Die Straffreiheit tritt nur insoweit ein, als die geschuldeten Abgabenbeträge den Abgaben-. und Monopolvorschriften entsprechend entrichtet werden. Hieraus ergibt sich, dass bei teilweiser Erfüllung der Voraussetzungen des § 29 FinStrG ein teilweise Strafaufhebung resultieren kann. Dies gilt auch für die Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49ff FinStrG. Das Wort \"insoweit\" beziehen die Materialien nicht nur auf die Offenlegung, sondern auch auf die Entrichtung. Vermag der Steuerpflichtige die verkürzten Abgaben aus welchen Gründen immer nicht zahlen, bleibt die Selbstanzeige wirkungslos.
Den Abgabenvorschriften entsprechende Entrichtung heißt spätestens mit Fälligkeit. Bei Veranlagungsabgaben ergeht ein Bescheid. Mit Bescheid festgesetzte Abgaben sind gemäß § 210 BAO nach Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides fällig. Grundsätzlich kann der entsprechende Abgabenbescheid abgewartet werden. Selbstbemessungsabgaben waren bereits vor der Selbstanzeige fällig, sie sind daher gleichzeitig mit der Selbstanzeige oder umgehend danach zu erstatten. Ist mit der Selbstanzeige kein Antrag auf Zahlungserleichterung verbunden, so muss die Entrichtung der verkürzten Abgabe ohne Verzug erfolgen.
Der OGH hat die Entrichtung gleichzeitig mit der Selbstanzeige oder zumindest umgehend danach gefordert, es sei denn die Behörde gewährt Zahlungserleichterungen. Sommergruber hält unter Berücksichtigung der Nachfristen gemäß §§ 212 Abs 3 und 217 Abs 4 BAO eine äußerste Zahlungsfrist von zwei Wochen für vertretbar.
Gemäß § 29 Abs 2 zweiter Satzteil FinStrG hat der Anzeiger bei einer Selbstanzeige jene Beträge zu entrichten, die er allein oder als Gesamtschuldner schuldet oder für die er zur Haftung herangezogen werden kann. Ein Beteiligter am Finanzvergehen ist Gesamtschuldner für die durch seine Mitwirkung bewirkten Abgabenhinterziehungen. Er muss, um straffrei zu werden, ebenso ohne Verzug die bedeutsamen Umstände offen legen und dafür sorgen, dass die Beträge, die er schuldet oder für die er zur Haftung als Primärschuldner herangezogen werden kann, den Abgaben- und Monopolvorschriften entsprechend entrichtet werden. Unter Haftung wird hierbei eine persönliche Haftung verstanden. Persönlich haften nach § 9 Abs 1 zB Vertreter juristischer Personen oder zur Geschäftsführung bestellte Personen neben den durch diese vertretenen Abgabepflichtigen. Auch in den Materiengesetzen sind persönliche Haftungen vorgesehen, zB die Haftung des Erben für die übrigen am Erbanfall Beteiligten gemäß § 13 ErbStG. Nach § 11 BAO haften die wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens verurteilten Täter und die an der Tat Beteiligten, auch wenn sie nicht selbst abgabepflichtig sind, für den Betrag, um den die Abgaben verkürzt wurden. \"Zur Haftung kann nur jemand herangezogen werden, der den Haftungstatbestand verwirklicht hat.\" Wer die Abgaben letztlich entrichtet, ist für die Erlangung der Straffreiheit unwesentlich.
Der OGH unterscheidet zwischen einer primären Haftung nach § 11 BAO und einer subsidiären Haftung nach § 9 BAO. In seiner Entscheidung vom 1.10.1998, 15 Os 87/98 hat der OGH die Angeklagte, obwohl sie nicht Vertreter der steuerpflichtigen GmbH war, wegen Mitwirkung an der Hinterziehung trotz Selbstanzeige für schuldig erkannt, weil sie als primär Haftende nach § 11 BAO die geschuldeten Beträge nicht entrichtet hat. Dazu wäre sie aber, so der OGH, nach § 29 Abs 2 FinStrG auch ohne Haftungsbescheid verpflichtet gewesen. Fellner stimmt dieser Auffassung nicht zu und führt aus, dass die persönliche Haftung gemäß § 224 Abs 1 BAO durch Bescheid geltend zu machen ist und erst nach Ergehen eines Haftungsbescheides der Haftende zum Gesamtschuldner wird und es nicht darauf ankommt, wer die Abgaben entrichtet. Der für eine Haftung in Betracht kommende Anzeiger hat allerdings dafür zu sorgen, dass die geschuldeten Abgaben tatsächlich und rechtzeitig entrichtet werden. Nach § 11 BAO haftet der Beteiligte an einer vorsätzlich begangenen Finanzstraftat für den Betrag, um den die Abgaben verkürzt wurden, auch wenn der Beteiligte selbst nicht abgabepflichtig ist. Nach Fellner bestand im Falle der Entscheidung des OGH vom 1.10.1998 mangels eines Haftungsbescheides gemäß § 224 Abs 1 BAO keine Verpflichtung zur Entrichtung der Abgaben.
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