Den Verpflichtungen, die die Gesetze den Vollzugsbehörden und deren Organen auferlegen, stehen zumeist auch Rechte und Pflichten der Anstaltsinsassen gegenüber. Die einzelnen Rechte der Insassen von Justizanstalten sind, verteilt über das ganze Strafvollzugsgesetz, aber auch andere Gesetze, soweit es sich nicht um Strafgefangene oder Untergebrachte handelt, in etwa 50 Bestimmungen enthalten.
1.1 Aufschub des Strafvollzuges
Vollzugsuntauglichkeit ist dann gegeben, wenn der Strafgefangene nicht einmal zu einer leichten Arbeit herangezogen werden kann und eine erzieherische Betreuung nicht möglich ist.
Ist ein entsprechender Strafvollzug wegen einer
Krankheit,
Verletzung,
Invalidität,
eines Schwächezustandes (geistig oder körperlich)
nicht in einer dafür vorgesehenen Anstalt durchführbar
ODER
wäre durch einen dieser Zustände das Leben des Verurteilte durch die Überstellung in die betreffende Anstalt gefährdet, so ist die Einleitung des Strafvollzuges solange aufzuschieben, bis der Zustand aufgehört hat.
Die Einleitung des Strafvollzuges ist ebenfalls aufzuschieben, wenn die Verurteilte schwanger ist, oder innerhalb des letzten Jahres entbunden hat, und zwar:
Bis zum Ablauf der achten Woche nach der Entbindung bzw. solange sich das Kind in der Pflege der verurteilten befindet, jedoch höchstens bis zum Ablauf eines Jahres nach der Entbindung. Danach kann auf Verlangen der Mutter die Durchführung des Vollzuges mit ihrem Kind bewilligt werden, wenn geeignete Einrichtungen für den Mutter-Kind-Vollzug vorhanden sind und die Gesundheit der Mutter und des Kindes nicht gefährdet ist.
Wenn der verurteilte nach dem Beweggrund seiner strafbaren Handlung und nach seinem Lebenswandel weder für die Sicherheit
des Staates,
der Person,
des Eigentums
besonders gefährlich ist, noch die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher oder gefährliche Rückfallstäter angeordnet ist, so ist die Einleitung des Vollzuges aufzuschieben wenn
1. das Ausmaß der zu vollziehenden Freiheitsstrafe drei Jahre nicht übersteigt
und der Verurteilte den Aufschub beantragt, um im Inland
a) einen nahen Angehörigen oder ihm besonders nahestehende Menschen
aufzusuchen, der lebensgefährlich erkrankt oder verletzt ist oder
b) am Begräbnis einer dieser Personen teilzunehmen oder
c) wichtige Familienangelegenheiten zu ordnen
Höchstens ein Monat
2. das Ausmaß der zu vollziehenden Freiheitsstrafe ein Jahr nicht übersteigt auf Antrag des Verurteilten, wenn der Aufschub für das spätere Fortkommen des Verurteilten, für dessen Wirtschaftsbetrieb, für den Unterhalt der ihm gegenüber unterhaltspflichtigen Personen oder für die Schadensgutmachung zweckmäßiger erscheint als der sofortige Vollzug oder auf Antrag des Standeskörpers aus militärdienstlichen Gründen, wenn der Verurteilte Soldat ist.
Höchstens ein Jahr.
Der Aufschub ist zu widerrufen,
1. wenn der Verurteilte den Weisungen des Gerichtes nicht nachkommt;
2. wenn er sich dem Vollzug durch Flucht entzieht, oder Besorgnis besteht, dass er es versuchen werde;
3. wenn der Verdacht einer neuen strafbaren Handlung besteht.
5.2 Recht auf gesetzliche Vollzugsanstalt
Die gerichtlichen Freiheitsstrafen werden in den allgemeinen Strafvollzugsanstalten und den gerichtlichen Gefangenenhäusern vollzogen.
Die Entscheidung über den Vollzugsort erfolgt durch das Bundesministerium für Justiz im Wege der Klassifizierung. Sie hat binnen 6 Wochen nach der Aufnahme zu erfolgen und bestimmt die Anstalt, in welcher im Einzelfall die Strafe zu vollziehen ist. Zur Vorbereitung der Entscheidung hat das Gericht die Strafakten oder eine Abschrift des Urteilsspruches mit den Erschwernis- und Milderungsgründen beizulegen.
