Ist das Außen der jungen Welt mit dem Außen der Jugendkultur vergleichbar? Läßt sich aus der Tatsache, daß die meisten Neuabonnenten der jungen Welt aus der jüngeren Altersgruppe kommen, eine Ähnlichkeit von Jugendkultur und politischem Radikalismus belegen? Oder auf den Punkt gebracht: Ist eine Politisierung kulturvermittelt bzw. haben umgekehrt politisch Linksradikale stets erlesene Plattensammlungen?
Letztere Frage läßt sich verneinen, aber auch nur mit Einschränkungen, denn viele maßgebliche Musikkritiker sind Marxisten und richtig ist auch, daß auf einem SPD- oder CDU- Parteitag noch nie eine auch nur halbwegs hippe Band gesichtet wurde, während umgekehrt auf einem Fest der jungen Welt die coolen Atari Teenage Riot einen Auftritt hatten.
Die Vergleichbarkeit ist eine strukturelle. Aus der Jugendkultur wie aus dem politischen Radikalismus entlehnte utopische Gesamtentwürfe, die sich nicht auf einen Partikularismus beschränken, entstehen im Außen. Dieses Außen ist quasi die Bedingung der Möglichkeit einer Kritik, die keine affirmative sein will, wie auch von ästhetischer Entwicklung. Beide Ansätze sind durch die politischen wie ästhetischen Institutionen nicht oder noch nicht vermittelbar. Die Vermittlung an das Innen erfolgt verzögert und vereinzelt. Kultur wird absorbiert, meist um den Preis ihrer ästhetischen Verwässerung oder der Dekontextualisierung der sie prägenden Zeichen bzw. nachdem eine Ästhetik in eine vermittelbare, weil verständliche Phase übergetreten ist. Radikale politische Forderungen oder als radikal empfundene Erkenntnisse werden ebenfalls vereinzelt und verzögert durch die entscheidungstragenden gesellschaftlichen Institutionen aufgegriffen oder geraten über den Weg der akademischen Thematisierung ins gesellschaftliche Innen der Universitäten.
Verbindungen zwischen den beiden Sphären sind zumeist so kurzfristig wie regelmäßig. Atari Teenage Riot rocken zwar für die junge Welt, gehen aber in andere Clubs und haben ein Publikum, von dem vermutlich nur ein kleinerer Teil die junge Welt liest. Eine strukturelle Ähnlichkeit ist vorhanden, nicht mehr und nicht weniger.
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