Beim elektrochemischen Abtragen wird Werkstoff unter Einwirkung eines Elektrolyten und von
Strom anodisch aufgelöst. Das Werkstück muß demnach elektrisch leitend sein. Der Stromfluß
entsteht entweder durch eine äußere Stromquelle (Elysieren) oder durch örtliche Elementbildung
(elektrochemisch Ätzen, d. i. Metallätzen).
Vorgang:
Das Verfahren beruht auf dem Prinzip der elektrochemischen Auflösung an der Anode.
Bei einer Elektrolyse wandert das im Elektrolyten enthaltene Metall (lon) an die Katode, der Säure-
rest an die Anode.
An der Katode entsteht:
2 Na + 2 H20 wird 2 NaOH + H2
An der Anode entsteht:
2 CI + Fe wird Fe CI2
Daraus wird:
2 NaOH + FeCl2 wird 2 NaCl + Fe(OH)2 1
Weitere Elektrolyte sind NaNO3, KCI, NaOH.
Erkenntnisse:
- Die Katode nutzt nicht ab, ihre Substanz ist unbeteiligt. Sie wird als verschleißfreies Werkzeug benutzt.
- Die Anode geht in Lösung (anodischer Abtrag). Das Werkstück muß also Anode sein. Der Abtrag
ist von der Werkstückhärte unabhängig.
- Wasserstoff wird frei (Explosionsgefahr, elektrische Isolation der Katode durch Gasblasen). Der
Elektrolytlösung wird ständig Wasser entzogen. Dadurch steigen Konzentration und Leitfähig-
keit. Großen Behälter verwenden,
- NaCl wird nicht verbraucht.
- In der Elektrolytlösung (elektrischer Widerstand) wird Wärme frei. Durch die Temperatursteige-
rung steigt auch die Leitfähigkeit. Die Temperatur kann nicht über 100 °C ansteigen, daher
besteht praktisch kein Wärmeeinfluß auf das Werkstückgefüge.
An Elysiermaschinen wird der Elektrolyt oft gekühlt und auf + 1 oC geregelt.
- Größere Mengen Fe(OH)2 (Anodenschlamm) fallen an (1 cm3 Fe entspricht ca. 4 cm3 Schlamm). Also: Elektrolyt ständig reinigen.
- Im Anodenschlamm sind auch giftige Bestandteile enthalten, z. B. Nitritionen und - bei Cr-legier-
ten Werkstücken - Cr6+-lonen. Also: Entgiftung, Vorschriften beachten!
- Die erreichte Rauhtiefe ist gering (0,5 . . . 5 mm, jedenfalls rund 40 . . . 50% der Ausgangsrauheit).
- Durch den Abtrag der amorphen Schicht besteht die Oberfläche des Werkstückes aus dem
kristallinen Grundgefüge.
Anwendung
Entsprechend der Elektroerosion unterscheidet man in Anlehnung an die mechanischen Fertigungs-
verfahren: elektrochemisches, elektrolytisches oder Elysiersenken, -gravieren, -schleifen, -honen,
-drehen, -entgraten usw. Meistens ist nur der Serieneinsatz wirtschaftlich. Elysiermaschinen sind
teurer als normale Werkzeugmaschinen.
Beim elektrochemischen Senken wird das Werkzeug (Katode: Kupfer, Messing, nichtrostender
Stahl) mit einer Vorschubgeschwindigkeit v, in das Werkstück zugeführt. Durch das hohle Werkzeug
wird Elektrolyt mit einem Druck von 10 . . . 25 bar in den Wirkspalt gepreßt. Das ergibt eine
Elektrolytgeschwindigkeit von 10 . . . 50 m/s. Sie ist auch erforderlich, um die isolierenden Gas-
blasen zu entfernen. Bei zu hoher Strömgeschwindigkeit des Elektrolyten entstehen an der Ober-
fläche Riefen. Elektrolytreinigung ist unbedingt notwendig, weil Schlammteilchen zu unerwünschten
Kurzschlüssen und Verstopfungen führen.
Bei großer Bearbeitungsfläche müssen die auftretenden Kräfte berücksichtigt werden! Durch die
Elektrolytzuführungskanäle im Werkzeug ergeben sich im Werkstück Rippen oder Zapfen, die nach- träglich entfernt werden müssen.
Die Abtragrate beträgt für Stahl etwa 2 mm3/(A . min), die Vorschubgeschwindigkeit ist von der Stromdichte A/cm2 (C250) abhängig. Je größer sie ist, desto größer kann auch v sein, oder je größer die Bearbeitungstläche, desto kleiner muß v, sein. Praktische Werte liegen bei 1...10 mm/min je nach Stromdichte, z.B. Stromdichte ~ 180 A/cm2 entspricht v = 2,5 mm/min
BILD 2
Je höher die Vorschubgeschwindigkeit vf und je niedriger die Spannung U sind, desto
kleiner ist der Wirkspalt s und desto größer sind die Abbildungsgenauigkeit und die Ober-
flächengüte.
Nicht nur an der Stirnseite der Katode, sondern auch an der Mantelfläche findet ein dauernder
Werkstückabtrag statt. Dadurch entsteht eine bogenförmige Mantellinie der Bohrung, die eigentlich
achsparallel gewünscht war. Zur Abhilfe wird das Werkzeug außen elektrisch isoliert, und zwar
mit kleinerem Durchmesser, damit der Elektrolyt besser abfließen kann ( Bild 2).
Beim Formentgraten liegt die Bearbeitungszeit unter 1 min, beim Badentgraten (Stromdichte bis
3A/cm2) höher.
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