1889, zur Einhundertjahrfeier des Beginns der Französischen Revolution, versammelten sich zwei sozialistische Kongresse in Paris. Angeregt von Marx' Kommunistischem Manifest, gründete einer von ihnen die als solche bekannte Zweite Internationale. Als lose Föderation von Massenparteien richtete die neue Organisation 1900 ein Koordinierungsbüro ein, das Internationale Sozialistische Büro in Brüssel. Bis zum 1. Weltkrieg traf sich die Internationale neunmal in unregelmäßigen Abständen. Auf dem Londoner Kongreß 1896 wurden die Anarchisten ausgeschlossen, so daß die Marxisten eine unumstrittene Führungsrolle einnehmen konnten. Großen Einfluß hatten auch die deutschen Sozialdemokraten.
1899 veröffentlichte der Sozialistenführer Eduard Bernstein seinen Evolutionären Sozialismus, eine Revision der marxschen Lehren, welche die unbedingte Notwendigkeit von Revolutionen zurückwies und eine Zusammenarbeit mit nichtmarxistischen Parteien zur Erreichung sozialistischer Ziele vorschlug. Bernsteins Ansichten wurde von Karl Kautsky, dem Führer der orthodoxen deutschen Marxisten, widersprochen.
Ein ähnlich gelagerter Konflikt unterhöhlte die Bemühungen der Internationale, einen Krieg in Europa zu verhindern. Obwohl ideologisch dem Frieden und dem Internationalismus verpflichtet, stellten sich die meisten Sozialisten hinter ihre jeweilige Regierung, und nationale Bindungen erwiesen sich bei Ausbruch des 1. Weltkrieges 1914 stärker als Klassenzugehörigkeiten.
Daran zerbrach zwar die Zweite Internationale, sie entstand aber 1919 neu und schloß sich vier Jahre später mit der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Sozialistischer Parteien zusammen. Unter dem Namen Sozialistische Arbeiter-Internationale bestand die Organisation bis 1940 fort.
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