Wir alle haben direkt und indirekt mit dem Mineralöl zu tun. Wir fahren mit einem PKW,
wir brauchen Arzneien, Kosmetika, Haushaltsgeräte aller Art aus Kunststoff, wir brauchen
Mineralöl zur Erzeugung von Wärme und Energie, als Schmierstoff zum Schutz der Maschinen. Überall ist Mineralöl dabei. Es ist zur Zeit aus unserem Leben nicht mehr wegzu=
denken. Doch woher kommt dieser Stoff? Wie entstehen die Produkte, die uns helfen, besser
und bequemer zu leben? Das "schwarze Gold" war schon bei den alten Ägyptern und den Chinesen bekannt. In Ägypten wurden damit zum Beispiel Leichen einbalsamiert, Wagenräder geschmiert und Insekten vernichtet; in China wurde schon vor zweitausend Jahren Erdöl als Brennstoff verwendet. Sogar Pipelines wurden damals schon verwendet: hohle Bambusrohre wurden dazu benutzt, um das gefundene Öl in die Häuser zu leiten. Später
verwendeten auch die Römer das aus dem Boden austretende Erdöl als Heil und Beleuchtungsmittel. Auch im Deutschland des 14. Jahrhundert war Erdöl bekannt. Im heutigen Bayern, in der Nähe des Tegernsees wurde das in kleinen Mengen austretende Erdöl
von den Mönchen unter dem Namen St.-Quirinus-Öl zu Heilzwecken benutzt. Im 15. Jahrhundert beschrieb Marco Polo, Weltreisender und Händler, "Seen absonderlichen Öls" im
persischen Tiefland. Jahrhunderte hindurch wurde das Erdöl in technisch sehr primitiver Form
gewonnen und verarbeitet. Erst mit Beginn der Industrialisierung erkannte man die überragende Bedeutung des Erdöls. Im Jahre 1806 bekam eine Gruppe Petersburger Wissenschafter vom Zaren den Auftrag, eine Probe Erdöl zu analysieren, auf das man bei Bohrungen gestoßen war. Das Urteil war eindeutig: "Erdöl ist eine nutzlose Absonderung der
Erde. Es ist der Natur nach eine schmutzige, übelriechende, klebrige Flüssigkeit, die in keiner
Weise verwendet werden kann." Erst 53 Jahre nach dem Petersburger Test bekam das Rohöl
auch für die Neuzeit seine Bedeutung: Im Bundesstaat Pennsylvania (USA) lachte man 1859
über Colonel Edwin L. Drake, der mit Hilfe einer alten Dampfmaschine begonnen hatte, in der Erde nach Öl zu bohren. Fünf Monate nach Beginn der Arbeiten fand Drake zum ersten Mal in seinem Bohrloch in ca. 67 ft. (=20m) Tiefe eine dicke, schwarze Masse: Erdöl. In Deutschland hatte man bereits im Jahre 1858 - erfolglos - in Wietze bei Celle nach Erdöl gebohrt. Erst im Jahre 1876 konnte die erste systematische Erdölproduktion in Wietze aufgenommen werden. In Amerika betrug bereits mehrere Wochen nach Drakes Fund die Tagesförderung drei Tonnen. Vorerst wurde aus dem "neuen" Stoff nur Petroleum, Schmiermittel und Paraffin für Kerzen erzeugt. Trotzdem witterten Abenteurer, Kaufleute und
Ingenieure ihre Chance: ein wilder Wettlauf um das Erdöl begann. In der Welt nahm die Erdöl-Produktion einen sprunghaften Anstieg. Betrug die Welterdöl-Förderung im Jahre 1860
erst rund 70.000 t, so war sie im Jahre 1900 schon auf 21 Mio. Tonnen angewachsen. Als schließlich der Verbrennungsmotor erfunden war, der Treibstoff und Schmieröl benötigte, wurde die Veredelungstechnik immer weiter verfeinert. In zunehmenden Maße wurden Erdölprodukte zur Erzeugung von Wärme, zum Antrieb von Motoren und zur Herstellung neuer Stoffe verwendet. So kam es schließlich dazu, dass Erdöl heute einer der wichtigsten Rohstoffe überhaupt ist und für die Wirtschaft der einzelnen Staaten größte Bedeutung erlangt hat. Erdöl wird also erst seit 120 Jahren weltwirtschaftlich genutzt; es wurde in den letzten
Jahrzehnten aber vor allem als Energieträger immer bedeutender. Gleichzeitig stieg auch der Anteil als Chemierohstoff, also als Ausgangsprodukt für andere Erzeugnisse wie Farben und
Anstriche, Klebstoffe, Kosmetika usw., so entwickelte sich ein neuer, eigenständiger Industriezweig, die Petrochemie (griech. petros = Fels, Stein; daher Wissenschaft von der chemischen Zusammensetzung der Gesteine). Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte vorerst
noch die Steinkohle vor, die bei der Verkokung zu Steinkohlekoks eine Reihe von Nebenprodukten lieferte, auf deren Basis die verschiedensten synthetischen Stoffe, wie Kunstdünger, Arzneimittel oder Farbstoffe gewonnen wurden. Die zur Zeit bekannten, wirtschaftlich abbaubaren Reserven betragen mehr als 100 Milliarden Tonnen. Da die Weltbevölkerung weiter wächst und die weltweite Technisierung ebenfalls zunimmt, wird das Erdöl immer knapper. Eine ausreichende Versorgung aller Staaten ist ein weltpolitisches Problem, da die Erdölvorräte auf der Erde sehr ungleich verteilt sind und die meisten Länder
stark von Importen abhängig sind. Als man im Jahre 1934 mit der ersten wirtschaftlichen Erdölproduktion in Österreich begann, waren die Bohrkonzessionen fest in ausländischen Händen: die Österreicher fungierten lediglich als Co-Unternehmer in einer schweizerisch-österreichischen Gruppe. Weiters waren eine anglo-amerikanische und eine französische Gruppe an der Erdölexploration und -förderung beteiligt. Von 1938 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges war das deutsche Reich, nach dem Krieg, weil die Produktionsstätten im sowjetischen Besatzungsgebiet lagen, die Sowjetunion Eigentümer des österreichischen "schwarzen Goldes". Erst nach dem Abzug der russischen Truppen 1955 wurde die ÖMV Aktiengesellschaft als eine nationale Ölgesellschaft gegründet, womit Österreich endlich wieder selber über sein Öl verfügen konnte.
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