Bei Einspruchsgesetzen kann eine ablehnende Haltung des Bundesrates vom Bundestag überstimmt werden.
Nachdem nun die Unterscheidung im Gesetzgebungsverfahren erläutert wurde, schließt sich die Frage an: "Wo wird eigentlich festgelegt, ob ein Gesetzentwurf ein Einspruchs- oder Zustimmungsgesetz ist?\" Hier gilt zunächst die einfache Regel: Bundesgesetze sind normalerweise Einspruchsgesetze. Zustimmungsbedürftig sind sie nur dann, wenn eine Bestimmung des Grundgesetzes dies fordert, wie z.B. bei Grundgesetzänderungen. Die Zahl solcher Grundgesetzartikel ist jedoch beträchtlich, so daß heute fast die Hälfte der Bundesgesetze der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Vor allem Artikel 84 (1) sowie Artikel 105 (3) des Grundgesetzes tragen in hohem Maße dazu bei. Allgemein läßt sich sagen, daß ein Gesetz als Zustimmungsgesetz zu behandeln ist, wenn es die Belange der Länder in besonderem Maße berührt.
äDer einfache Fall: Keine Einwnde
Hat der Bundesrat keine Einwände gegen ein Einspruchs- oder Zustimmungsgesetz, so wird es verabschiedet und es folgen Ausfertigung und Verkündigung durch den Bundespräsidenten. Damit ist das Gesetz zustande gekommen.
Die andere Variante: Das Vermittlungsverfahren
Stimmt der Bundesrat einem Gesetz nicht zu, d.h. hat er Einwände, Änderungswünsche oder verweigert er seine Zustimmung, dann wird der Vermittlungsausschuß angerufen.
ßDer Vermittlungsausschu
Der Vermittlungsausschuß ist ein aus Bundestag und Bundesrat gemischt zusammengesetztes Gremium, das entsprechend dem Stärkeverhältnis der Bundestagsfraktionen zusammengesetzt ist. Insgesamt umfaßt der Vermittlungsausschuß 32 Mitglieder, wobei jedes Bundesland durch mindestens ein Mitglied vertreten ist. Die Sitzungen des Vermittlungsausschusses sind streng vertraulich und nicht öffentlich; auch die Sitzungsprotokolle dürfen erst in der übernächsten Wahlperiode eingesehen werden, d.h. frühestens 5 Jahre später. Somit wird gewährleistet, daß im Vermittlungsausschuß einigungsfähige Kompromisse erzielt werden können, die nicht unter dem Druck der politischen Parteien oder der jeweiligen Länder stehen.
ßBeschluempfehlung des Vermittlungsausschusses
Die eventuell im Vermittlungsausschuß ausgearbeiteten Änderungsvorschläge werden zusammen mit der Beschlußempfehlung wieder dem Bundesrat vorgelegt, welcher darüber nun zu entscheiden hat. Die Beschlußempfehlung kann lauten, das Gesetz unverändert anzunehmen, es in geänderter Form anzunehmen oder auch es ganz abzulehnen.
Entscheidung des Bundesrates
Hier kommen wieder die beiden unterschiedlichen Gesetzesformen, Einspruchs- oder Zustimmungsgesetz, zum Tragen.
üEntscheidungen ber Einspruchsgesetze im Bundesrat
ÄVariante 1 (ohne nderung, Annahme)
Hat der Vermittlungsausschuß keine Änderungsvorschläge und entschließt sich der Bundesrat, das Gesetz unverändert anzunehmen, ist das Gesetz damit verabschiedet und kann durch den Bundespräsidenten verkündet und ausgefertigt werden.
ÄVariante 2 (ohne nderung, Einspruch [Ablehnung])
Hat der Vermittlungsausschuß keine Änderungsvorschläge und lehnt der Bundesrat das Gesetz mit einfacher/zwei Drittel Mehrheit ab, kann der Einspruch des Bundesrates vom Bundestag mit einfacher/zwei Drittel Mehrheit überstimmt werden.
ÄVariante 3 (mit nderung, Annahme)
Vom Vermittlungsausschuß gemachte Änderungsvorschläge werden vom Bundesrat akzeptiert und angenommen. In diesem Falle geht das Gesetz zurück in den Bundestag, der über die vom Bundesrat beschlossenen Änderungen abstimmt. Schließt sich der Bundestag den Änderungen an, so ist das Gesetz verabschiedet. Im anderen Fall kann der Bundesrat Einspruch einlegen, der aber wie bei Variante 2 vom Bundestag überstimmt werden kann, so daß dann das Gesetz ohne die Änderungen des Vermittlungsausschusses verabschiedet wird.
ÄVariante 4 (mit nderung, Einspruch [Ablehnung])
Vom Vermittlungsausschuß gemachte Änderungsvorschläge werden vom Bundesrat mit einfacher/zwei Drittel Mehrheit abgelehnt (selten der Fall). Der Bundestag kann den Einspruch des Bundesrates mit einfacher/zwei Drittel Mehrheit überstimmen.
üEntscheidungen ber Zustimmungsgesetze im Bundesrat
ÄVariante 1 (ohne nderung, Annahme)
Hat der Vermittlungsausschuß keine Änderungsvorschläge und entschließt sich der Bundesrat dem Gesetz unverändert zuzustimmen, so ist das Gesetz damit verabschiedet und kann durch den Bundespräsidenten verkündet und ausgefertigt werden.
ÄVariante 2 (ohne nderung, Zustimmung verweigert)
Hat der Vermittlungsausschuß keine Änderungsvorschläge und verweigert der Bundesrat dem Gesetz seine Zustimmung, so ist das Gesetz gescheitert.
