Die Kabelnetzbetreiber - und hier vor allem die Telekom - steigen zu einem zentralen Akteur auf , da sie mit der wegfallenden Übertragungsknappheit zukünftig die Möglichkeit haben werden, neben den Must-carry Programmen selbst über die Belegung ihrer Übertragungsressourcen zu entscheiden; sie beerben damit teilweise die Aufgabe der Landesmedienanstalten. Das heißt, die aus der Knappheit resultierende gestaltende öffentliche Aufgabe der Landesmedienanstalten, bei der neben standortpolitischen Erwägungen der Aspekt der Vielfalt eine zentrale Rolle spielte, fällt weg. An ihre Stelle tritt nun mittels der erhöhten Frequenzökonomie gewonnener Spielraum, bei dem jenseits des must-carry-Bereiches betriebswirtschaftliche Überlegungen den Ausschlag für die tatsächliche Belegung der Plätze geben wird.
Die Entwicklung einer "neuen Rundfunkordnung" werden bereits von den Regelungen für Mediendienste vorweggenommen: Nach dem Mediendienstestaatsvertrag ist das Betreiben der Dienste grundsätzlich zulassungsfrei (siehe § 4). Diese neue Rundfunkordnung wird sich, so ist zu vermuten, dadurch kennzeichnen, daß die Medienkontrolleure sich weitestgehend ähnlich der Gewerbepolizei auf eine Mißbrauchsaufsicht beschränken. Sie werden nicht mehr selbst in dem Maße als Zuweiser von Übertragungskapazitäten und Lizenzgeber gestaltend tätig. Wahrscheinlich erscheint die Umwandlung des jetzigen Lizenzierungsverfahrens in eine bloße Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung, die den Programmveranstalter berechtigt, dem Netzbetreiber sein Programm zur Verbreitung anzubieten.
In dem Maße, wie der direkte Einfluß bei der Auswahl aber auch Kontrolle der Programme sinkt wird sich ein neues Tätigkeitsfeld für die Landesmedienanstalten auftun. "Während sich das Rundfunkrecht bislang auf programminhaltliche Fragen (Werbung, Jugendschutz, Persönlichkeitsschutz) konzentrierte, ist es zunehmend Aufgabe der Rundfunkaufsicht, für einen fairen Zugang z.B. zu Vertriebswegen und Programmrechten zu sorgen." (Holznagel et al, 1998: 2) Zusätzlich werden die Landesmedienanstalten mit dem vierten Rundfunkstaatsvertrag verstärkt mit der Aufgabe betraut, Konzepte zur Medienkompetenz zu entwickeln und diese zu vermitteln. Idealerweise wird in anbetracht einer unübersehbaren Fülle an Informationsangeboten die medienpolitische Aufgabe der Landesmedienanstalten ersetzt durch ein aufgeklärtes Publikum, das dem Angebot der Sender korrektiv-kritisch zur Seite steht und dieses damit letztlich positiv zu beeinflussen vermag.
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