Durch die Klassifizierung, der eine möglichst gründliche Erforschung der Wesensart des Verurteilten voranzugehen hat, soll sichergestellt werden, dass in jedem einzelnen Fall, durch Ort und Art des Vollzuges die Erreichung der Vollzugszwecke im möglichst umfassenden Sinn gewährleistet ist.
5.3 Aufnahme
Die Aufnahme ist ein Vorgang von besonderer Bedeutung, den wir in vielen Bereichen finden, wo es um die Erfassung und Dokumentation bestimmter Personen oder Personengruppen geht. Wir finden sie daher in Schulen, Internaten, Krankenanstalten, Heimen u. ä. Sie hat in den Justizanstalten in dafür besonders vorgesehenen Räumen zu erfolgen.
Nicht zu belassende Gegenstände, einschließlich der eigenen Kleidung, sind ihm abzunehmen. Bei Untersuchungshäftlingen gelten abweichende Regelungen.
Zu belassen sind:
. Einfache Körperpflegemittel
. Lichtbilder von Angehörigen und nahestehenden Personen
. Ehering
. Grundlegende Schriften und Andachtsgegenstände des Glaubensbekenntnisses
. Körperersatzstücke oder orthopädische und andere Hilfsmittel,
. Arzneien und Heilmittel nur mit Zustimmung des Anstaltsarztes
. Andere Gegenstände nach Maßgabe der räumlichen Verhältnisse sowie unter Rücksichtnahme auf die Mitgefangenen und soweit Mißbrauch nicht zu befürchten und die erforderlichen Überwachung möglich ist.
Bei der Aufnahme dürfen auch gegen den Willen des Verurteilten Lichtbilder aufgenommen und Fingerabdrücke abgenommen werden.
5.4 Unterbringung
Die Insassen sind in einfache und zweckmäßig eingerichteten Räumen mit ausreichendem Luftraum und genügendem Tageslicht unterzubringen. Die Hafträume sind gut zu lüften und entsprechend der Jahreszeit zu heizen. Bei Dunkelheit sind die Hafträume bis zur Nachtruhe so zu beleuchten, dass die Insassen ohne Gefährdung des Augenlichtes lesen und arbeiten können.
Die Insassen sind, soweit Sicherheit und Ordnung im Haftraum und in der Anstalt nicht beeinträchtigt werden berechtigt
a) den Haftraum insbesondere mit Blumen und Bildern nach ihren Vorstellungen
auszuschmücken.
b) Sie haben auch das Recht, soweit andere Insassen nicht belästigt werden und ein Mißbrauch nicht zu befürchten ist, elektrische Lampen während der Nachtruhe zu gebrauchen, die lediglich den einzelnen Haftplatz beleuchten. Sollte eine solche Beleuchtungsmöglichkeit nicht bestehen, kann den Insassen
c) Als Vergünstigung die längere Beleuchtung des Haftraumes am Abend bewilligt werden.
5.5 Recht auf ordentliche Behandlung
Die Insassen sind mit Ruhe, Ernst und Festigkeit, gerecht und unter Achtung der Menschenwürde zu behandeln. Sie sind mit "Sie" anzureden. Wird ein einzelner Insasse mit seinem Familiennamen angesprochen, ist der Anrede "Herr" oder "Frau" beizufügen.
Jede im Gesetz nicht begründete Beschränkung, Vergünstigung oder Lockerung im Vollzug ist zu unterlassen.
5.6 Sprechen
Die Insassen haben grundsätzlich das Recht, mit den im Vollzug tätigen Personen zu sprechen, es dürfen aber dadurch Sicherheit und Ordnung sowie der geordnete Arbeitsablauf nicht gestört werden.
Sie dürfen mit Personen, die nicht im Vollzug tätig sind und mit anderen Insassen, von denen sie getrennt angehalten werden, nur sprechen, soweit dies im Zusammenhang mit der Verrichtung von Arbeiten erforderlich ist oder der Anstaltsleiter hierzu die Zustimmung erteilt.
