Wahlen sind die wichtigsten Formen von politischer Beteiligung in der deutschen Demokratie. Bei Wahlen allgemein gilt, dass alle Staatsbürger über 18 Jahren wählen und gewählt werden können. Die Wähler wählen unmittelbar Abgeordnete über eine Liste, sodass man nicht erst Wahlmänner wählt, die anschließend die Abgeordneten wählen (indirekte Wahl). Jeder Bürger kann selbst entscheiden ob er wählen möchte, oder nicht. Es gilt also keine Wahlpflicht. Weiterhin darf man keinen Druck auf die Wähler ausüben, damit sie einen bestimmten Kandidaten wählen. Bei Wahlen zählt jede Stimme gleich viel und es bleibt geheim, wer wen gewählt hat, mit Hilfe von Wahlkabinen, Wahlurnen und Stimmzetteln in Umschlägen.
Es gibt zwei verschiedene Wahlsysteme. Die Mehrheits- und die Verhältniswahl. Bei der Mehrheitswahl wird das Wahlgebiet in Wahlkreise aufgeteilt, von denen je ein Abgeordneter gestellt wird. Die Kandidaten, welche die Wahlkreise vertreten wollen, konkurrieren um die Stimmen der Wahlbevölkerung, wobei am Ende derjenige, der die meisten Stimmen bekommen hat, Abgeordneter wird.
Bei der Verhältniswahl stellen die Parteien eine Reihe von Kandidatinnen und Kandidaten auf einer Liste zur Wahl. Die Wahlbevölkerung kann zwischen unterschiedlichen Parteien entscheiden, die entsprechend ihrem Stimmenanteil und aufgrund eines besonderen Berechnungsverfahrens (z.B. Hare-Niemeyer-Verfahren) eine bestimmte Anzahl an Mandaten (Sitze im Parlament) zugewiesen bekommen. Entsprechend der Listenplazierung werden diese dann von den Kandidaten eingenommen. Das Verhältniswahlsystem führt dazu, dass alle Parteien nach ihrer Anzahl von Wählerstimmen im Parlament vertreten sind.
2.1 Bundestagswahlen
Bei der Bundestagswahl verwendet man die Personalisierte Verhältniswahl, welche im Ergebnis der Verhältniswahl entspricht, aber Elemente der Mehrheitswahl enthält. Jeder Wähler hat zwei Stimmen zur Verfügung, die Erst- und die Zweitstimme. Mit der Erststimme kann er Kandidaten einer Partei im Wahlkreis, wovon es 328 gibt und sie somit die Hälfte der Bundestagssitze besetzen, wählen(Direktmandate, nach dem Mehrheitswahlsystem). Mit der Zweitstimme können sie für ihre Parteilisten wählen, damit sich die Anzahl der Bundestagssitzen ihrer Partei nach dem Wahlergebnis richten (Listemandate, nach dem Verhältniswahlsystem). Von den beiden Stimmen ist jedoch die Zweitstimme wahlentscheidend, da sich durch diese Ergebnisse die Anzahl der Sitze erhöhen. Oft entstehen Überhangsmandate, indem in einer Partei mit Hilfe von Direktmandaten (der Erststimme) mehr Kandidaten in den Bundestag gewählt werden, als ihnen nach dem Ergebnis der Zweitstimmen zustehen. Damit die Sitzverteilung im Parlament dem Gesamtergebnis entspricht, werden diese überzähligen Sitze (Überhangmandate) durch zusätzliche Sitze, sogenannte Ausgleichmandate, für die anderen Parteien ausgeglichen. Bei der Verteilung der Sitze im Bundestag werden nur Parteien angenommen, die mehr als fünf Prozent der Zweitstimmen oder mindestens drei Direktmandate der Erststimmen erhalten haben. Diese sogenannte "Sperrklausel" soll verhindern, dass Splitterparteien (Kleinere Parteien die knapp über die fünf Prozent der Zweitstimmen kommen, dadurch dass die Anhänger einer großen Partei die Erstimmen "ihrer" Partei und die Zweitstimme der kleineren Partei geben) in den Bundestag kommen. "Die Mandate werden mit Hilfe vom Hare- Niemeyer- Verfahren verteilt. Dabei werden alle Zweitstimmen einer Partei im Bundesgebiet mit der Zahl der insgesamt zu vergebenen Bundestagsmandaten multipliziert und dann durch die Gesamtzahl aller Zweitstimmen geteilt. Danach wird berechnet, wie sich die Gesamtzahl der Mandate auf die 16 Landeslisten verteilt." ²
2.2 Landtags- und Gemeindewahlen
Bei den Landtagswahlen wird auch die personalisierte Verhältniswahl angewendet, allerdings gibt es unterschiedliche Rechenwege der Stimmen (z.B. gibt es Nordrhein-Westfalen 151 Direktmandate und 50 Listenmandate). Die Legislaturperiode dauert bei den meisten Landtagen fünf Jahre.
