Voraussetzung dafür, daß WWW-Surfer kommerzielle Sites besuchen ist, daß das WWW-Angebot des Werbetreibenden dem Besucher einen Nutzen und somit Gründe bietet,
\"[...] sich freiwillig und gezielt mit dem Angebot auseinanderzusetzen. Eine solche Online-Präsenz hat nur noch wenig mit dem gemein, was heute landläufig unter dem Begriff Werbung verstanden wird. Online-Werbung ist ein chamälionartiges Geflecht aus verschiedenen Formen und Inhalten, die sich je nach Produkt, Nutzer, Kommunikationsziel oder Situation anpassen. Mal ist sie pure Information, mal Gewinnspiel, mal konkreter Zusatznutzen, mal Sponsoring\" .
Das Angebot des Werbetreibenden, seine WWW-Site, ist keinen zeitlichen und räumlichen Beschränkungen wie der 30-Sekunden-Form von TV-Spots oder der ganz- oder halbseiti¬gen Anzeige in Zeitschriften unterworfen. Dementsprechend haben diese Sites auch ganz unterschiedliche Formen. Sie können beliebig viel informativen oder unterhaltsamen Text, Grafiken oder Spiele beinhalten und verfolgen dementsprechend viele Ziele, die zum Teil weit über die der Werbung hinausgehen. Die Grenzen zwischen Werbung, Public Relations und Verkaufsförderung verschwimmen .
Als Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit) bezeichnet man die Pflege der Beziehungen zwischen einem Auftraggeber und einer spezifischen Öffentlichkeit, die darauf zielt, gegen¬seitiges Verständnis und Vertrauen aufzubauen . Mittel der Public Relations sind vor allem PR-Inserate und -Veranstaltungen, Vorträge, Informationsbroschüren, Hauszeitschrif¬ten und Presseinformationen . Verkaufsförderung ist ein zeit- und marktsegmentspezifisch einsetzbares Kommunikationsinstrument des Marketing-Mix, die durch personen- und sachbezogene erweiterte Leistungen zum Angebot informiert und beeinflußt .
Einzig eine Motivation ist bei allen kommerziellen Sites gleich: Sie wollen dem Besucher einen Grund bieten, das Angebot erneut und am besten regelmäßig und zeitlich extensiv zu besuchen. Oder, wie das Multimedia Magazin diese Beobachtung auf den Punkt bringt: \"100.000 Besucher sind nichts wert, wenn sie nicht mehrfach wiederkommen.\" Die dazu geeignetsten Elemente kommerzieller WWW-Sites sind:
- produktfremder Service: Jäschke/Albrecht raten die auch Benefitting genannte Fokussie¬rung ihrer Homepages auf produktfremden Informationsnutzen in erster Linie den Herstel¬lern von Low-Involvement-Produkten (Verbrauchswaren) . Doch auch Unternehmen, die nicht diesem Sektor angehören, bieten dem Nutzer ihrer Angebote Dienste, die mit ihren eigentlichen Produkten oder Dienstleistungen nichts oder wenig zu tun haben. So bietet die in München ansässige Vereinsbank (https://www.vereinsbank.de) im WWW nicht nur Bankdienstleistungen an, sondern stellt auch Marktanalysen zu unterschiedlichen Themen bereit. Das WWW-Angebot der Tageszeitung Rheinische Post, RP-Online, bietet bis auf Kleinanzeigen keine Zeitungstexte, dafür jedoch ein virtuelles Bürgerhaus, wo Nutzer unter anderem Behördenformulare auf ihren PC laden können . Die WWW-Site des Sportarti¬kelherstellers Reebok, Planet Reebok (https://www.planetreebok.com) bietet Informationen über Sportereignisse und Sportler, sowie Tips für Fitneßprogramme, so daß die eigentlich beworbenen Produkte tendenziell in den Hintergrund geraten. Eine 1996 veröffentlichte Studie von Altobelli/Hoffmann, die 54 Marketingauftritte deutscher Unternehmen im WWW untersuchte, entdeckte bei 31% Benefittingcharakter (Überschneidungen mit ande¬ren Kategorien waren möglich) .
- Unterhaltung: Kostenlose Computerspiele und Gewinnspiele sind verbreitete Mittel, um Nutzer zum Besuch kommerzieller Homepages zu bewegen. Altobelli/Hoffmann kamen beispielsweise bei der Auswertung der WWW-Auftritte deutscher Unternehmen zu den Ergebnissen, daß Gewinnspiele in etwa 20% der Sites, besonders stark in denen von Versandhandelsunternehmen vertreten sind . Diese spielorientierte Werbeform wird auch als Advertainment bezeichnet und eignet sich vor allem für technisch einfache Produkte und Dienstleistungen . Der bereits erwähnten Auswertung zufolge besitzen 15% der WWW-Sites deutscher Unternehmen Advertainmentcharakter .
