Armut alleine macht natürlich noch nicht kriminell. Doch wer keine Lehrstelle und keine Arbeit findet und immer zuschauen müsse, wie sich einige ein ungeschweiftes Leben leisten können ohne sich finanzielle sorgen zu machen- der gerät in Gefahr, sich zu nehmen, was er braucht, auch auf kriminelle Weise. Viele Familien der Fünfzehn- bis Achtzehnjährigen leben von Sozialhilfe. Im selben Zeitraum hat sich die Zahl der Personen, die monatlich netto mehr als 5 000 Euro verdienen, verdreifacht. Familienverhältnisse haben darunter sehr zu leiden und gehen zum Schluss sogar zu Bruch . Soziale wie institutionelle Bindungen lösen sich auf. An den Grenzen der wohlhabenden Zentren wächst die Schicht der Sozialschwächeren. Die Jugendkriminalität ist hier entgegen früheren Annahmen nicht mehr episodenhaft. Sie ist Ausdruck dauerhafter sozialer Ausgrenzung.
Die Zahl der tatverdächtigen jungen Ausländer dieser Bevölkerungsgruppe seit 1993 ist sogar leicht gesunken, weil junge Asylbewerber, seit der Import von Armut durch das neue Asylrecht gestoppt wurde, immer seltener mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Hingegen zeigt sich bei den Aussiedlern, das dort die Kriminalitätsrate der jungen Deutschen extrem angestiegen ist; Russlanddeutsche sind deutsche Staatsbürger. Viele hier aufgewachsene Ausländer werden durch das Staatsbürgerschaftsrecht ausgegrenzt. Kinder aus Einwandererfamilien werden viel häufiger kriminell als deutsche. Je besser die Bildung, desto geringer die Kriminalität. Kinder aus Einwandererfamilien die auf das Gymnasium gehen, geraten nicht häufiger mit dem Gesetz in Konflikt als deutsche. Aber zu wenige gehen dorthin. Die Bildung der Kinder von Einwanderern ist schlechter, sie bekommen schwerer einen Ausbildungsplatz. Arbeit zu haben bedeutet die Chance, gesellschaftlich integriert zu sein.
Wo die soziale Integration junger Menschen gelingt, gibt es weniger Täter. Je mehr aber die sozialen Gegensätze wachsen, desto stärker steigt die Jugendgewalt. Grenzen verschwimmen - junge Menschen verlieren die Fähigkeit, zwischen gut und böse, richtig und falsch zu unterscheiden - oder erwerben sie nie; zugleich sinkt das Vertrauen der Bürger in die Fähigkeit des Staates, sie zu schützen. Wichtig für Zukunft ist es für Gleichgewicht zwischen den einzelnen Schichten zu sorgen.
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