Die Interessenlage der verschiedenen Akteure, die letztlich zum nachfolgendem Ergebnis geführt hat, sind in Abbildung 1 festgehalten.
Abbildung 1: Verhandlungskonstellation bei den Gesprächen
Deutlich wird der hohe Verhandlungsdruck, unter denen die Unternehmen standen. Kirch mußte seine Verträge hinsichtlich der hohen den Studios beim Rechteeinkauf versprochenen Abonnentenzahlen einhalten, zudem war er nach dem Nichteinstieg von Murdoch in finanzieller Verlegenheit. Mit der Blockade von Kirch, der mit seiner Ankündigung, Premiere nicht weiter aus seinem Programmstock mit Premiumfilmen zu versorgen, die Existenz des Senders aufs Spiel und damit wiederum auf den Verhandlungstisch setzte, wurde auf der anderen Seite Bertelsmann unter Druck gesetzt .
Zur Erklärung der Unternehmenshandlungen im Digitalbereich wird davon ausgegangen, daß die eher zögerliche, skeptische Haltung des Bertelsmannkonzerns hinsichtlich eines diesbezüglichen Engagements gegenüber eines fast überhasteten, riskanten Engagements der KirchGruppe teilweise in der unterschiedlichen Struktur der beiden Akteure begründet liegt. Zum einen spielt die Organisation der Konzerne im allgemeinen eine Rolle. Der dezentrale, in allen medialen Geschäftsfeldern tätige und demokratisch organisierte Bertelsmannkonzern gab und gibt kraft dieser Struktur nach außen kein einheitliches Bild ab. Demgegenüber kann der von Kirch gegründete und auf die Person Leo Kirchs zugeschnittene Unternehmenskomplex auch bei Entscheidungen der Tragweite des rigorosen Einstiegs in das digitale Pay-TV wenig zerstritten sein. Dennoch lassen sich die Handlungen von Kirch nur dann hinreichend erklären, wenn man im besonderen die kirchspezifische Eigenschaft des "Gamblers" hinzuzieht, die sich in einer risikobeladenen betriebswirtschaftlichen Vorgehensweise niederschlägt (vgl. etwa Glotz in der Woche 23/98: 3).
Die Pläne sahen vor, DF1 und DSFplus in Premiere aufgehen zu lassen, das nach dem Wegfall von canal+ (Anteil: 37,5%) zwischen Bertelsmann und Kirch paritätisch aufgeteilt werden und zur digitalen Plattform ausgebaut werden sollte. Die Pay-TV-Rechte beider Unternehmen sollten Premiere zur Verfügung gestellt werden. Die Anlaufverluste von DF1 sollte CLT/UFA im Gegenzug zur Hälfte übernehmen. Mit dieser Vereinbarung koppelte man den vorhandenen Filmrechtefundus des DF1 mit dem ansehnlichen Abonenntenstamm von Premiere (1,6 Mio.), überdies wurde die preisgestaltende Konkurrenzsituation im Handel um Pay-TV Rechte gemildert.
Bertelsmann und Telekom akzeptierten Kirchs Conditional-Access-(CA) und Decoder-Technologie und sollten an der Softwareentwicklungsfirma BetaResearch von Kirch zu je einem Drittel beteiligt werden. Mit der Einigung auf diesen Quasi-Standard war ein Element der Zugangskontrolle der Unternehmen verbunden, die über ihre Lizenzpolitik bei den Schnittstellen Beeinflussungen bis hin zur faktischen Zugangskontrolle hätten ausüben können.
In einer seperaten Verständigung mit der Telekom einigten sich die Akteure über die Einspeisung des digitalen Fernsehangebotes in die Kabelnetze, wobei die Telekom eine für Programmanbieter neutrale technische Plattform betreiben sollte ohne selbst Anbieter von Inhalten zu werden (siehe Kleinsteuber/Rosenbach, 1998:10).
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