ÄVariante 3 (mit nderung, Annahme)
Vom Vermittlungsausschuß gemachte Änderungsvorschläge werden vom Bundesrat akzeptiert und angenommen. Somit stimmt der Bundesrat dem Gesetz zu, und es wird verabschiedet.
ÄVariante 4 (mit nderung, Zustimmung verweigert [Ablehnung])
Vom Vermittlungsausschuß gemachte Änderungsvorschläge werden vom Bundesrat abgelehnt (selten der Fall). Der Bundesrat verweigert seine Zustimmung, und das Gesetz ist gescheitert.
üAusfertigung und Verkndung
Ist ein Gesetz verabschiedet, so wird es durch den Bundespräsidenten ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet. Die Ausfertigung beinhaltet die Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten, den Bundeskanzler und die Minister der beteiligten Ministerien.
Die Rolle des Bundesverfassungsgerichts
Während des gesamten Gesetzgebungsverfahren besteht die Möglichkeit, daß das Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Gesetzesvorlage angerufen wird. Zum Anrufen des Bundesverfassungs-gericht ist jedermann berechtigt. Meist wird dies jedoch von Interessenverbänden oder Parteien wahrgenommen.
Ablauf der Legislaturperiode
Ein Sonderfall soll hier nicht unerwähnt bleiben:
Mit Ablauf der Legislaturperiode werden alle noch nicht abgeschlossenen Gesetzgebungsverfahren abgebrochen. Die meisten dieser Verfahren werden in der nächsten Legislaturperiode aus der Mitte des Bundestages erneut eingebracht, da so weder Bundesrat noch Bundesregierung Stellung beziehen müssen.
Generell werden zeitkritische Gesetzentwürfe der Bundesregierung teilweise durch die, die Regierung bildenden Fraktionen eingebracht; sie werden dann auch als "verkappte\" Regierungsvorlagen bezeichnet.
Fristen
Ein wichtiger Aspekt des ordnungsgemäßen Ablaufs des Gesetzgebungsverfahren, ist die Einhaltung gesetzlich definierter Fristen. Problematisch ist jedoch, daß aus Fristverletzungen resultierende Konsequenzen nicht fest vorgeschrieben sind. Auch unsere diesbezügliche Anfrage beim Referat für Öffentlichkeitsarbeit des Deutschen Bundestages, (vom 14.11.96), blieb bisher unbeantwortet.
Wie sich später herausstellte, war dieses Problem für unsere Arbeit jedoch unerheblich, da eine Simulation der Art von Fristen, wie wir sie vorfanden, in Leu Smart nicht vorgesehen ist .
Nachfolgend sind alle im Grundgesetz verankerten Fristen aufgelistet. Wie aus der Beschreibung ersichtlich, sind die Fristen von verschiedensten Einflußfaktoren abhängig und würden von einem Workflow-Management-System die Behandlung von Fristen in Abhängigkeit des Dateninhaltes erfordern.
Stellungnahme des Bundesrats zu Vorlagen der Bundesregierung nach Artikel 76 (2) Grundgesetz:
6 Wochen allgemein
9 Wochen bei Fristverlängerung aus wichtigem Grund oder Umfang der Vorlage
3 Wochen zu von der Bundesregierung als eilbedürftig gekennzeichneten Vorlagen
6 Wochen zu eilbedürftig gekennzeichneten Vorlagen mit Fristverlängerung
9 Wochen zu Änderungen des Grundgesetzes, Übertragung von Hoheitsrechten
Stellungnahme der Bundesregierung zu Vorlagen des Bundesrates nach Artikel 76 (3) Grundgesetz:
6 Wochen allgemein
9 Wochen bei Fristverlängerung aus wichtigem Grund oder Umfang der Vorlage
3 Wochen zu vom Bundesrat als eilbedürftig gekennzeichneten Vorlagen
6 Wochen zu eilbedürftig gekennzeichneten Vorlagen mit Fristverlängerung
9 Wochen zu Änderungen des Grundgesetzes, Übertragung von Hoheitsrechten
Zeitraum des Gesetzgebungsverfahrens im Bundestag zu Vorlagen von Bundesrat, Bundesregierung und aus der Mitte des Bundestages nach Artikel 76 (3) Grundgesetz:
Der Bundestag hat über die Vorlagen in angemessener Frist zu beraten und Beschluß zu fassen.
Beratungen über einen beim Bundesrat eingegangenen Gesetzbeschluß nach Artikel 77 (2) Grundgesetz:
Die Frist zur Einberufung eines Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat beträgt 3 Wochen.
Zustimmungsgesetz: Wird kein Ausschuß einberufen oder keine Einigung im Vermittlungsausschuß erzielt, hat der Bundesrat nach Artikel 77 (2a) Grundgesetz:
"in angemessener Frist über die Zustimmung Beschluß zu fassen.\"
Einspruchsgesetz: Gegen ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz kann der Bundesrat nach Artikel 77 (3) Grundgesetz:
"binnen 2 Wochen Einspruch einlegen.\"
Fristbeginn: Bei Eingang des beschlossen Gesetzes oder bei einem Vermittlungsverfahren, ohne Einigung, durch die Mitteilung des Ausschußvorsitzenden.
Artikel 82 (2) Grundgesetz definiert den Zeitpunkt des Inkrafttretens von Gesetzen:
"Jedes Gesetz und jede Rechtsverordnung soll den Tag des Inkrafttretens bestimmen. Fehlt eine solche Bestimmung, so treten sie mit dem vierzehnten Tage nach Ablauf des Tages in Kraft, an dem das Bundesgesetzblatt ausgegeben worden ist.\"
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