Die Landesmedienanstalten sind neben der Zulassung privater Programmanbieter auch für die Kontrolle der von ihnen gesendeten Programme verantwortlich. Sie haben zu überprüfen, ob Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen - bei bundesweiter Ausstrahlung insbesondere die im Rundfunfstaatsvertrag (RStV) verankerten - vorliegen. Den Landesmedienanstalten kommt insofern die Rolle des Implemantationsträgers zu, d.h. sie müssen die mit den gesetzlichen Regelungen verbundenen politischen Zielsetzungen zu verwirklichen trachten. (Vgl. Holgersson, 1995: 31 und 39)
Weitreichende Regelungen hat der RStV in den Bereichen Jugendschutz und Werbung getroffen. Sie bilden den Hauptgegenstand einer zielgerichteten Programmkontrolle, da hier Verstöße i.d.R. eindeutig zu benennen sind. Die Überwachung umfaßt ferner die Einhaltung der unbestimmteren Regelungen der Programmgrundsätze (§41 RStV) und zur Sicherung der Meinungsvielfalt.
Als Aufsichtsmittel stehen den Landesmedienanstalten die Verhängung von Bußgeldern und in letzter Konsequenz der Entzug der Sendelizenz zur Verfügung.
1.2.1 Jugendschutz
Eine Hauptvorschrift ist diejenige aus §3 Abs. 2 RStV, wonach Filme, die nach dem Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit nicht für Jugendliche unter 16 (bzw. 18) Jahren freigegeben sind, erst ab 22 Uhr (23 Uhr) gesendet werden dürfen.
Ferner sind Sendungen unzulässig, wenn sie z.B. pornographisch sind (§3 Abs.1 Nr.4 iVm. §184 StGB) oder den Krieg verherrlichen (§3 Abs.1 Nr.3).
1.2.2 Werbung
Im RStV ist der Bereich der Werbung vergleichsweise stark reglementiert.
Im §44 Abs.1 heißt es, daß Sendungen für Kinder und Gottesdienste nicht durch Werbung unterbrochen werden dürfen. Der Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Unterbrechungen innerhalb einer Sendung muß mindestens 20 Minuten betragen (§44 Abs.3). Die Dauer der Werbung darf insgesamt 20%, die der Spotwerbung 15% der täglichen Sendezeit nicht überschreiten; innerhalb eines Einstundenzeitraums darf die Spotwerbung nicht mehr als einen 20%-Anteil ausmachen (§45 Abs.1 und 2).
1.2.3 Zur Aufsichtspraxis
Die Landesmedienanstalten stehen im Ruf, "zahnlose Tiger" zu sein (Meyn, 1994: 149). Das bezieht sich auf die Mittel der Aufsicht selbst, die ihnen der Gesetzgeber einräumt, aber auch auf die vermeintlich mangelnde Nutzung ihres Spielraumes selbst. In der Praxis wird sehr vorsichtig mit sanktionierenden Maßnahmen umgegangen. Tatsächlich stimmt das Verhältnis zwischen der Anzahl der Beschäftigungen mit "verdächtigen" Sendungen bei den sogenannten "Gemeinsamen Stellen" Werbung und Jugendschutz und der Anzahl schließlich vollstreckter Maßnahmen nachdenklich. Hierbei zielt die Kritik weniger auf eine Infragestellung der Aufsichtsfähigkeit selbst, die mit den Kontrollwerkzeugen der Zuschauerbeschwerden, Stichproben und gezielten breit angelegten Untersuchungen in einem ausreichendem Maße vorhanden zu sein scheint. Vielmehr wird bemängelt, daß den Landesmedienanstalten der "Vollstreckungswillen" fehlt, aufgefundene Verstöße auch zu ahnden.
Problematisch ist eine Beurteilung der Arbeit der Landesmedienanstalten in Bezug auf ihre Einflußnahme auf die Sicherung bzw. Schaffung von Programmvielfalt und -qualität nach Zulassung von Sendern. Die Möglichkeiten der Landesmedienanstalten sind begrenzt und beziehen sich zuvorderst (bei bundesweiter Ausstrahlung) auf ihre Rolle bei der Zulassung von Fensterprogrammen als vielfaltsichernde Maßnahme, die überdies mit dem Hauptprogrammveranstalter "in einvernehmlicher Auswahl" getroffen werden soll (§31 Abs.4 RStV).
Die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten hat beschlossen, im Turnus von zwei Jahren eine Studie zur Programmentwicklung in Auftrag zu geben. Damit wird in die Diskussion um Programmqualität verstärkt eingegriffen. Doch erscheint ein gezielteres Eingreifen zur Verbesserung von Programmen vor dem Hintergrund der geringen Ahndung direkter Verstöße zusätzlich unwahrscheinlich. Holgersson kritisiert, daß den Landesmedienanstalten ein positives Rundfunkleitbild fehlt, auf dem aufbauend ein einheitliches Aufsichtshandeln greifen könnte. Die Landesmedienanstalten präferieren informelle Absprachen mit den Veranstaltern und meiden den Konflikt z.B. in Form von Rechtsstreitigkeiten. Das zurückhaltende Verhalten der Kontrollbehörde "führt langfristig zu einer Umkehrung des gesetzlich vorgesehenen Machtverhältnisses zwischen Kontrolleur und Kontrolliertem". (Holgersson, 1995: 179)
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