In der internationalen Literatur über Migrationen finden wir verschiedene Kategorisierungen, Arten, Typen und Periodisierungen der Migrationsbewegungen aus räumlicher und zeitlicher Perspektive sowie in bezug auf die Ursachen der Bewegung. Migrationen können frei oder organisiert sein, durch Gewalt verursacht oder spontan, legal oder illegal, angeregt durch wirtschaftliche und soziale Faktoren, oder durch politische, psychologische usw. Bedauerlicherweise findet man heute noch viele \"mobile\" Albaner als tatsächliche oder potentielle Migranten aller Formen, Typen und Arten. Wir finden sie heute in allen Arbeitsmärkten der Welt, und nicht nur das, die Mehrheit von ihnen - überwiegend junge Leute - streunen auf den Straßen europäischer Metropolen, getrieben hierzu durch die Gewaltpolitik des serbischen Regimes.
Angesichts dieser Situation, und nicht nur wegen der serbischen Okkupation, ist Kosova völlig unorganisiert. Während die Staaten in der Nachbarschaft - Kroatien beispielsweise - ein eigenes Ministerium für Migration haben und mit allen Auswanderern verkehren und Dutzende Publikationen für sie jährlich herausbringen, während Slowenien die Migrationssoziologie als eine selbständige nationale Disziplin entwickelt hat, während Serbien über ein Jahrhundert lang im Rahmen seiner expansionistischen Besatzungspolitik ungeheuerliche Summen in Propaganda investiert hat, um seinen Besitzanspruch auf albanische und andere Territorien zu \"rechtfertigen\", haben die Albaner in diese Richtung so gut wie nichts getan man kann in ihrem wissenschaftlichen und politischen Diskurs den Begriff \"Migrationspolitik\" nicht einmal finden.
Um diese Situation zu überwinden, ist es höchste Zeit die Grundsätze einer gesamtalbanischen Migrationspolitik zu definieren. Diese Grundsätze sollten sich eingangs auf eine bodenständige wissenschaftliche und politische Basis stützen. Sie könnten in etwa folgendermaßen aussehen: Der Aufenthalt und die Beschäftigung der Albaner im Ausland sollte, unabhängig von ihrem Status, vorübergehend sein; eine Kontrolle der Ausgänge sollte verhängt werden, damit diese organisiert verlaufen; während des Aufenthaltes sollte ein effektiver Schutz der wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Lage der Auslandsbeschäftigten gesichert werden; die Ursachen, die die Auswanderung anregen, sollten aufgehoben werden; institutionalisierte nationale Bemühungen für die Schaffung der Bedingungen für die Rückkehr und Reintegration der Arbeiter sollten getätigt werden. Dies bedeutet, daß die Kontrolle in drei Phasen durchzuführen ist (die Etappen der kreisläufigen Migration): Auswanderung, Arbeit und Aufenthalt, Rückkehr und Wiedereinbürgerung. Da sich derzeit über 500.000 Albaner aus Kosova im Ausland befinden, sollte dringend ein Regierungsorgan geschaffen werden - ein Migrationsministerium -, das in kompetenter Weise die Interessen der Migranten je nach ihrem Status schützen würde. Für die ordentlich Beschäftigten sollten die positiven (finanziellen) Effekte maximiert und die negative minimiert werden. Für die jungen Auswanderer des Typs Asylwerber, Flüchtlinge, Illegale usw. sollte mit entsprechenden sachlichen Argumenten und Dokumenten von den internationalen Organisationen erreicht werden, daß sie dieselben Rechte genießen wie ihre Kollegen aus tatsächlichen und potentiellen Kriegsgebieten und aus Diktaturstaaten.
Zur Zeit verfolgen fast alle Regierungen Westeuropas eine restriktive Politik gegenüber Ausländern. Daher sollten sich die Regierungen Kosovas und Albaniens (aus Albanien befinden sich derzeit schon über 300.000 Arbeitsmigranten im Ausland)15 durch entsprechende staatliche Organe um eine Verbesserung ihrer Lage bemühen.
