Chruschtschow hatte eigentlich nicht damit gerechnet, eine solche Krise herauf zu beschwören, sondern wollte den Amerikanern etwas "von ihrer eigenen Medizin\" verabreichen: ihn ärgerten die "imperialistische Umkreisung\" der UdSSR, insbesondere die amerikanischen Raketenbasen in der Türkei. Nun sollten auch die USA mit feindlichen Raketen in ihrem Hinterhof leben.
Aber es gab auch andere Motivationen. Kuba sollte als sozialistisches Musterbeispiel für ganz Lateinamerika gelten, das natürlich mit allen Mitteln gestärkt und verteidigt werden musste; insbesondere, weil die USA mit ihrem misslungenen Invasionsversuch in der Schweinebucht 1961 - einem Unternehmen, das von CIA-unterstützten Exilkubanern durchgeführt worden war - bewiesen hatte, wie ernst sie es mit Kuba meint. Sowohl Chruschtschow als auch Fidel Castro rechneten fest mit einer weiteren Landung, die allerdings nicht wieder so stümperhaft durchgeführt werden würde. Die Stationierung von Nuklear-Raketen sollte nun jedem Invasionsversuch vorbeugen.
Dass sich die Auseinandersetzung so dramatisch verschärfte, lag vielleicht auch daran, dass die amerikanische Regierung völlig überrascht wurde: am 11. September zum Beispiel wurde von der sowjetischen Regierung offiziell versichert, dass keine Atomwaffen für Kuba vorgesehen seien, am 19. September lag sogar ein Bericht des amerikanischen Geheimdienstes vor der besagte, dass Kuba als strategischer Stützpunkt der Sowjetunion nicht in Frage käme.
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