Nach § 29 Abs 3 lit c FinStrG tritt Straffreiheit dann nicht ein, wenn bei einem vorsätzlich begangenen Finanzvergehen die Selbstanzeige anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung und Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nicht schon bei Beginn der Amtshandlung erstattet wird. Als Beginn der Amtshandlung, der mit Angabe von Datum und Uhrzeit genau zu protokollieren ist, gilt nach ständiger Rechtsprechung die Aufforderung zur Vorlage der erforderlichen Bücher und Aufzeichnungen, auch wenn die Prüfung selbst in diesem Zeitpunkt, zB mangels sofortiger Zugänglichkeit der betreffenden Unterlagen, noch nicht möglich war. Eine aktive Amtshandlung ist somit nicht erforderlich, vielmehr ist die Aufforderung selbst bereits eine Amtshandlung. Andernfalls könnte der Steuerpflichtige durch Verzögerung der Herausgabe die Möglichkeit, den Beginn der Amtshandlung autonom bestimmen . Auf die subjektive Meinung des Abgabepflichtigen über den Beginn der Amtshandlung kommt es daher nicht an. Hat die Betriebsprüfung einen durch Selbstanzeige offen gelegten Sachverhalt nicht sogleich, sondern erst in einem späteren Prüfungsabschnitt zum Gegenstand und stehen auch die entsprechenden Unterlagen dem Prüfer nicht sofort zur Verfügung, so ist die Selbstanzeige dennoch verspätet, wenn sie nicht zu Beginn der Prüfung erstattet, sondern erst dann eingebracht wird, wenn der Betriebsprüfer die konkret benötigten Unterlagen anfordert.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass hinsichtlich fahrlässig begangener Finanzvergehen, die noch nicht aufgedeckt sind, die Selbstanzeige noch während einer finanzbehördlichen Nachschau oder Prüfung von Büchern und Aufzeichnungen erstattet werden kann. Die Auffassung, \"dass der Steuerpflichtige damit bloß seiner Auskunfts- und Offenlegungspflicht nachkommt, der Selbstanzeige nicht die strafbefreiende Wirkung nimmt\" und \"die Abgabenverkürzung auch dann fahrlässig bleibt, wenn der Steuerpflichtige sie bereits früher erkannt, dann aber mit Absicht gegenüber der Finanzbehörde verschwiegen hat\", ist zwar sicherlich richtig. Die strafaufhebende Wirkung der Selbstanzeige kann einem solchen Fahrlässigkeitstäter aber wohl nicht mehr zugebilligt werden, der die erkannte Verfehlung nicht unverzüglich zumindest konkludent erstattet, sondern mit Absicht verschweigt.
Scheil bezeichnet die Bestimmung des § 29 Abs 3 lit c FinStrG \"als geradezu mustergültig im Hinblick auf den Anklagegrundsatz\". Sie trägt überdies zur Verfahrenökonomie bei und motiviert den Abgabepflichtigen zur aktiven Mitarbeit. Kritisch betrachtet er die Bestimmung allerdings hinsichtlich der finanzbehördlichen Nachschau. \"Soweit Finanzvergehen nur bei einer Nachschau entdeckt werden können, lässt sich die Selbstanzeigebestimmung nicht nur zur Begehung von Finanzordnungswidrigkeiten, sondern auch zur Begehung von Finanzvergehen missbrauchen. So wird beispielsweise ein Täter, der keine Bücher führt und dadurch die Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs 1 lit c FinStrG begeht, im Falle der Nachschau straffrei, sofern er nur zu Beginn derselben auf diesen Umstand aufmerksam macht.\"
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