Migration ist kein statischer Zustand, sonder ein lebendiger Prozeß, der sich laufend mit einer bestimmten Dynamik verändert. Um die Entwicklungsstadien der Migration besser verstehen und erklären zu können, muß man sie daraufhin längere Zeit beobachten und untersuchen. Mit der Zeit ändern sich auch die Stereotype der Auswanderer. Der 60er- und 70er-Jahre-Typ des jungen, kräftigen, unausgebildeten, ledigen, aus ländlichen Regionen stammenden Albaners ist nicht mehr der einzige. Heute sind in Westeuropa hochausgebildete Albaner beider Geschlechter, aller Altersgruppen und aus allen Bereichen anzutreffen. Diese Dynamik und die neuesten Migrationsprozesse erfordern, daß man die alten Schablonen, Vorurteile und die Ratlosigkeit bezüglich der Migrationen beiseite legt und die gegebenen Migrationsstrukturen mit wissenschaftlichem Apparat von neuem untersucht. Die Eigenschaften, die die heutigen albanischen Auswanderer determinieren, sind nicht dieselben wie die vor 20 Jahren.16 Das bedeutet, daß es erhebliche Unterschiede zwischen damaligen und jetzigen Auswanderern gibt. Welche sind also die jetzigen albanischen Auswanderertypen?
Der erste Typ ist der Gastarbeiter, der seine Heimat vor Jahren verlassen hat, in Erwartung, dies würde eine vorübergehende Auswanderung sein. Je länger aber der Aufenthalt wurde, desto weniger dachten die Gastarbeiter an Rückkehr. Unter diese Kategorie fallen auch viele Experten und qualifizierte Facharbeiter. Diese Auswanderer sind größtenteils in die Gesellschaft des Arbeitgeberlandes integriert und eine große Anzahl von ihnen hat einen beachtlichen sozialen und wirtschaftlichen Aufstieg erreicht. Ihre genaue Zahl kennt unsere Statistik immer noch nicht.
Der zweite Typ ist ebenfalls der lang gediente Gastarbeiter, der aber zur Rückkehr bereit ist. Seine Rückkehr kann aber nicht sofort erfolgen, sondern wird am wahrscheinlichsten nach der Pensionierung stattfinden. Er kehrt nach der Pensionierung zurück. Auch für diesen Typ gilt dasselbe wie für den ersten Typ bezüglich seines sozialen und wirtschaftlichen Aufstiegs.
Der dritte Typ ist eigentlich die zweite Generation der Auswanderer. Das sind die Gastarbeiterkinder, die sehr jung dazugekommen oder im Ausland geboren sind. Sie wurden im Ausland ausgebildet, waren allen möglichen Einflüssen ausgesetzt und sind in der Gesellschaft des Arbeitgeberlandes vollkommen integriert. Sie denken in der Regel nicht ans Zurückkehren und verhindern auch die Rückkehr ihrer Eltern. Das wichtigste ist, daß ein Teil von ihnen im arbeitsfähigen Alter ist und danach strebt, sich eine bessere soziale und wirtschaftliche Position als die ihrer Eltern aufzubauen.
Der vierte Typ ist jener, der erst vor kurzem einer Beschäftigung im Ausland nachgeht und dessen Bindungen an die Heimat stark sind. Er rechnet damit, daß sein Aufenthalt im Ausland kurz ist.
Der fünfte Typ besteht hauptsächlich aus Jugendliche, die aus politischem und psychologischem Grund zu flüchten gezwungen waren. Sie befinden sich heute in einer sehr prekären Lage.
Und schließlich, der sechste Typ17, zu dem jene Personen gehören, die unsicher sind ob sie den unbekannten Weg der Auswanderung nehmen oder das schwere Leben und die unerträgliche Knechtschaft ertragen sollen.
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