5.7 Rauchen
Den Insassen ist das Rauchen grundsätzlich erlaubt. In Krankenräumen ist das Rauchen untersagt, ebenso in Gefahrenzonen, Die vorgesehenen Brandschutzmaßnahmen sind den Insassen zu vermitteln und deren Einhaltung zu kontrollieren. Soweit die Erlassung von das Rauchen betreffende Verhaltensvorschriften erforderlich ist, z. B. in Betrieben und beim Arbeitsablauf, sind solche Vorschriften in die Hausordnung aufzunehmen.
Bei der Unterbringung ist nach Möglichkeit auf eine Trennung zwischen Rauchern und Nichtrauchern Bedacht zu nehmen.
5.8 Unterhalt, Verpflegung, Bekleidung
1. Verpflegung:
Die Insassen sind mit einfacher Anstaltskost ausreichend zu verpflegen, wobei diese schmackhaft und abwechslungsreich zu sein und den ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen zu entsprechen hat. Sie ist zu den für die Einnahme von Mahlzeiten allgemein üblichen Tageszeiten auszugeben
2. Bekleidung:
Die Strafgefangenen sind mit Anstaltskleidung und Anstaltswäsche zu versorgen und haben diese außer in den im Strafvollzugsgesetz bestimmten Fällen zu tragen. Auch die Bettwäsche, Hand- und Taschentücher sind von Amts wegen beizustellen.
a) Soweit die regelmäßige Reinigung in der Anstalt oder durch Vermittlung der
Anstalt außerhalb besorgt werden kann, sind die Strafgefangenen
berechtigt, eigen Leibwäsche zu tragen
b) Als Vergünstigung kann ihnen das Tragen eigener Oberbekleidung sowie einer
Sportbekleidung bewilligt werden.
3. Unterhalt
Strafgefangene und Untergebrachte können für Sachgüter und Leistungen grundsätzlich das Hausgeld verwenden. Dieses steht uneingeschränkt zur Verfügung, es sei denn, eine Beschränkung ist zur Vermeidung einer Gefährdung von Sicherheit und Ordnung erforderlich. Mit Bewilligung des Anstaltsleiters dürfen Hausgeld und Rücklage im Vollzug auch für Anschaffungen verwendet werden, die das Fortkommen nach der Entlassung fördern.
Strafgefangene und Untergebrachte dürfen sich gegen Entgelt folgende Sachgüter und Leistungen verschaffen:
a) Nahrungs- und Genußmittel, sowie einfache Körperpflegemittel
b) Eigene Bücher, Zeitungen und Zeitschriften
c) Gegenstände für Arbeiten in der Freizeit sowie zum Zeichnen und Malen
d) Beziehung eines anderen Arztes auf Ersuchen des Insassen
e) Zahnersatz
f) Freiwillige Weiter- und Höherversicherung in der Sozialversicherung
Andere Mittel als das Hausgeld können sein:
a) Eigengelder
b) Guthaben außerhalb der Anstalt
c) Gelder, die den Insassen von Außenstehenden zur Verfügung gestellt werden
5.9 Besitz von Gegenständen
Folgende Gegenstände dürfen Insassen besitzen:
1. Alle Gegenstände, die bei der Aufnahme zu überlassen sind
2. Gegenstände, die von der Justizanstalt zur Verfügung gestellt werden.
3. Gegenstände des täglichen Bedarfs
4. Gegenstände, die im Rahmen von Vergünstigungen zugelassen sind
5.10 Bewegung im Freien
Die Insassen, die nicht im Freien arbeiten, haben sich täglich, andere Insassen an arbeitsfreien Tagen eine Stunde im Freien zu bewegen, wenn es die Witterung gestattet. Das Ausmaß der Bewegung im Freien ist für Jugendliche und die dem Jugendstrafvollzug unterstellten älteren Insassen mit zwei Stunden, für die übrigen Insassen mit einer Stunde festgesetzt.
Eine sportliche Betätigung während der Bewegung im Freien ist zu gestatten, wenn Einrichtungen dafür vorhanden sind und es Alter und Gesundheitszustand der Insassen zulassen.
Die mit Hausarrest bestraften oder abgesonderten Insassen haben sich ebenfalls täglich, aber getrennt von den anderen Insassen zu bewegen
Ob die Bewegung im Freien zu unterbleiben hat, wird vom Anstaltsleiter oder seinem Stellvertreter bestimmt.
