Eine wichtige Rolle bei der Entscheidung, den Fall dem BVG zu übergeben, spielte das Gutachten über Cannabis der beiden Sachverständigen Dr. Barchewitz und Prof. Dr. Dominiak. Dr. Barchewitz ist Facharzt in der Psychiatrie an der Fachklinik für Suchtkrankheiten (Holstein Klinik in Lübeck), wo Suchtkranke aller Art behandelt werden. Prof. Dr. Dominiak ist Facharzt für Pharmakologie und Toxikologie am Institut für Pharmakologie der Universität Lübeck.(vgl. Lübecker Gutachten a)) In diesem Gutachten werden nun detailliert die Drogen Alkohol und Nikotin mit Cannabis verglichen und die körperlichen und sozialen Auswirkungen von Cannabiskonsum beschrieben. Die Sachverständigen kommen dabei zu dem Schluß, daß Alkohol sowohl fatale Auswirkungen auf den einzelnen Konsumenten, als auch auf die gesamte Wirtschaft habe. Die wirtschaftlichen Schäden durch Alkohol werden hierbei auf 50 Mrd. DM jährlich, und die Zahl der Alkoholtoten auf 40.000 jährlich geschätzt. Auch im Straßenverkehr verursache Alkohol ca. 30.000 Unfälle. Zur Wirkungsweise des Alkohols für den Einzelnen schreiben die Sachverständigen, daß sich Alkohol auf alle Organe des Körpers schädlich auswirke Als Beispiele werden \"Fettleber, chronische Lungenerkrankung, Traumata, Bluthochdruck, Mangelernährung, Anämie, Gastritis, Knochenbrüche, Hiathusthermie, Leberzirrhose, Magen-Darm-Geschwüre, chronischer Hirnschaden, Fettsucht, Herzkrankheiten, gastrointestinale Blutung, epileptische Anfälle, Diabetes, Harnwegsinfekt\"(Lübecker Gutachten S. 3-4) genannt. Im folgenden Abschnitt beschreiben die Sachverständigen nun die Symptome der durch Alkohol verursachten Krankheiten. Zu den gesellschaftlichen Auswirkungen wird die Zahl der Alkoholiker mit 2,5 Millionen beziffert. Nach Meinung der Sachverständigen sind 25% der Arbeitsunfälle und 50% der Autounfälle in der Deutschland auf Alkoholmißbrauch zurückzuführen. Alkohol fördere desweiteren auch die Kriminalität, da viele Gewaltdelikte gehäuft unter Alkoholeinfluß auftraten. Zu diesen zählt: \"Totschlag, Körperverletzung mit tödlichem Ausgang, Vergewaltigung, Vergewaltigung überfallartig durch Gruppen, gefährliche und schwere Körperverletzung, Mord, Sexualmord, vorsätzliche Brandstiftung, sexuelle Nötigung\". Nach Ausführung der Auswirkungen des Alkoholkonsums werden nun die Auswirkungen von Cannabisprodukten beschrieben.
Nachdem die Konsummethoden und der Rausch aufgezeigt werden, erklären die Sachverständigen die körperlichen Auswirkungen, die mit \"relativ gering\" angegeben werden. Nur bei Personen mit Kreislaufproblemen kann es zu Schäden durch Cannabiskonsum kommen und daß nicht bewiesene Vermutungen existieren, Cannabis schädige das Immunsystem und die Fortpflanzung. Durch die Konsumart des Rauchens in Form eines Joints können ebenfalls Lungenschäden auftreten, die jedoch nach Ansicht der Sachverständigen verglichen mit den Schäden des Zigarettenrauchens eher zweitrangig sind. Zu den psychischen Auswirkungen nennen die Sachverständigen die Verminderung der Intelligenz unter Cannabiseinfluß. Ein Hervorrufen von Psychosen sei nach ihrer Ansicht nicht möglich, allenfalls ein Auslösen schon vorhandener Psychosen. \"Zur Zeit gibt es keine zureichenden Gründe, die dafür sprechen, daß eine Cannabis- Psychose als besonderer klinischer Befund existiert.\" (Quensel: Drogen und Drogenpolitik S. 387) Das aemotivative Syndrom (Motivationslosigkeit) sehen die Sachverständigen nicht als eine Folge des Cannabiskonsums, sondern eher den Cannabiskonsum als eine Folge des schon vorhandenen aemotivativen Syndroms. Zusammenfassend sind die Sachverständigen der Meinung, daß im psychischen Bereich \"Personen mit Neigungen zu psychischen Störungen ebenso auf Cannabis verzichten sollten, wie diejenigen, die sich damit sozial unerträglichen Situationen entziehen wollen.\"(vgl. Lübecker Gutachten S.10). Zu den körperlichen Auswirkungen weisen sie darauf hin, daß keine körperliche Abhängigkeit auftrete, ebensowenig eine Dosissteigerung. Bei einem Absetzen der Droge könne es unter Umständen zu leichten Schlafstörungen, Irritierbarkeit oder innerer Unruhe kommen. Nach Ansicht der Sachverständigen kann jedoch \"allenfalls eine leichte psychische Abhängigkeit\"(Lübecker Gutachten S.10) vorhanden sein. Eine tödliche Dosis sei nicht bekannt. Im Bereich der gesellschaftlichen Auswirkungen von Cannabiskonsum gehen Prof. Dr. Dominiak
und Dr. Barchewitz von ca. 3-4 Mio. Cannabiskonsumenten (1988) aus. Sie führen aus, daß eine Haschischtherapie wie bei Alkohol oder anderen Drogen nicht existiere, und daß es keine Statistiken gäbe, die eine Auswirkung von Cannabiskonsum auf strafbare Handlungen belegen würden. Im folgenden Abschnitt wird bewiesen, daß Haschisch keine Einstiegsdroge für härtere Drogen sei. Zusammenfassend kommen die Sachverständigen zu der Ansicht, \"daß die individuellen und gesamtgesellschaftlichen Wirkungen von Haschisch denkbar gering sind.\"(Lübecker Gutachten S. 14) und daß Cannabis nicht geeignet sei, die körperliche und seelische Gesundheit vieler Menschen in ernstliche Gefahr zu bringen. (vgl. Lübecker Gutachten S.14) \"Medizinisch gesehen dürfte der Genuß von ein bis zwei Joints Marihuana (ein bis zwei Gramm Marihuana, resorbierte THC-Menge 8-16 mg) pro Tag unschädlich sein, zumindest aber weniger schädlich sein, als der tägliche Konsum von Alkohol oder von 10 Zigaretten.\" (Lübecker Gutachten S.15)
|