Das EP gab zwar zu den Maastrichter Verträgen ein positives Votum ab, es machte aber keinen Hehl daraus das es mit der Verteilung der Entscheidungs- und Gesetzgebungskompetenzen nicht zufrieden war. Das Europäische Parlament sah Mängel in folgenden Punkten:
. Der währungspolitischen Autorität steht keine demokratisch ausreichend legitimierte wirtschaftspolitische Autorität gegenüber: im wirtschaftspolitischen Bereich ist das Entscheidungsverfahren auf den Rat abgestellt und weicht damit von den üblichen Entscheidungsprozessen der EG ab.
. Es gibt keine Waffengleichheit zwischen EP und Rat im Gesetzgebungsbereich und damit kein wirkliches Verfahren zur Mitentscheidung des EP.
. Für künftige Änderungen des Vertrages, für Änderungen über die Eigenmittel oder für zusätzliche Bestimmungen über die Unionsbürgerschaft bedarf es nicht der Zustimmung des EP.
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. Entscheidungen bezüglich des Lome´- Abkommens erfolgen weitgehend auf Regierungsebene, während bei anderen Fragen der Entwicklungszusammenarbeit das EP mitwirken kann.
. Aufgrund der großen Vielfalt von gesetzgeberischen Verfahren herrscht der Eindruck von Verwirrung und mangelnder Transparenz vor, was Konflikte über Rechtsgrundlagen vorprogrammiert.
. Der Rat kann einseitig internationale Übereinkommen aufkündigen und Sanktionen ohne Zustimmung des Parlaments beschließen.
. Der Schutz der Grundrechte und der Grundfreiheiten und der Staatsbürgerschaft wird nicht klar verankert; die vom EP verabschiedete Charta der Grundrechte und Grundfreiheiten finden im Vertrag keinen Eingang.
. Aufrechterhaltung des Ungleichgewichts zwischen den beiden Teilen der Haushaltsbehörde, EP und Rat, da nicht alle Ausgaben in den Haushaltsplan einbezogen werden; hierzu zählt insbesondere der Europäische Entwicklungsfonds.
. Keine Änderung der Verfahren für die Benennung der Mitglieder des Gerichts- und Rechnungshofes, um deren Bestätigung durch das EP zu ermöglichen.
. Das EP erhält nicht die gleichen Rechte auf Anrufung des Gerichtshofes und auf Beteiligung an den dort anhängigen Verfahren wie die anderen politischen Institutionen und die Mitgliedstaaten sowie keine Pflicht zu öffentlichen Tagungen für den rat im Gesetzgebungsbereich.
Man sieht, daß die fundamentalen Prinzipien für ein demokratisches Europa weitgehend vernachlässigt worden sind. Das EG- Recht wird also nicht von einem demokratisch vom Volk gewählten Parlament erlassen, sondern von der Kommission und dem Ministerrat in Brüssel.
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