5.1 Mitglieder
Die Mitglieder der Ehrenfelder Gruppe setzten sich aus den unterschiedlichsten Motiven für den Widerstand ein. Auch bestand diese Gruppierung nicht nur, aber zu einem großen Teil aus den Jugendlichen der Edelweißpiraten. Allerdings ist die Ehrenfelder Gruppe auch die wohl berühmteste Splittergruppe der Edelweißpiraten, die die effektivsten und meist auch gewalttätigsten Aktionen gegen die NS-Regierung in Köln verrichteten.
Anführer der Ehrenfelder Gruppe war Hans Steinbrück (*12.04.1921), von Beruf Seemann, der in der Widerstandsszene auch als "Bombenhans" bekannt war. Obwohl er von seinen Eltern antifaschistisch erzogen wurde, bemühte er sich um eine Stelle bei der Gestapo, für die er Amtshandlungen vornahm, bevor über seinen Antrag entschieden worden war. Daraufhin wurde er etliche Male verhaftet und floh genauso oft wieder. 1944 gelang ihm schließlich wieder eine Flucht, nach der er in Köln bei der Frau eines Mithäftlings untertauchte, wo er auch andere Flüchtlinge und Ostarbeiter versteckte.
Zwei Mitglieder, deren Motivierung eher zweideutig scheint, waren Wilhelm Kratz (*06.01.1902) und Joseph Moll (*17.07.1903) und somit auch die Ältesten der Gruppe. Beide stammten aus einem eher kriminellen Milieu. Ihre Vorstrafen gingen von Urkundenfälschung über schweren Diebstahl bis zu Hehlerei und Unterschlagung. Sie waren es auch, die der Ehrenfelder Gruppe den Ruf einer kriminellen Organisation gaben.
Im Gegensatz dazu waren allerdings auch politisch motivierte Männer vertreten wie Heinrich Kratina (*15.01.1906) und Peter Hüppeler (*09.01.1913). Beide waren den kommunistischen Ideen sehr zugetan und können mit gutem Recht im Gegensatz zu den meisten anderen Mitgliedern von Anfang an als politische Widerstandskämpfer bezeichnet werden.
Die restlichen Mitglieder des Kerns der Gruppe waren Jugendliche aus der Szene der Edelweißpiraten.
Roland Lorent (*12.03.1920) erschoss am 28.09.1944 den Ortsgruppenleiter Soentgen und war somit auch einer der radikalsten Jugendlichen. Seine Eltern tendierten zur SPD, dadurch genoss er eine antifaschistische Erziehung.
Johann Müller (*29.01.19289) stammte aus einer kommunistischen Familie, deren Auffassungen er ebenfalls vertrat.
Adolf Schütz (*03.01.1926), der aus einer Arbeiterfamilie kam, war Deserteur und stieß so zunächst zu den Edelweißpiraten und dann zur Ehrenfelder Gruppe.
Gustav Bermel (*11.08.1927) floh ebenfalls wegen seiner antifaschistischen Haltung von seiner Stellung als Schanzarbeitern zur Gruppe.
Günter Schwarz (*26.08.1928) war Halbjude und lebte bei seiner Tante, die als kommunistische Funktionärin agierte. In der Kristallnacht am 11.09.1939 erlebte er die Verhaftung seiner Tante und seines Vaters, die später in einem KZ starben. Dieses Schlüsselerlebnis brachte ihn zu den Edelweißpiraten.
Bartholomäus Schink (*25.11.1927) wurde von seinem Vater streng antifaschistisch erzogen und hatte ebenfalls ein Schlüsselerlebnis in der Kristallnacht, in der er beobachtete, wie NS-Männer einen jüdischen Freund umbrachten, was ihn zum aktiven Widerstand gegen den Staat brachte.
Über Franz Rheinberger (*22.02.1927), ebenfalls Mitglied der Edelweißpiraten, lässt sich nur sagen, dass er wie die meisten aus einer armen Familie stammte.
Zusammenfassend lässt sich über die Jugendlichen der Ehrenfelder Gruppe sagen, dass die meisten aus der Arbeiterklasse stammten und entweder schon antifaschistisch erzogen wurden, was in manchen Fällen durch Schlüsselerlebnisse noch verstärkt wurden.
Der feste Kern der Ehrenfelder Gruppe bestand aus dem Anführer Hans Steinbrück und den Edelweißpiraten, das Umfeld der Gruppe bestand aus mehr als 100 Personen.
5.2 Arbeit der Ehrenfelder Gruppe
Die Ehrenfelder Gruppe stand 1944 in Zusammenarbeit mit dem NKFD (Nationalkomitee Freies Deutschland), das politisch sehr stark engagiert war. Unter der Leitung des NKFD wurde die Ehrenfelder Gruppe zu einer organisatorischen Einheit, was im Gegensatz zum unorganisierten Handeln und den einzelnen Aktionen stand. Beide Gruppen wurden ein wichtiger Bestandteil des Kölner Widerstandes. Vor dem Zusammenschluss der beiden Gruppen kam es allerdings zu Verhaftungen der Hauptakteure durch die Gestapo.
Seit September 1944 erwarteten die Kölner den alliierten Durchbruch zum Rhein. Die Ehrenfelder Gruppe wurde in dieser Zeit noch stärker verfolgt als zuvor, da sie durch das Abhören von Feindsendern über Stellungen und Vorhaben der Alliierten, ohne dass dies von den Nationalsozialisten bearbeitet und beschönigt wurde, bescheid wusste und den Vorstoß der Alliierten durch Flugblätter verbreitete.
Der größte bekannte Plan der Ehrenfelder Gruppe war die Verhinderung der Sprengung der Hohenzollernbrücke beim Einmarsch der Alliierten. Durch Zufall gerieten Pläne zur Sprengung in die Hände Hans Steinbrücks, der durch seine Erfahrungen mit Sprengstoff wusste, wie man dieses Vorhaben verhindern konnte. Dieser Plan wurde allerdings nie in die Tat umgesetzt.
Der wohl erniedrigendste Anschlag auf das NS-Regime war die Ermordung des Ortsgruppenleiters in Ehrenfeld Soentgen durch den Edelweißpiraten und auch Mitglied der Ehrenfelder Gruppe Roland Lorent.
Die Arbeit der Ehrenfelder Gruppe bestand aber meist nicht in gewalttätigen Ausbrüchen, die allerdings auch zur Genüge bekannt sind, sondern aus dem Verstecken von politisch und sozial Verfolgten oder Deserteuren.
Zur Widerstandsarbeit lässt sich abschließend sagen, dass die Mitglieder der Ehrenfelder Gruppe nach ihren Möglichkeiten alles taten, um das NS-Regime in Köln zu stören. Dies ging von Beschaffung von Nahrungsmitteln und Waffen auf dem Schwarzmarkt über die Verbreitung von Flugblättern bis zu gewalttätigen Ausbrüchen gegen "aktive Nazis". Doch gerade dieses Spektrum macht es heute schwer über den Widerstand der Ehrenfelder Gruppe zu urteilen, denn einerseits taten die Mitglieder einiges, um die NS-Regierung in Köln zu stören, andererseits schreckten sie dabei auch nicht vor einem Mord zurück, was sie zu Kriminellen macht. Zu meiner Beurteilung dieser Situation komme ich am Ende meiner Arbeit.
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