Durch die Digitalisierung ist im Internet eine prinzipiell unbegrenzte und ohne Qualitätsver¬luste durchführbare Kopierbarkeit von Werken gegeben. Dieses Problem stellt sich zwar bereits seit der Einführung der Compact Disc und digitaler Aufzeichnungsgeräte im Musik- und seit Einführung von Heimcomputern im Computerbereich, erhält jedoch durch die welt¬umspannenden Computernetzwerke eine neue Qualität. So wird beispielsweise bei jedem Abruf einer WWW-Seite eine temporäre Kopie derselben im Speicher des abrufenden Computers erstellt. Da das Internet mit seinen verschiedenen Applikationen von der persön¬lichen bis zur öffentlichen verschiedene Arten der Kommunikation erlaubt, stellt sich bei jedem Dienst die Frage, wann die Erstellung von Kopien rechtmäßig ist und wann sie eine unrechtmäßige Raubkopie darstellt bzw. wann die Erlaubnis des Rechteinhabers eingeholt werden muß.
Ein wichtiger erster Schritt war in diesem Zusammenhang die Urheberrechtsvereinbarung der World Intellectual Property Organisation (WIPO) vom 20. Dezember 1996. Hierin stellte die Organisation, der 160 Staaten angehören, fest, daß das Erstellen temporärer und zufälliger Kopien rechtmäßig ist, während das sonstige Speichern urheberrechtlich geschützter Dokumente und deren Verbreitung an Dritte rechtswidrig sind . Welche Ausnahmeregelungen existieren dürfen, überläßt die Vereinbarung den jeweiligen nationalen Gesetzgebern.
In dem Land mit den meisten Internetnutzern, den USA, gibt es um genau diesen Punkt eine weite Diskussion. Dabei geht es vor allem um die in dem bereits erwähnten Weißbuch geäußerten Pläne, bislang gültige Ausnahmeregelungen im Internet abzuschaffen, die das Kopieren geschützter Werke ohne Erlaubnis des Autoren zu privaten oder wissenschaftli¬chen Zwecken erlauben (die sogenannte Fair-Use-Doktrin). Dies wird mit den enorm gesteigerten Möglichkeiten zur Vervielfältigung begründet . Kritiker sehen in diesem Ansatz dagegen
"[...] eine extreme Vision der künftigen Informationswirtschaft, ohne offen darüber Auskunft zu geben: ein perfekter Markt für geistiges Eigentum. Ob Artikel, Photos oder Videos - alles soll in aufwendige elektronische Umschläge verpackt werden, die sich nur öffnen, wenn der Nutzer vorher ein paar digitale Münzen überweist."
Ihrer Meinung nach stellen derartige Schutzmaßnahmen verbunden mit der gesetzlichen Abschaffung des Fair Use eine übertriebene und ungerechtfertigte Parteinahme für die Interessen der Urheber dar. Verschiedene Softwarehersteller versuchen tatsächlich derzeit, das Kopierproblem technisch zu lösen und entwickeln Schutzprogramme, die dieser Gefahr entgegenwirken sollen. Zum gegebenen Zeitpunkt befinden sich zwei verschiedene Ansätze in der Probephase: Verschiedene amerikanische Hersteller wie NEC oder Digimarc forschen an der Möglichkeit, digitalisierte Werke durch versteckte Bits elektronisch zu tätowieren, was zwar das Kopieren nicht verhindern kann, dafür jedoch hilft, Raubkopien zu identifizie¬ren . \"Cryptolopes\" der Firma IBM und ein von der Europäischen Kommission unter¬stütztes Programm mit dem Arbeitstitel \"Imprimateur\" dagegen versuchen, die automatische Honorierung des Urhebers durch Erhebung einer Kopiergebühr zu ermöglichen . Ob oder wann diese Entwicklungen sich als praktikabel erweisen werden, bleibt noch abzuwarten. Allerdings sieht es auch die Urheberrechtsvereinbarung der WIPO als in einer digitalen Umgebung für den wirksamen Schutz von Werken unabdingbar an, technologische Schutz¬maßnahmen zu ergreifen .
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