Die Arbeiten für die Vertragsänderungen leistete ein Konvent, der am 28. Februar 2002 erstmals zusammengetreten war und vom ehemaligen französischen Staatspräsidenten Valéry Giscard d\'Estaing geleitet wurde. Abgeschlossen hatte der Europäische Konvent seine Arbeit am 10. Juli 2003.
Allein schon die Einberufung dieses Konvents war ein Novum in der fünfzigjährigen Geschichte der Europäischen Gemeinschaften. Bisher wurden Vertragsänderungen nämlich ausschließlich von den Regierungen der Mitgliedstaaten ausgearbeitet. Diesmal waren an den Arbeiten erstmals 16 Mitglieder des Europäischen Parlaments und 30 Mitglieder der 15 nationalen Parlamente sowie zwei Vertreter der Kommission beteiligt, neben den Vertretern der 15 Staats- und Regierungschefs. Parlamentarier hatten also die Mehrheit im Konvent - ein großer Schritt zu mehr Demokratie in der Union. Und ein wichtiger Schritt zu mehr Bürgernähe. Auch aus den Ländern, die der EU beitreten wollen, nehmen Vertreter teil, die beratend mitwirken.
Der Konvent arbeitete in Brüssel. Seine Erörterungen und sämtliche offiziellen Dokumente sind in allen elf Amtssprachen der EU veröffentlicht.
Damit allen Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit geboten werden konnte, sich an dieser Diskussion um die Zukunft Europas zu beteiligen, wurde ein Forum eingerichtet, das allen Organisationen offen stand, welche die Zivilgesellschaft repräsentieren (also Sozialpartnern, Wirtschaftskreisen, Nichtregierungsorganisationen, Hochschulen und so weiter). Das Forum wurde regelmäßig über die Arbeiten des Konvents informiert und konnte zu besonderen Themen gehört oder befragt werden. Die Beiträge des Forums flossen in die Debatten des Konvents ein. Überdies konnte sich jedermann über das Internet an dem Meinungsaustausch über die Zukunft Europas beteiligen.
Das Ergebnis des Konvents ist der Entwurf einer \"Verfassung für Europa\" (PDF-Dokument), der am 18. Juli 2003 der italienischen Ratspräsidentschaft überreicht wurde. Dieser Entwurf wird nun von der Regierungskonferenz der EU-Mitgliedsstaaten, die von den Staats- und Regierungschefs am 4. Oktober 2003 in Rom eröffnet wurde, zu einem konsensfähigen Dokument ausgearbeitet. Ziel ist es, die endgültige \"Verfassung für Europa\" bis Mitte Juni 2004 fertigzustellen, damit sie von den Staats- und Regierungschefs noch vor der Europawahl unterzeichnet werden kann. Nach Ratifikation der Parlamente aller Mitgliedsstaaten tritt die neue Verfassung in Kraft.
Zu diesem Zeitpunkt wird die EU schon aus 25 Staaten bestehen - aus Staaten, die Jahrhunderte lang verheerende Kriege gegeneinander geführt hatten und nun der Welt ein Beispiel geben für friedliches Miteinander.
Zeitplan für die europäische Verfassung
4. Oktober 2003
Beginn der mehrwöchigen Regierungskonferenz der EU-Mitgliedsstaaten zur Überarbeitung des Verfassungsentwurfs in Rom
12./13. Dezember 2003
Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel zur Lösung letzter Probleme und, wenn möglich, zur Einigung
1. Januar 2004
Irland übernimmt die EU-Ratspräsidentschaft, führt die letzten technischen Arbeiten zu Ende
1. Mai 2004
Erweiterung der Gemeinschaft um 10 auf insgesamt 25 Staaten
Mitte Juni 2004 (vor der Europa-Wahl)
Unterzeichnung der neuen Verfassung in Rom
Frühestens 2006
Nach Ratifikation in allen EU-Ländern tritt die neue Verfassung in Kraft
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