaftspolitik zu Aktie und Börse offenkundig.
Zahlreiche neue Gesellschaften gingen in den folgenden Jahren an die Börse; insbesondere auch große bisher zur Gänze verstaatlichten Unternehmen. Die Umsätze und die Marktkapitalisation vervielfachten sich. Ab Mitte 1988 setzte abermals an der Wiener Börse eine aufsehenerregende Aktienhausse ein, die bis August 1990 anhielt. Im Herbst 1989 nahm das computerunterstützte Handelssystem (PATS = Partly Assisted Trading System) seinen Betrieb auf. Im Dezember 1989 trat ein neues Börsegesetz in Kraft, das das aus dem Jahre 1875 stammende ablöste. Es stärkte die Autonomie der Börse und ermöglichte die weitere Modernisierung des Börsebetriebes durch automatisierte Handelssysteme und den Handel mit Optionen und Finanzterminkontrakten. Die Zulassungsbedingungen für Wertpapiere sowie die laufenden Publizitätsverpflichtungen der Gesellschaften wurden erstmals umfassend gesetzlich geregelt und inhaltlich den EG-Richtlinien angepaßt.
Am 4. Oktober 1991 wurde der Kassamarkt durch einen Markt für derivative Produkte ergänzt. Es wurde mit dem Handel mit Optionen auf fünf umsatzstarke österreichische Aktientitel begonnen. Im August 1992 kam der Handel mit Indexoptionen und Index-Finanzterminkontrakten hinzu, im Juli 1993 der Handel mit Zins-Finanzterminkontrakten. Neu war auch, daß erstmals für ein Marktsegment der Wiener Börse ein vollelektronisches Handelssystem ohne Börsesaal eingerichtet wurde sowie, daß der Handel nach dem Market-Maker-System ohne Vermittler erfolgte.
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