Gesetzliche Grundlage für die Börsenschiedsgerichte bilden die Artikel Xlll bis XXVll des Einführungsgesetzes zur österreichischen Zivilprozeßordnung. Auf dieser Basis wurde von der Wiener Börsekammer eine Schiedsgerichtsordnung ausgearbeitet (letzte Auflage 1990). Die Schiedsgerichtsordnung kann bei der Wiener Börsekammer bezogen werden.
Im Streitfall besteht der einzelne Schiedsgerichtssenat aus drei Schiedsrichtern. Der Kläger muß bereits in der Klage einen Schiedsrichter wählen; unterläßt er dies, wird kein Verfahren eingeleitet. Gleichzeitig mit der Zustellung der Klage und der Ladung zur mündlichen Verhandlung, wird der Geklagte aufgefordert einen weiteren Schiedsrichter zu wählen; unterläßt er dies, wird vom Präsidenten des betreffenden Schiedsrichterkollegiums ein Schiedsrichter bestimmt. Diese beiden Schiedsrichter wählen dann einen dritten Schiedsrichter zum Obmann; können sie sich nicht einigen, wird vom Präsidenten des Schiedsrichterkollegiums ein dritter Schiedsrichter zum Obmann bestimmt.
Es dürfen nur solche Personen zu Schiedsrichtern gewählt (bestimmt) werden, die in der von der Wiener Börsekammer herausgegebenen Schiedsrichterliste enthalten sind. Diese Schiedsrichter werden für jeweils fünf Jahre von der Gesamtheit der Börsemitglieder gewählt. Beim Schiedsgericht der Warenbörse haben Prozeßparteien, die nicht Mitglieder der Wiener Warenbörse sind auch die Möglichkeit, aus einer zweiten Liste Schiedsrichter, die nicht der BörSe angehören, auszuwählen. Diese Schiedsrichter werden von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien jährlich namhaft gemacht. Das Schiedsrichteramt selbst ist ein Ehrenamt und mit keinerlei Bezügen verbunden.
Zur gültigen Zusammensetzung des Schiedsgerichtes ist außerdem erforderlich, daß ihm ein Sekretär zugezogen wird, der zur Ausübung des Richteramtes befähigt, von der Börsekammer angestellt und vom Bundesministerium für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Justiz bestätigt sein muß.
Klagen können mündlich oder schriftlich ohne Beiziehung eines Rechtsanwaltes eingebracht werden. Ein Exemplar der Klage sowie die Ladung zur mündlichen Verhandlung wird der geklagten Partei eigenhändig zugestellt. Besucht die geklagte Partei die mündliche Verhandlung und bestreitet sie das Klagevorbringen, wird vom Schiedsgericht der Sachverhalt ermittelt. Das Verfahren wird, insoweit die Schiedsgerichtsordnung darüber keine Bestimmungen enthält, vom Schiedsgericht nach freiem Ermessen bestimmt. Im allgemeinen werden die Bestimmungen der österreischen Zivilprozeßordnung angewandt. Der anwesende Sekretär ist kraft Gesetzes verpflichtet Parteien die nötigen Anleitungen zu geben. Der Vorsitzende hat vor Schluß der Verhandlung einen Vergleichsversuch zu unternehmen.
Bei der Verhandlung vor dem Schiedsgericht besteht ebenfalls kein Rechtsanwaltszwang. Die Parteien können sich daher entweder selbst vertreten oder mit ihrer Vertretung Rechtsanwälte, Mitgesellschafter, eigene Angestellte, Schiedsrichter oder andere Mitglieder der Wiener Warenbörse beauftragen. Die Vertreter müssen mit einer Vollmacht ausgestattet sein.
Über die Klage wird nach durchgeführter Verhandlung mit Schiedsspruch entschieden Die Schiedssprüche müssen begründet werden. In den Entscheidungsgründen ist nicht nur anzugeben, welche Tatsachen als erwiesen angenommen werden und warum, sondern es sind auch die Rechtsüberlegungen darzulegen, auf Grund deren das Schiedsgericht zu dem gefällten Spruch kommt. Die Entscheidungen erfolgen stets im Rahmen der österreichischen Rechtsordnung. Bei internationalen Tatbeständen wird in Übereinstimmung mit dem internationalen Privatrecht vorgegangen.
Wenn eine ordnungsgemäß geladene Partei bei der ersten Verhandlung ausbleibt oder sich in die Verhandlung nicht einläßt, ist das auf den Gegenstand des Rechtsstreites bezügliche tatsächliche Vorbringen des erschienenen Streitteiles, soweit es nicht durch die vorliegenden Beweise widerlegt wird, für wahr zu halten und auf dieser Grundlage auf Antrag des erschienenen Streitteiles über das Klagebegehren durch Versäumungsschiedsspruch zu entscheiden.
Gegen die Schiedssprüche gibt es keine Berufung. Den Parteien steht jedoch bei schwerwiegenden formellen Verstoßen die Nichtigkeitsbeschwerde, sowie bei Verstoßen gegen zwingende materielle Rechtsvorschriften, die Unwirksamkeitsklage zu (Artikel XXIII und XXV Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung); über beide entscheidet in erster Instanz das Handelsgericht Wien und kann den Instanzenzug bis zum Obersten Gerichtshof gehen.
Die Schiedssprüche sind vom Obmann und vom Sekretär zu unterschreiben; die Rechtskraft wird vom Sekretär bestätigt.
Die rechtskräftigen Schiedssprüche und die vor einem Börsenschiedsgericht geschlossenen Vergleiche bilden einen Exekutionstitel im Sinne der Exekutionsordnung (§1 Z.16 EO). Die Exekution ist beim zuständigen Bezirksgericht zu beantragen.
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