Die Aussenpolitik des jungen Deutschland wurde zunächst von Bismarck stark beeinflusst. Als aber Kaiser Wilhelm II, der 1888 auf den Thron gekommen war, änderte sich dies, er entliess seinen Kanzler 1890.
Während Bismarck unter Kaiser Wilhelm I. darauf bedacht gewesen war, die übrigen europäischen Grossmächte nicht gegen Deutschland aufzubringen, strebte Wilhelm II. für sein Reich Weltgeltung um jeden Preis an.
Unter Bismarck hatte sich die Feindschaft zu Frankreich und die Freundschaft zu Österreich-Ungarn ungefähr die Waage gehalten. Es gab ein konfliktfreies Verhältnis zu Grossbritannien und nicht ganz verbindliche Bündnisverträge mit Russland. Um Weltpolitik zu betreiben war nach der Meinung Wilhelm II. jedoch ein fester Bündnispartner nötig. Man konnte sich jedoch von Anfang an nicht zwischen Russland und Grossbritannien entscheiden und schlussendlich machte man sich beide zum Feind.
1887 hatte sich Bismarck die Freundschaft zu Russland erkauft, indem er mit ihnen einen Rückversicherungsvertrag abschloss. Dessen Inhalt billigte die Expansionsaussichten Russlands, die jedoch Österreich-Ungarn in die Quere kam. Der Vertrag war deshalb geheim. Wilhelm II. weigerte sich dann im Jahre 1890 diesen Vertrag zu erneuern, was zum Sturz Bismarcks führte.
Die Abkehr von Russland hatte seinen Grund. Wilhelm II. hatte im Sinne das innerlich geschwächte Osmanische Reich zu besetzen, denn es galt als Angelpunkt zwischen den drei Kontinenten Europa, Asien und Afrika.
Der deutsche Imperialismus zielte nun also auf das Osmanische Reich. Deutschland ging dabei sehr geschickt vor. Man vermied es, Teile des Osmanischen Reiches zu besetzen. Deutschland hoffte, den Sultan mit der Zeit völlig von seiner Unterstützung abhängig zu machen und so politisch zu beherrschen. Das Osmanische Reich wäre als Marionettenstaat faktisch zu einem deutschen Protektorat geworden.
Dies ging den Interessen Russland völlig zuwider. Der Preis für die Abkehr Deutschlands war hoch. Russland verbündete sich 1892 mit Frankreich.
In der Folge versuchte Deutschland Grossbritannien zu übertrumpfen. Das Land, das sich noch immer in "Splendid Isolation" übte, wäre mit Deutschland nur ein Bündnis eingegangen, wäre Deutschland als Bittsteller aufgetreten. Das wollten diese auf ihrem Weg zur Weltmacht aber auf keinen Fall. Darin liegt der Kern jener Politik, die man als "neuen Kurs" bezeichnet.
Die Annäherung durch die deutsch-britische Zusammenarbeit im Helgoland-Sansibar-Vertrag 1890 hielt nicht lange an. Den Hintergrund dazu bildete das Misstrauen gegenüber deutscher Weltpolitik, das ganz allgemein bestand, unabhängig davon, welche Schritte nun die deutsche Politik unternehmen würde.
Das Misstrauen wurde bei den Briten durch das deutsche Engagement im Osmanischen Reich noch verstärkt. Obwohl der Kaiser die Briten vor den Kopf stiess (Krüger-Telegramm), prüften die Engländer während der Faschodakrise die Möglichkeiten eines Bündnisses zu Deutschland, damit sie schlussendlich nicht vor einem ihnen verfeindetem Block stehen würden. Deutschland weigerte sich jedoch und so kam kein Bündnis zu Stande. Dafür söhnte sich Grossbritannien nach Faschoda allmählich mit Frankreich aus und näherte sich damit der russisch-französischen Allianz.
Auch die deutsche Flottenpolitik stand den Briten entgegen. Als Insel musste Grossbritannien im Kriegsfall zu seiner Versorgung mit Lebensmitteln und Rohstoffen die Seewege freihalten können. Aus diesem Grund hielten sich die Briten eine Kriegsflotte, die jede andere Seestreitkraft um ein Mehrfaches an Grösse und Schlagkraft übertraf.
Auch das deutsche Reich betrachtete die Kriegsflotte als Rückgrat seiner imperialistischen Machtpolitik. Ab 1898 begann das Reich zur See aufzurüsten. Die Briten fühlten sich bald bedroht. Vor allem, weil auch die USA, Japan und Russland ihre Flotten ebenso rasch oder sogar rascher aufrüsteten als Deutschland.
Deutschland wurde um die Jahrhundertwende von einem richtigen Schiffsfimmel heimgesucht. Die politischen Entscheidungsträger versuchten mit allen Mitteln dem Volk einzuhämmern, dass es ohne starke Kriegsflotte dem Untergang geweiht sei.
Durch die aggressive Flottenpropaganda in Deutschland fand in der stärksten Seemacht der Welt, in Grossbritannien, ihr Feindbild. Die deutsche Führung machte sich ohne Not und mehr durch ihre verbale Protzerei als durch ihr Handeln Grossbritannien zum Feind. Man erklärte sich dies so: Durch den raschen gesellschaftlichen Wandel in Deutschland, durch die Modernisierung und vor allem durch den politischen Erfolg der Sozialdemokratie führten sich die konservativen Führungsschichten in ihrem Selbstverständnis bedroht. Das Prestige der stolzen Schlachtschiffe glich den schleichenden Verlust an gesellschaftlichem Gewicht aus.
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