Das Streben der Völker nach Sicherheit und Frieden bildet eine der stärksten und legitimsten Grundlagen des Geselschaftsvertag, der den Bürger mit der Staatsgewalt verbindet. Unter den dramatischen Konflikten in Bosnien, im Kosovo und in Tschetschenien leidet vor allem die unschuldige Bevölkerung. Sie erinnern an die Massenverfolgungen, wie sie im gesamten Verlauf des 20. Jahrhunderts von Armeen und Milizen im Dienste von Ideologien verübt worden, die auf Hass und Ausgrenzung beruhten.
Die europäische Union stellt sich der Herausforderung der Gewalt. Nicht nur indem sie die friedliche Beilegung von internationalen Interessenkonflikten zur Grundlage ihrer Verträge macht, sondern auch, indem sie mit Hilfe aktiver Präventivdiplomatie3 eine Friedensdynamik über ihre Grenzen hinaus sucht. Diese Diplomatie stützt sich auf wirtschaftliche Unterstützung und auf ein in der Konfliktbeilegung erprobtes Know-how.
Während sehr langer Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Sicherheit Europas in enger Zusammenarbeit mit den Vereinigten Nationen gewährleistet, und die NATO war die vorherrschende Einrichtung zur Selbstverteidigung. Mit dem Ende des Kalten Krieges hat sich das Bild gewandelt.
Europa wird nicht mehr durch die Gefahr eines massiven Angriffs mit konventionellen und nuklearen Waffen bedroht. Wie die Balkankrise gezeigt hat, ist die EU vielmehr mit einer Reihe von Risiken konfrontiert, die zwar Stabilität, nicht aber seine Existenz bedrohen. Verständlicherweise wollen die Vereinigten Staaten nicht bei jeder regionalen Krise auf unserem Kontinent eingreifen, und es wird Fälle geben, in den es zweckmäßiger ist, wenn die Europäer die Führung übernehmen. Die Mitgliederstaaten der Union sind immer bereit, ihre eigenen Interessen zu verteidigen und sich mit den Hilfsmitteln auszustatten, die für die Förderung ihrer gemeinsamen Werte erforderlich sind.
3.1 Der Vertrag von Maastricht(1992)
Der Maastrichter Vertrag beschließt über die Europäische Union, im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erstmals eine Verantwortung der Union in allen Fragen der Sicherheit und eine verteidigungspolitische Perspektive vertraglich zu verankern. (Art. J. 4) Die Union verfügt aber nicht über eigene militärische Mittel; Vielmehr sieht der Vertrag vor, dass die EU die Westeuropäische Union (WEU)4 ersucht, von ihr beschlossene militärische Aktionen auszuarbeiten und durchzuführen.
3. 2 Der Vertrag von Amsterdam (1997)
Durch den Vertrag werden die Petersberg-Aufgaben der WEU (humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen) in den EU-Vertrag übernommen. Damit war die vertragliche Grundlage für den operativen Aufbau der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik(ESVP) gelegt.
3. 3 Der Vertrag von Nizza (2000)
In dem noch nicht in Kraft getretenen Vertrag werden Anpassungen vorgenommen, die den operativen Aufbau der europäischen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik als ein eigenständiges Projekt der Union reflektieren.
Zusammen fassend stehen hinter der GASP fünf grundlegende Ziele:
_ Sicherung der grundlegenden Interessen und Unabhängigkeit der Union
_ Stärkung der Sicherheit der Union
_ Erhaltung des Friedens und Stärkung der internationalen Zusammenarbeit
_ Förderung der internationalen Zusammenarbeit
_ Konsolidierung der Demokratie, des Rechtsstaats und der Achtung der Menschenrechte
3. 4 Die Folgen der Verträge
Durch den Vertrag von Amsterdam wurde die Entscheidungsfindung im Rahmen der GASP verbessert. Er sieht gemeinsame Strategien für Bereiche vor, in denen die Mitgliederstaaten bedeutende Interessen teilen. Ferner führte er eine gezieltere Formulierung der Politik sowie Frühwarnsystem durch die Schaffung einer Stabseinheit, die für den Ministerrat arbeitet, ein. Dieser Mechanismus wurde durch ein politisches und sicherheitspolitisches Interimskomitee und einen parallelen Militärausschuss ergänzt, die die Regierungen beim Krisenmanagement beraten sollen.
3. 4. 1 Der außenpolitische Beauftragte der EU
Eine der sichtbarsten Errungenschaften des Vertrages von Amsterdam war die Einsetzung eines hohen Vertreters für die GASP: Im Oktober 1999 wurde Javier Solana, der ehemalige spanische Außenminister und Generalsekretär der NATO, der erste Inhaber dieses Amtes. Er arbeitet eng mit der Kommission und den Mitgliederstaaten, einschließlich ihrer umfassenden diplomatischen Netze und der Delegationen der Kommission zusammen und gewährleistet Kontinuität und Effizienz in der Außenpolitik der Union.
