Glas in Deutschland
Sieht man von den Glashütten in Germanien ab, die im Gefolge der Römer entstanden, sich über eine gewisse Zeit hielten und dann wieder verschwanden, beginnt die Geschichte der deutschen Glasproduktion im engeren Sinne im Mittelalter. Deutsche Glasmacher ließen sich in den verkehrsfernen Waldgebieten der Mittelgebirge nieder. Im Spessart, Thüringer Wald, Solling, Schwarzwald, Bayerischen Wald, Fichtelgebirge, Böhmerwald, Erzgebirge, Riesen- und Isergebirge wurde in wachsendem Umfang Glas erzeugt.
Erschmolzen wurde zunächst ein grünliches, nicht gefärbtes Glas auf der Grundlage von Sand und Pottasche. Für die Gewinnung von Pottasche (Kaliumkarbonat) eignete sich am besten Buchen- und Eichenholz. Die Stämme wurden in großen Feuern verbrannt und die Asche in Gefäßen, den \"Pötten\", ausgelaugt. So gewann man Pottasche. Außerdem lieferten die Wälder Brennmaterial für die Glasöfen. Das fertige Produkt nannte man Waldglas. Daraus entstanden die meisten mittelalterlichen deutschen und böhmischen Gläser vor Einführung des Kristallglases.
Waren die umherliegenden Waldungen abgeholzt, wurde die Hütte - meist nur ein schnell errichteter Holzschuppen für die Öfen und zur Aufnahme der fertigen Gläser - verlegt. Erst im 17. und 18. Jh. wurden die Wanderglashütten sesshaft.
Ein treffendes Beispiel für die mittelalterliche deutsche Glasproduktion ist der Bayerische Wald. Interessant ist seine Glasgeschichte vor allem deshalb, weil hier bis heute die Glaserzeugung der dominierende Wirtschaftszweig geblieben ist und die Entwicklung in anderen deutschen Landschaften mit Glasproduktion ähnlich verlief.
Mittelalterliche Glasherstellung in Europa
Etwa im 10. Jahrhundert entstanden die ersten Glashütten in den Waldgebieten des Böhmischen Waldes, Bayrischen Wald, Thüringer Wald, Spessarts, Sollingen, Fichtelgebirge, Riesen - und Isergebirge.
Die Glasmacher dieser Glashütten bevorzugen die Waldgegenden
wegen des Holzes, das sie zur Beheizung der Glasschmelzöfen benötigten.
War der günstig gelegene Wald abgeholzt, so wanderten sie in ein anderes waldreiches Gebiet. Das hier entstandene Glas bezeichnete man als \"Waldglas\" Die Öfen wurden von den Glasmachern selbst gebaut, die dazu benötigten Steine wurden von Ihnen aus geeigneten Tonerden gefertigt.
Die Holzbeheizung wurde später z.B. in England zum Schutze der Wälder verboten.
Man war jetzt gezwungen, Kohle zum beheizen der Schmelzöfen zu verwenden. Die bauliche Veränderung Glasschmelzöfen war somit notwendig.
Die Rohstoffe zur Glasherstellung wurden aus den vorhandenen heimischen Mineralien gewonnen.
So, zum Beispiel, der Hauptglasbilder SiO2 wurde aus Sand bzw. Quarzstein gewonnen.
Letzteres wurde stark erhitzt und im Wasser abgeschreckt, es entstand SiO2 - Granulat.
Die aus Pflanzen gewonnene Asche ( Kaliumkarbonat ) diente als Gemengerohstoff.
Deren Bezeichnung Pottasche ist darauf zurückzuführen, das die Pflanzen im Verbrennungstopf ( Pott ) eindampfte und auslaugte wurde. Den dadurch entstandene Rückstand bezeichnet man als Pottasche ( K2CO3 ).
So zum Beispiel enthält Buchenholzasche etwa 18 % K2O.
Unter anderem wurden auch Eichenholz und Meerespflanzen zur Herstellung
von Pottasche verwendet.
Eine der Hochburgen im Mittelalter war Venedig, nach Angaben arbeiteten zeitweilig bis zu 8000 Menschen in venezianischen Glashütten.
Vom 15. bis 17. Jahrhundert erreichten sie den Höhepunkt der Glasmacherkunst und Venedigs Kaufleute beherrschten den gesamtem Mittelmeerraum. Wofür Venedigs Glasmacher berühmt wurden, war die Herstellung von reinstem Kristallglas, welches sich durch absolute Farblosigkeit und Glanz auszeichnete. Die Geheimhaltung der Glaszusammensetzungen war so streng, dass bei Weitergabe
der Herstellungsverfahren mit dem Tode zu rechnen war.
