Bereits im Zuge der Finanzstrafgesetznovelle 1985 wurde die nur halbherzige Umsetzung des Art. 6 EMRK kritisiert und in dem Zusammenhang die Forderung erhoben, \"Straffinanzämtern\" als unabhängige, weisungsfreie Instanz im Finanzstrafverfahren zu schaffen oder überhaupt jedes Finanzstrafverfahren den Gerichten zu überantworten. Diese Forderung wird mit dem Entwurf eines Finanzgerichtsgesetzes zwar nicht erfüllt, der Entwurf ist aber ein Schritt in diese Richtung.
Im Art I des Ministerialentwurfes betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Finanzgerichtsgesetz beschlossen und die Bundesabgabenordnung, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Finanzstrafgesetz, das Abgabenverwaltungsorganisations¬gesetz und das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 geändert werden (für ein Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz 2001 (AbgRmRefG 2001) wird die Erlassung eine Finanzgerichtsgesetzes vorgeschlagen. Der Ministerialentwurf wurde einem elektronischen Begutachtungsverfahren unterzogen und am 8.10.2001 im Nationalrat eingebracht.
Nach diesem Entwurf soll für das gesamte Bundesgebiet ein Finanzgericht als unabhängige Verwaltungsbehörde errichtet werden. Der Sitz soll gesondert durch Verordnung festgelegt werden. Das Finanzgericht umfasst an den vorgesehenen Standorten Feldkirch, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz, Salzburg und Wien die Geschäftsbereiche Steuer (Finanzämter), Zoll (Zollämter) und Finanzstrafrecht (Finanzämter und Zollämter als Finanzstrafbehörden I. Instanz). Für jeden Geschäftsbereich sind im Rahmen der Geschäftsverteilung in erforderlicher Anzahl Berufungssenate zu bilden (§ 1 FGG).
Dem Finanzgericht obliegen die ihm durch Abgabenvorschriften und das Finanzstrafgesetz übertragenen Aufgaben (§ 2 FGG). Die sachliche Zuständigkeit wird also in den materiellen und formellen Abgabengesetzen und im Finanzstrafgesetz geregelt.
Im Artikel IV Z 2 des Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz 2001 wird § 62 FinStrG abgeändert. Demnach entscheidet das Finanzgericht als Finanzstrafbehörde II. Instanz über Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Finanzstrafbehörde I. Instanz. Die Finanzgerichte ersetzen somit die bis dato bei den Finanzlandesdirektionen eingerichteten Berufungssenate. Sowohl das Verfahren vor der Finanzstrafbehörde I. Instanz als auch die Gerichtszuständigkeit für vorsätzliche Finanzvergehen bei Überschreiten der Wertgrenzen nach § 53 Abs 1 und 2 FinStrG bleiben unberührt.
Als Ziel nennen die Materialien die Errichtung einer unabhängigen Verwaltungsbehörde für die gesamten zweitinstanzlichen Rechtsmittelverfahren betreffend Steuerangelegenheiten, Zoll und Finanzstrafsachen und damit eine Angleichung des Rechtsschutzstandards an jene des UBAS und der UVS, sowie die Entlastung von VfGH und VwGH.
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