5.11 Gesundheitspflege
Für die Erhaltung der körperlichen und geistigen Gesundheit der Insassen ist durch die Vollzugsverwaltung Sorge zu tragen. Der Gesundheitszustand und das Körpergewicht sind zu überwachen. Geeignete Fachkräfte sind beizuziehen. Der Gesundheitsdienst ist ein Teil der vom Staat übernommenen Fürsorgepflicht.
5.12 Soziale Fürsorge
Im rahmen der Sozialen Betreuung sind die Insassen zur Pflege familiärer Beziehungen anzuleiten, ebenso zur Vorsorge für ihr Vermögen. Weiters sind die Insassen in Angelegenheiten der Sozialversicherung zu beraten und bei der Beschaffung von Unterkunft und Arbeitsplatz nach der Entlassung und bei der Vorbereitung derselben zu unterstützen. Vor allem sind sie in ihren Bemühungen bei der Einrichtung der Berufsberatung, Arbeitsvermittlung und Wohlfahrtspflege mit Rat und tat zu unterstützen.
5.13 Seelsorge
Jeder Insasse hat das Recht, in der Anstalt am gemeinschaftlichen Gottesdienst und an den gemeinsamen religiösen Veranstaltungen seines Glaubensbekenntnisses teilzunehmen. Er kann auch Heilsmittel (z. B. Beichte, Kommunion) sowie den Zuspruch des Anstaltsseelsorgers seines Glaubensbekenntnisses empfangen.
5.14 Verkehr mit der Außenwelt
Briefverkehr, Telefongespräche und Besuche sind die wichtigsten Kommunikationsmittel der Insassen mit der Außenwelt. Sie stellen insbesondere im Hinblick auf das spätere Fortkommen eine weitgehende Durchbrechung des Grundsatzes der Abschließung dar. Auch mittels Kassetten und Disketten ist die Möglichkeit einer Verbindung mit der Außenwelt gegeben.
5.15 Eheschließung
Sofern die Eheschließung nicht im Rahmen einer Ausführung oder während einer zu diesem Zweck gewährten Unterbrechung der Freiheitsstrafe erfolgen kann, ist den Insassen in der Anstalt Gelegenheit zur Eheschließung zu geben. Dies gilt auch für eine Trauung vor dem Seelsorger einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft.
5.16 Besuche
Strafgefangene und Untergebrachte dürfen innerhalb der festgesetzten Besuchszeiten Besuche so oft und in der Dauer empfangen, als deren Abwicklung mit vertretbarem Aufwand möglich ist. Zumindest ist wöchentlich ein Besuch in der Dauer von wenigstens einer halben Stunde zu gestatten. Zumindest einmal innerhalb von sechs Wochen ist die Besuchsdauer auf wenigstens eine Stunde zu verlängern. Bei seltenen Besuchen oder langen Anfahrtswegen ist der Besuch jedenfalls angemessen zu verlängern.
5.17 Ansuchen und Beschwerden
Die Insassen haben das Recht, im Rahmen des Vollzuges in eigenen Angelegenheiten mündlich oder schriftlich Ansuchen zu stellen. Die dafür bestimmten Zeiten und Stellen sind in der Hausordnung festgelegt. In dringlichen Fällen können die Ansuchen an den zunächst erreichbaren Strafvollzugsbediensteten weitergeleitet werden.
Die Insassen können sich gegen jede ihrer Rechte betreffende Entscheidung oder Anordnung und über jedes ihrer Rechte betreffende Verhalten der Strafvollzugsbediensteten beschweren.
5.18 Entlassungsvollzug
Die Insassen sind vor ihrer Entlassung zur Vorbereitung auf das Leben in Freiheit vermehrt erzieherisch und fürsorgerisch zu betreuen. Zur Förderung der Wiedereingliederung können Insassen auch Einrichtungen und Veranstaltungen anderer Rechtsträger benützen.
Soweit es nach den Einrichtungen der Anstalt möglich ist, sind den Insassen, von denen zu erwarten ist, dass sie die Lockerungen nicht mißbrauchen werden und die Einrichtungen dadurch am besten genützt sind, im Entlassungsvollzug eine oder mehrere Lockerung zu gewähren.
5.19 Entlassungshilfe
Entlassungshilfe ist bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in Form
a) eines Fahrtkostenzuschusses
b) einer Reiseverpflegung
c) von Entlassungsbekleidung und
d) eines Geldzuschusses
zu gewähren
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