Anderseits waren die Glasmacher so hoch angesehen, das sie nicht selten in den Adelsstand erhoben wurden. Die damals herrschenden Kreise der damaligen Republik Venedig, befürchteten also, die ertragreiche Einnahmequelle zu verlieren, deshalb brachten sie die Glasmachen im Jahre 1291 unter Vorwand des Feuerschutzes auf die nahegelegene Insel Murano. Die Muranessen besaßen gegenüber den anderen Bewohnern der Republik große Vorrechte. Leider mussten sie auf die Freiheit verzichten die Insel zu verlassen.
Im 17.bis 18. Jahrhundert wurden die sogenannten Wanderglashütten sesshaft.
Vom Jugendstil zum modernen Glasdesign
An der Wende zu unserem Jahrhundert entstanden im Jugendstil nicht nur in Europa, sondern auch in den USA neuartige Glasformen und -dekorationen. Neben anderen Künstlern entwarfen in Frankreich Emile Galle (1846-1904), in Amerika Louis Komfort Tiffany (1848-1933), in Österreich Josef Hoffmann (1870 1956), in Deutschland Josef Maria Olbrich (1867-1908) und Karl Koepping (1848-1914) Jugendstilgläser.
Der Einfluss des Bauhauses (1919-1933) strahlte auch auf das Glas aus. Der Bauhausschüler und -lehrer Wilhelm Wagenfeld (geb. 1900) schuf seit 1929 zahlreiche vorbildliche Gläser für verschiedene Glashütten.
Auf dem Weg zur Glastechnologie
Die gesamte Glasgeschichte ist von dem Bemühen einzelner geprägt, Fertigungsverfahren und Produkt zu vervollkommnen und weiterzuentwickeln. 1679 faßte Johann Kunckel (1630-1703), Leiter der von Friedrich Wilhelm von Preußen bei Potsdam errichteten Glashütte, Überlieferungen und eigene Erfahrungen in seinem Handbuch \"Ars vitraria experimentalis\" zusammen, das bis ins 19. Jh. als wissenschaftliche Grundlage deutscher Glasmacherkunst anerkannt war.
In München vertiefte sich Joseph Fraunhofer (1787-1826), Sohn eines Glasmeisters und gelernter Spiegelmacher, in die Technologie des Glases. Nach mannigfachen Versuchen gelang ihm die Erzeugung von Gläsern für leistungsfähige optische Geräte. Seine Fernrohre und Mikroskope waren berühmt. 1823 wurde er Professor der Physik und später in den Adelsstand erhoben.
1676 entwickelten englische Glasmacher Bleikristall. Durch Zusatz von Bleioxid erhielt man ein Glas von hoher Brillanz und reinem Klang, das sich für reichen Schliff eignete. Auf dem Kontinent setzte es sich erst 100Jahre später durch. Sehr reines Bleikristall diente als Flintglas optischen Zwecken.
Vermehrte Förderung von Stein- und Braunkohle machten die Glashütten vom Holz unabhängig. Die Standorte der Glashütten waren nicht länger an das waldreiche Mittelgebirge gebunden, sondern konnten in verkehrsmäßig erschlossene Gebiete verlegt werden. Der seit Urzeiten benutzte Hafenofen, in dem die Glasrohstoffe in einzelnen keramischen Gefäßen, den Häfen, geschmolzen wurden, reichte für die Massenerzeugung nicht aus. Die Erfindung des Wannenofens mit einem Fassungsvermögen von bis zu mehreren hundert Tonnen ermöglichte die kontinuierliche Fertigung und den Einsatz von Maschinen. Die Ofentechnik wurde durch das Regenerationsverfahren, bei dem die Abluftwärme des Schmelzofens das Heizgas und die Frischluft vor der Verbrennung erhitzt, so dass der Sauerstoff besser genutzt werden und höhere Schmelztemperaturen erzielt werden können. von Grund auf verbessert.Kurz vor 1900 erfand der Amerikaner Michael Owens (1859-1923) die automatische Flaschenblasmaschine, die nach der Jahrhundertwende auch in Europa eingeführt wurde. Etwas später waren Verfahren zur maschinellen Herstellung von Flachglas verfügbar, ohne die der rasch wachsende Bedarf an Bauglas nicht hätte gedeckt werden können. Für den 1851 von Paxton in London zur Weltausstellung erbauten \"Kristallpalast\" wurden 300.000 genormte Glasscheiben als Wandelemente verbaut.
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