Europa war schon immer mehr als nur ein Wirtschaftsraum. So verschieden sich seine Nationen auch entwickelt haben, so eng verbunden blieben sie: Sie sind untrennbarer Bestandteil eines gemeinsamen Kontinents, teil einer reichen, wenn auch kriegerischen Geschichte. Vor allem um die Vielfalt der Kulturen und Reichtümer dauerhaft vor Krieg und Zerstörung zu schützen, haben sich die führenden Staatsmänner Europas die politische Einigung der "Alten Welt" zum Ziel gesetzt. Der erste Meilenstein auf dem Weg zu einer engeren Zusammenarbeit der Völker wurde 1952 von Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden mit der Errichtung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) gelegt. Mit einer gemeinsamen Politik im Bereich der Schwerindustrie sollten die ehemaligen Kriegsgegner Deutschland und Frankreich für immer an bewaffneten Konflikten gehindert werden.
Fünf Jahre später, 1957, riefen in Rom die Gründungsmitglieder der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl unter dem Titel "Römische Verträge" die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) ins Leben. Die EWG sah damals umfangreiche Erleichterungen für den zwischenstaatlichen Handel vor, die Idee der politischen Union blieb aber eine Vision. Die Außen- und Sicherheitspolitik etwa wurde auch weiterhin den Mitgliedsstaaten selbst überlassen.
Andere westeuropäische Länder konnten oder wollten selbst an dieser schrittweisen Zusammenarbeit nicht teilnehmen. Sie gründeten 1960 die Europäische Freihandelsassoziation (EFTA), um einerseits untereinander den Freihandel einzuführen und andererseits besser mit der EWG verhandeln zu können. Die weitere Entwicklung sprach allerdings für die Europäische Gemeinschaft, die sich nicht nur auf den freien Verkehr der Waren beschränkte, sondern bald auch erfolgreich eine gemeinsame Zoll-, Handels- und Agrarpolitik betrieb.
Seit den 70er Jahren gab die EG neben den USA und Japan wirtschaftlich den Ton an; alle großen Staaten Westeuropas waren in ihr versammelt und verliehen ihr damit auch politisches Gewicht. Dennoch plagten Wirtschaftsflauten und Befürchtungen, Europa könnte seinen Rang verlieren, die europäischen Politiker. Die Folge war, daß die EG-Behörden 1985 einen Fahrplan für die Weiterentwicklung der Europäischen Gemeinschaft zu einem Binnenmarkt vorlegten.
Mit 1.1.1993 wurde ein Großteil jener Barrieren beseitigt, die den freien Verkehr von Waren, Personen, Kapital und Dienstleistungen innerhalb der EG noch behinderten. Stufenweise wurden Entscheidungsverfahren verbessert und die gemeinsamen Anstrengungen in der Forschung und beim Umweltschutz verstärkt. Die häufigere Anwendung des Mehrheitsprinzips bei Abstimmungen soll die notwendigen Entscheidungen erleichtern. Mit der Übergabe der Beitrittsanträge in Brüssel im Juli 1989 erklärte sich unser Land zur Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft bereit. Die Beitrittsverhandlungen mit Österreich, Finnland und Schweden wurden am 1. Februar 1993 aufgenommen. Die Verhandlungen mit Norwegen folgten im April des gleichen Jahres.
Der im Februar 1992 unterzeichnete Vertrag von Maastricht (Niederlande) über die Europäischen Union hat eine neue Etappe in der Geschichte Europas eingeleitet. Mit diesem Vertrag wurde die EG zur Europäischen Union umgewandelt. Diese umfaßt eine Wirtschafts-, Währungs- und eine politische Union.
Die von den Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft übertragenen Aufgaben werden durch vier zentrale Organe - Rat, Kommission, Parlament und Gerichtshof - wahrgenommen. Die Gesetzgebungs- und Verwaltungsfunktionen teilen sich der Rat und die Kommission, das Europäische Parlament hat nur ein Mitwirkungsrecht bei der Gesetzgebung, legt den Haushaltsplan fest und übt politische Kontrolle aus. Die Rechtskontrolle obliegt dem Gerichtshof. Für die Finanzprüfung der Organe ist der Europäische Rechnungshof zuständig.
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