- Produktinformation: Das WWW bietet eine neue Möglichkeit zur detaillierten und multimedialen Darstellung. Diese auch als Infotisement bekannte Verknüpfung von Information und Werbung eignet sich vorwiegend für erklärungsbedürftige Produkte und Dienstleistungen . Altobelli/Hoffmann zufolge ist dies bezüglich der WWW-Sites deutscher Unternehmen die verbreitetste Präsentationsform, die von 94% genutzt wird . Die Präsentation kann direkt (z.B. Test digitalisierter Produkte und Dienstleistungen für einen bestimmten Zeitraum), indirekt (z.B. Test einer eingeschränkten Version digitalisierter Produkte und Dienstleistungen) oder medial geschehen . Mediale Darstellung betreibt beispielsweise der Autohersteller Opel (URL: https://www.opel.com), der im WWW zu jedem Fahrzeugtyp technische Daten verbreitet und Vorzüge multimedial darstellt. Diese Art der Präsentation dient vor allem der Verkaufsförderung. Tips zur Wartung und Reperatur technischer Geräte verlagern den Kundendienst in das WWW (vergleiche Abschnitt 3.5.3.2). Nicht nur Produkte, sondern auch die Unternehmen selbst können sich unlimitiert selbst darstellen. Altobelli/Hoffmann zufolge veröffentlichen 39% der deutschen Unternehmen mit WWW-Site Unternehmenspublikationen in derselben . So nutzt z.B. der Haushaltsgerätehersteller AEG das WWW als Public Relations-Medium, indem er seine Firmengeschichte in seiner Site präsentiert (URL: https://www.hausgeraete.aeg.de).
- Dynamik: Da die Nutzer die für sie interessanten Anbieter immer wieder neu definieren, ist Aktualität ein wesentlicher Aspekt der Kommunikation . Eine im November 1995 durchgeführte Umfrage unter deutschen im WWW präsenten Unternehmen ergab, daß 51% ihr Angebot täglich, 32% wöchentlich und 14% monatlich aktualisieren, wohingegen nur 3% eine Aktualisierung für unnötig halten .
- attraktive Gestaltung: Marketingexperten empfehlen die Integration von Text, Ton, Bildern und Videosequenzen, um ein medienadäquates attraktives Angebot zu präsentieren. Eine WWW-Seite baut sich jedoch im Gegensatz zu einer Zeitungsseite nach und nach auf, wobei Geschwindigkeit und Qualität von der Übertragungsgeschwindigkeit der Leitung und des Modems sowie dem Browser abhängen. Deshalb wird inzwischen auch darauf geachtet, geringe Datenmengen zu übertragen, um Besucher nicht durch lange Ladezeiten abzuschrecken . Eine Lösung für dieses Dilemma ist die Bereitstellung von zwei verschie¬denen Versionen der Website; einer schlichten Fassung für die Nutzer langsamer Verbin¬dungen und einer Vollversion für die Nutzer schneller Modems. Dies praktiziert unter ande¬rem das Internet Underground Music Archive (URL: https://www.iuma.com/).
- Des weiteren sind die Aspekte der einfachen Bedienung/Navigation für den Besucher, der Flexibilität der Angebote und der Integration unterschiedlicher Unternehmensangebote von Bedeutung .
Je nachdem, welchen dieser Punkte ein Unternehmen Priorität einräumt, unterscheiden sich Angebote mit vorrangig informativem, unterhaltendem oder service-orientiertem Charakter. Weiterhin gibt es dialogorientierte und transaktionsorientierte Angebote, die in den Abschnitten 3.3.2.3 und 3.6.1 behandelt werden. Wie bereits erwähnt kommt es fast immer zu Mischformen, und zwar nicht nur zwischen der tendenziellen Ausrichtung, sondern auch in der Unterscheidung zwischen Werbeträger und Werbeangebot. Der bekannte Suchagent und jetzige Werbeträger AltaVista war ursprünglich ein Service- und Werbeangebot der Digital Equipment Corporation wie das Netzine und jetziger Werbeträger Spiegel Online ein informatives Werbeangebot des Nachrichtenmagazins Der Spiegel war.
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