"Misshandlung im weitesten Sinn ist jede gewalttätige oder unnötig einengende Handlung an Kindern oder deren Vernachlässigung, als deren Folge Angst, seelisches Leid und / oder körperliche Verletzungen auftreten. Die Misshandlung muss keine sofort feststellbaren seelischen oder körperlichen Spuren hinterlassen; die Auswirkungen einer Misshandlung können auch nach einer sehr langen Latenzzeit sichtbar werden."
( Cermak / Pernhaupt 1980 )
Viele (unwissende) Eltern sind aber der Meinung, dass "er das von Zeit zu Zeit braucht\" oder dass eine "gesunde Watschn noch keinem geschadet hat\". Das \"Jemandem - Ausgesetzt sein trägt ein misshandeltes Kind jedoch sein Leben lang mit. Oft geht es dann auch solche Beziehungen ein, durch die sie sich dann wieder in diese (gewaltsame) Abhängigkeit begibt .
Als Vernachlässigung (eine Form von der Misshandlung) kann bereits die Vernachlässigung eines elementaren Bedürfnisses angesehen werden (z.B. das nicht rechtzeitige Füttern eines hungrigen Säuglings). Drohen mit der Stimme, Schreien ,Brüllen oder gar "Klapsen\" sind im Säuglingsalter ohne Zweifel Misshandlungen. Das gilt etwa bis zum Ende des zweiten Lebensjahres, ein Zeitraum, in dem das Kind absolut hilflos, vollkommen abhängig ist und die Eltern (wie so oft behauptet) garantiert nicht provozieren will. Eine heftige Ohrfeige kann bei einem Kind jeden Alters bereits eine Misshandlung sein. Bei der Beurteilung von Körperstrafen ist nicht nur die Art, sondern auch die Häufigkeit ihrer Anwendung zu berücksichtigen. Die Verwendung eines "Züchtigungswerkzeuges" ist auf jeden Fall als Misshandlung anzusehen, ungeachtet der Tatsache, ob die Züchtigung sichtbare Spuren hinterlässt oder nicht.
Seelische Misshandlung
ist nicht anders zu beurteilen als körperliche Gewaltanwendung, z.B. das Einsperren eines Kindes in seinem Zimmer oder gar im Keller, das rücksichtslose stundenlange Alleinlassen eines Kindes, z.B. im Auto. Eine seelische Verletzung ist auch der einschneidende Liebesentzug, wie langes Böse sein, längere Zeit nicht miteinander reden und nicht beachten.
Die meisten Strafen, die Kinder erhalten, entspringen der Hilflosigkeit und der Unwissenheit des Erziehers, sie sind aber mehr oder weniger Kindesmisshandlungen.
In den ersten zwei Lebensjahren zumindest ist jede Art der Strafe abzulehnen, denn sie ist mit Sicherheit sinnlos und daher als Erziehungsmittel ungeeignet. Das Durchschnittskind passt sich einer autoritären Erziehungsmethode an, die z.B. mit Prügelstrafe einhergeht, einerseits durch Notlügen, andererseits durch die bewusst durchgeführte Tat in Erwartung der Strafe.
Während liebevolle, teilnehmende, unterstützende Erziehung das Kind mit einem Handlungsrepertoire ausstattet, das es freier und wissender handeln lässt, ist die strafende Erziehung eine nachlaufende, verfolgende Methode, die das Kind eher zum Ausweichen zwingt als zum freien Handeln. Die Strafe ist also mit Sicherheit kein Sozialisierungs -, sondern eher ein \""Entfremdungsinstrument\" und verschlechtert dadurch auch nicht zuletzt die Beziehung zwischen Strafendem und Bestraftem. Die Chance positiver affektiver Strömungen zwischen den beiden und für gemeinsame Aktionen, die für den Reifungs- und Sozialisierungsprozess des Kindes von größter Bedeutung ist, wird ganz wesentlich verringert.
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