Die Grundsätze der Bundes- und Landtagswahlen gelten auch bei den Wahlen der Gemeindevertretern. Die Wahlordnung für die Kreistage und Gemeinderäte haben jedoch andere Bestimmungen. Jeder Wähler kann so viele Stimmen verteilen, wie viele Kreis - und Gemeindetagsmitglieder gewählt werden können und kann diese Stimmen an Kandidaten verschiedener Listen verteilen (Panschieren). Weiterhin kann er den Kandidaten aus verschiedenen Listen bis zu drei Stimmen vergeben (Kumulieren).
2.3 Europawahlen 2004
Aus aktuellem Anlass möchten wir insbesondere hier auch auf die Europawahlen eingehen, die in diesem Jahr am 13. Juni stattfinden werden. Knapp zwei Monate nach der Bundespräsidentschaftswahl steht der nächste große Urnengang an. In allen 25 EU - Mitgliedstaaten werden Mitte Juni die Wahlen zum europäischen Parlament abgehalten. Das EP wird nach diesen Wahlen aus 732 Abgeordneten bestehen, wobei deren Zahl nach Herkunftsländern stark schwankt. Sie reicht von gerade einmal fünf Mandatarinnen aus Malta, über 18 aus Österreich, bis hin zu 99 aus Deutschland. Das Europäische Parlament ist die einzige Institution, auf EU - Ebene, die direkt von den über 450 Millionen Einwohnern gewählt werden kann. Alle anderen Einrichtungen, wie der Europäische Rat oder die Europäische Kommision, werden von den einzelnen nationalen Regierungen oder Parlamenten beschickt.
Die Aufgaben des Europäischen Parlaments sind sehr vielfältig. Grundsätzlich befasst es sich mit fast allen Themen, die auf europäischer Ebene diskutiert und entschieden werden, wie beispielsweise die Budget-Erstellung, europäische Gesetzgebung oder auch völkerrechtliche Verträge. Höchst unterschiedlich ist dabei allerdings der tatsächliche Einfluss, den das Parlament mit seinen Entscheidungen in den einzelnen Fragen hat. Je nach Thema gibt es dabei verschiedene Verfahren, die von reiner "Konsultation" (das Parlament darf eine ansonsten völlig unverbindliche Meinung kundtun) bis hin zu einem "Verfahren der Zustimmung" reichen.
Eine der wichtigsten Aufgaben des Parlamentes besteht weiter darin, seine
² Zitat aus "Die deutsche Demokratie" (S. 34)
Zustimmung zu jeder neubestellten Kommissarin und jedem neubestellten Kommissar zu geben, sowie die Möglichkeit, die gesamte Kommission aus ihrer Funktion zu entlassen. Damit kommt dem Parlament eine wichtige, politische Kontrollfunktion zu, da die Europäische Kommission ansonsten - einmal bestellt - keinem Gremium mehr verantwortlich wäre.
|