Das Europäische Parlament (EP) ist eine der grundlegenden Institutionen der Europäischen Union (EU). Es entstand 1952 als Gemeinsame Versammlung, um der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion) ein demokratisches Element zu verleihen. Als 1957 mit den Römischen Verträgen die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) gebildet wurden, konstituierte sich die erweiterte Versammlung 1958 als Europäisches Parlament dieser drei Gemeinschaften Montanunion, EWG und EURATOM, zusammengefaßt unter der Bezeichnung Europäische Gemeinschaft bzw. Europäische Union. Der Titel Europäisches Parlament, den es sich selbst gegeben hatte, wurde durch die Einheitliche Europäische Akte (EEA), die 1987 in Kraft trat, formell bestätigt.
Das Europäische Parlament ist das einzige Organ der EU, dessen Mitglieder direkt von den Bürgern der Mitgliedstaaten für ein Mandat von fünf Jahren gewählt werden. Seit 1979 werden die Parlamentarier durch allgemeine Wahlen in den Mitgliedstaaten gewählt. Die Sitze werden unter den Mitgliedstaaten der EU im Verhältnis zu ihrer jeweiligen Einwohnerzahl verteilt.
Es vertritt 370 Millionen Bürger und ist das größte multinationale Parlament der Welt. Das Hauptorgan tagt im allgemeinen eine Woche im Monat in Straßburg (Frankreich) im Palais de l'Europe, doch der größte Teil der Ausschussarbeit wird in Brüssel (Belgien) geleistet. Das Sekretariat hat ihren Sitz in Luxemburg. Die Sitzungen sind öffentlich, Debatten und Entschließungen werden in elf europäischen Sprachen veröffentlicht. Die 626 Sitze werden nach der Bevölkerungszahl der Mitgliedstaaten verteilt. Österreich ist z.B. mit
21 Abgeordneten vertreten.
In den einzelnen Ausschüssen des Europäischen Parlaments werden die Gesetzesvorschläge der Europäischen Kommission überarbeitet. Diese Ausschüsse schlagen häufig Zusätze zu den Gesetzen vor, bevor diese an den Ministerrat weitergeleitet werden. Nach Vorlage beim Ministerrat kann das Parlament sein Veto einlegen, wenn es die Entscheidung des Ministerrates nicht billigt. Zusammen mit dem Ministerrat arbeitet das Europäische Parlament auch am EU-Haushalt und kann einen Haushaltsplan ablehnen, wenn im Rat keine Übereinstimmung erzielt wird.
Die Abgeordneten setzen sich für ihre politischen Ideen ein. Sie sind deshalb nicht in Ländergruppen, sondern in politischen Fraktionen organisiert. Oft werden kurzfristig Koalitionen zu Einzelfragen gebildet, die ideologische und nationale Grenzen überschreiten. Von den Fraktionen stellen zurzeit die SPE (Fraktion der Sozialdemokratischen Parteien Europas) und die EVP (Fraktion der Europäischen Volksparteien) die meisten Abgeordneten.
Geleitet wird das Parlament von einem Präsidium, das aus dem Präsidenten und 14 Vizepräsidenten besteht. Alle Präsidiumsmitglieder werden für zweieinhalb Jahre gewählt. Die Fraktionsvorsitzenden und der Parlamentspräsident nehmen an der Konferenz der Präsidenten teil, die die Arbeit des Parlaments organisiert und die Tagesordnung für die Plenartagung aufstellt.
Ein großer Teil der parlamentarischen Arbeit findet in den 20 parlamentarischen Ausschüssen statt, die sich mit allen Tätigkeitsbereichen der Union befassen, von der Landwirtschaft bis zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, von Menschen- und Bürgerrechtsfragen bis zur
Entwicklungszusammenarbeit.
Abgeordnete:
626, gewählt für 5 Jahre:
Deutschland 99,
Frankreich, Italien, Vereinigtes Königreich je 87,
Spanien 64, Niederlande 31,
Belgien, Griechenland, Portugal je 25,
Schweden 22, Österreich 21,
Dänemark, Finnland je 16,
Irland 15, Luxemburg 6.
Arbeitsorte:
Straßburg (monatliche Plenarsitzungen),
Brüssel (Arbeit der Ausschüsse und zusätzliche Sitzungen),
Luxemburg (Sitz des Generalsekretariats)
Sitzverteilung im Europäischen Parlament
SPE Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas
EVP-CD Fraktion der Europäischen Volkspartei
UFE Fraktion Union für Europa
LIBE Fraktion der Liberalen und Demokratischen Partei Europas
KVEL/NGL Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke
GRÜNE Fraktion Die Grünen im Europäischen Parlament
REA Fraktion der Radikalen Europäischen Allianz
UEDN Fraktion der Unabhängigen für ein Europa der Nationen FL Fraktionslos
Im Vergleich zu Europäischem Rat und Europäischer Kommission, die die gesetzgebende und vollstreckende Gewalt (Legislative und Exekutive) der Europäischen Union bilden, sind die Machtbefugnisse des Europäischen Parlaments begrenzt. Das Parlament kann zwar theoretisch die Kommission entlassen, hat von diesem Recht aber noch nie Gebrauch gemacht; auf die Ernennung der Kommissionsmitglieder hat das Parlament keinen Einfluß. Einige Haushaltsentscheidungen werden gemeinsam mit dem Rat getroffen, wobei die Entscheidungsbefugnisse ungleich verteilt sind. Das Parlament kann theoretisch zwar den gesamten Haushalt ablehnen, aber praktisch darf es nur über den kleineren Teil der Gesamtausgaben bestimmen, die nicht zwingend sind. Die gesetzgebenden Befugnisse waren bis zur Einheitlichen Europäischen Akte und dem Vertrag von Maastricht aus dem Jahr 1992 nur auf den Beraterstatus beschränkt. Die Einheitliche Europäische Akte gab dem Parlament das Recht, eine zweite Lesung zur Gesetzgebung abzuhalten und gemeinsame Entscheidungen über Beitritts- und Assoziierungsverträge mit Staaten außerhalb der EU zu treffen. Der Maastrichter Vertrag erweiterte die Entscheidungskompetenzen und gab dem Parlament ein Vetorecht bei einigen inneren Angelegenheiten wie dem gemeinsamen Binnenmarkt. Das Parlament kann nun die Kommission auffordern, Vorschläge für Gesetzesvorlagen zu unterbreiten. Außerdem darf das Parlament jetzt Mißstände im Bereich des EU-Rechtes untersuchen.
Macht und Funktion des Parlaments sind in der Vergangenheit nur schrittweise und in begrenztem Umfang erweitert worden. Obwohl es die einzige demokratisch gewählte supranationale Institution der Europäischen Union ist, und obwohl es zum Prinzip der Subsidiarität (Delegation von Machtbefugnissen an kompetente örtliche Einrichtungen wo immer möglich) der EU steht, stellen die Machtbefugnisse des Parlaments eine Beschneidung der Staatshoheit der Mitgliedstaaten dar. Sie können daher ohne einstimmigen Beschluß aller Staaten nicht vergrößert werden.
Adresse des Europäischen Parlaments:
Europäisches Parlament, Generalsekretariat,
Plateau du Kirchberg, L-2929 Luxemburg
Telefon: (352) 430 01
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