3. 4. 2 Rasche Reaktion und Konfliktverhütung
Amsterdam brachte auch eine Neuformulierung der Sicherheits- und Verteidigungsziele der Union, indem die Aussicht auf den Einsatz sowohl von militärischen als auch nichtmilitärischen Kapazitäten bei humanitären Katastrophen eröffnet wurde. Dabei handelt es sich um die sogenannten Petersburger Aufgaben, die von Such- und Evakuierungsmissionen bis zu Maßnahmen zur Erhaltung und sogar Wiederherstellung des Friedens reichen.
4. 5 Die Konferenz von Helsinki (1999)
Wie Ehrfahrungen an so weit auseinanderliegenden Orten wie dem Balkan und Osttimor5 gezeigt haben, muss die EU dafür gerüstet sein gegebenenfalls rasch und wirksam zu reagieren. So kam folgender Beschluss zustande: "spätestens im Jahre 2003 müssen die Mitgliedsstaaten der im Rahmen der freiwilligen Zusammenarbeit bei der EU-geführten Operationen in der Lage sein, innerhalb von 60 Tagen Streitkräfte im Umfang von knapp 50 000 Personen zu verlegen und dafür zu sorgen, dass diese Kräfte für mindestens ein Jahr im Einsatz gehalten werden können". Diese Operationen beinhalten humanitäre Aufgaben, Rettungseinsätze, friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze.
3. 6 Steuerung der GASP
Die Steuerung und Fortentwicklung der GASP obliegt dem \\\"Rat Allgemeine Angelegenheiten", in dem die Außenminister der fünfzehn EU-Mitgliedstaaten zusammentreffen. Der Rat tagt in der Regel einmal monatlich; er verfügt im Bereich der GASP vor allem über drei Instrumente, die im Amsterdamer Vertrag (EU-Vertrag) definiert sind:
_der gemeinsame Standpunkt( Art. 15 EUV):In gemeinsamen Standpunkten wird ein für die Mitgliedstaaten verbindliches \\\"Konzept der Union für eine bestimmte Frage geographischer oder thematischer Art\\\" bestimmt. Die Mitgliedstaaten \\\"tragen dafür Sorge, dass ihre einzelstaatliche Politik mit den gemeinsamen Standpunkten in Einklang steht.\\\" Die Annahme Gemeinsamer Standpunkte erfolgt in der Regel einstimmig, außer wenn es hierbei um die Umsetzung einer Gemeinsamen Strategie geht. Als \\\"Gemeinsamer Standpunkt\\\" wurde beispielsweise im Rahmen der Sanktionsmaßnahmen gegen die Bundesrepublik Jugoslawien beschlossen, dass die Behörden der EU-Mitgliedstaaten an bestimmte Bürger der BRJ wegen ihrer Nähe zum Milosevic-Regime keine Einreisevisa erteilten sollten. Die Namen dieser Personen werden in einer fortlaufend aktualisierten Liste festgehalten.
_Die Gemeinsame Aktion (Art. 14 EUV)
Gemeinsame Aktionen werden verabschiedet, wenn die Union auf einem konkreten Gebiet der Außenpolitik operativ tätig werden will (z.B. Entsendung von Wahlbeobachtern, Ernennung eines Sonderbeauftragten, Verhängung bestimmter Sanktionen). In dem Text der Gemeinsamen Aktion sind die damit verfolgten Ziele, die dafür eingesetzten Mittel und gegebenfals der Zeitraum, auf den sich die Gemeinsame Aktion bezieht, zu nennen. Die Entscheidung über eine Gemeinsame Aktion erfolgt einstimmig, mit Ausnahme der Fälle, in denen es um die Durchführung einer Gemeinsamen Strategie geht.
_Die Gemeinsame Strategie (Art. 13 EUV)
Das Instrument der Gemeinsamen Strategie ist mit dem Vertrag von Amsterdam neu geschaffen worden; Ziel war es, eine Form des EU-internen Rechtsakts zu schaffen, der die Mitgliedstaaten in ihren Politiken noch stärker als bisher auf eine gemeinsame EU-Linie festlegen und damit zu größerer Kohärenz der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beitragen kann. Bisher sind Gemeinsame Strategien zu Rußland , zur Ukraine und zur Mittelmeerregion verabschiedet worden. Diese Strategien können ein umfassendes Konzept der Union zu einem bestimmten Bereich (geographisch oder thematisch) ihrer Außenpolitik enthalten, zu dessen Umsetzung in der Strategie eine Reihe konkreter Maßnahmen verbindlich festgeschrieben wird. Die Strategie wird einstimmig durch den europäischen Rat (Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten) beschlossen. Der europäische Rat tritt in der Regel vier Mal im Jahr zusammen. Weitere Maßnahmen zur Umsetzung (Gemeinsame Standpunkte oder Gemeinsame Aktionen) können dagegen vom Allgemeinen Rat mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden.
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