In der Schweiz können Bürger umfassend auf kommunale, kantonale und Bundesangelegenheiten Einfluss ausüben (= Plebiszitäre [=auf Volksabstimmung beruhende] Demokratie der Schweiz):
- allerdings sind Mitwirkungsrechte auf den einzelnen staatl. Ebenen und auch von Kanton zu Kanton
unterschiedlich
- bekannt ist die direkte Demokratie in der Landsgemeinde, wo Versammlungen der Aktivbürger im
Freien stattfinden
- in der Landsgemeinde werden Landamman, die kantonale Regierung und die Richter gewählt und
wichtige Angelegenheiten des Kantons besprochen und entschieden
- nicht möglich bei größeren Kantonen und auf Bundesebene
Legislative in der Schweiz = Bundesversammlung
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besteht aus 2 rechtlich gleichgestellten Kammern: National- und Städterat
Nationalrat: - 200 Mitglieder
- gewählt nach allg, gleichen, geheimen und direkten Wahlrecht
- Wahlberechtigte waren Personen ab 18 Jahren (seit 1971 auch Frauen)
- Verteilung der Sitze auf einzelne Kantone nach Bev.-zahl
Städterat: - jedes Kanton entsendet zudem 2 Vertreter in den Städterat (unabhängig von
Bev.-zahl)
- Städterat = föderative (zusammengehörende) Kammer der Schweiz
Aufgaben Bundesversammlung: Gesetzgebung, Wahl und Kontrolle der Regierung
Regierung = Bundesrat
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- 7 Mitglieder
- seit 1959 gibt es einen best. "Schlüssel" für die parteipolit. Zus.-setzung
→ Berücksichtigung der 4 wichtigsten Parteien der Schweiz
- ist wie eine permanente "große Koalition" [großes Bündnis mehr. Parteien]
Die Möglichkeit, gegen alle Gesetze des Bundes das Volk zu mobilisieren, zwingt Politiker
zum ständigen Kompromiss, um die Gesetze "referendumssicher" zu machen.
→ auch als "Konkordanzdemokratie" (gleichmäßig, übereinstimmend) bezeichnet
3 Formen der Mitbestimmung des Volkes in politischen Sachfragen:
. obligatorisches (verbindliches) Referendum:
d.h. verfassungsändernde Gesetze, der Beitritt des Landes zu Organisationen für
kollektive Sicherheit (z.B. NATO) oder supranationalen (überstaatlichen) Gemein-
schaften (z.B. EU) werden vom Volk abgestimmt
. fakultatives (freigestelltes) Referendum:
d.h. mit 50000 Unterschriften können Schweizer Bürger Volksabstimmungen über alle
von der Bundesversammlung verabschiedeten Gesetze, allg. verbindliche Bundes-
beschlüsse, best. internat. Verträge und Beitritt des Landes zu Organisationen erzwingen
. Volksinitiative (-anregung):
a. Veränderungswunsch mit Bezug auf bestehenden Artikel in Verfassung
b. neuen Verfassungsartikel formulieren
→ dafür in 18 Monaten 100000 Unterschriften nötig
- Es gibt ein Sicherheitssystem, damit größere Kantone kleinere Kantone bei Verfassungsinitiativen u.
obligatorischen Referenden nicht überstimmen können:
damit diese nämlich Erfolg haben, reicht nicht die Zustimmung der mehrheitlichen Bevölkerung
(=Volksmehr) sondern die Mehrheit der Kantone (Ständemehr) ist notwendig.
- seit 70iger Jahren Zunahme der Referenden; zugleich schwankte die Abstimmungsbeteiligung
Bsp.: bei schwieriger Gesetzesmaterie ca. 30%
bei heiß umstrittenen Initiativen ca. 70%
Kritik an Referendumsdemokratie
umstritten ist fakultatives Referendum, welches ein Interventionsrecht (Recht zur Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Staates) des Stimmbürgers am Ende eines Entscheidungsprozesses darstellt:
Bsp.: es erlaubt konservativen Gruppen den Boykott (Nicht-Teilnahme, Abbruch d. Beziehungen einer für sie zu weit gehenden Reformpolitik zu betreiben
Vorschlag Ständerat: Zahl für Einleitung eines fakultativen R. v. 50000 auf 100000 Unterschriften
zu erhöhen
andere wollen bei einer ⅔ - Mehrheit in der Bundesversammlung das Referendum für eine
Gesetzesvorlage verbieten
Volksinitiative ist weniger umstritten: → meist nur Nutzung v. progressiven (fortschrittlichen)
Minderheiten für Vorbereitung von Reformen
Vorschläge für Ausdehnung auf einfache Gesetzgebung, aber auch die Volksinitiative ist schon als
Blockadeinstrument benutzt worden
Die Schweiz und Europa: Die plebiszitäre Demokratie der Schweiz steht unter erheblichem
Anpassungsdruck, vor allem bei der europäischen Integration:
→ So würde ein von Wirtschaftspolitikern für unerlässlich gehaltener
Beitritt der Schweiz zur EU wegen des Vorrangs von EU-Recht
gg.-über nationalem Recht die Volksrechte unmittelbar berühren.
nicht zuletzt deshalb hat sich in der Schweiz eine breite
antieuropäische Opposition gebildet
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