6.1 Versuche
Im Rahmen dieser Facharbeit sind zwei Klebstoffe exemplarisch für die Vielzahl der unterschiedlichen Arten hergestellt worden:
· für die natürlichen Klebstoffe ein "Kontorleim",
· für die synthetischen Klebstoffe eine Polyacrylatmasse.
Die beiden hergestellten Klebstoffe binden physikalisch durch Verdampfen des Lösungsmittels ab.
6.1.1 "Kontorleim"
Eine sehr bekannte und auch sehr alte Klebstoffart sind die Leime.
Ein "Kontorleim" wird nach folgender Rezeptur hergestellt:
Bestandteile: 10 cm3 Gummi arabicum
1ml Glycerin
2ml verdünnte Ameisensäure
0,6g Al2(SO4)3
Lösungsmittel: 14 ml Wasser
(abgewandelt nach [7], S. 42 - Versuch 8)
Für diesen Versuch ist ein 100 ml Becherglas verwendet worden, zum Umrühren eignet sich ein Glasrührstab.
Zuerst wird das Gummi arabicum im Wasser gelöst, dann werden der Reihe nach das Glycerin, die Ameisensäure und das Aluminiumsulfat hinzugegeben.
Dabei ist zu beobachten, daß die Gummi arabicum-Lösung an sich bereits eine gewisse Klebrigkeit aufweist (vgl. 2.3), die deutlich zunimmt, wenn man Säure dazugibt. Das Glycerin zusammen mit der Säure steigert die Klebrigkeit wiederum. Dies deutet auf eine Veresterung hin, die entweder eine Vernetzung bewirkt, oder durch die sich weitere längerkettige Moleküle bilden, welche eine höhere Klebrigkeit bewirken.
Interessanterweise ist die Rezeptur für diesen Leim ähnlich der einer Kaugummigrundmasse. Kaugummigrundmasse besteht zumeist aus einer 30-50%igen, wäßrigen Kautschuk-Dispersion, der 1%ige Ameisen- oder 0,5%ige Essigsäure zugesetzt wird. Wie beim Leim liegt ein kolloidales System vor. Als Füllstoff, um die uns bekannte Konsistenz zu erreichen, verwendet man CaCO3 und MgCO3. Die dabei verwendeten Kautschukarten sind weniger klebrige Gummimassen wie Latex; aber auch Gummi arabicum ist eingesetzt worden. (lt. S. R. Arthur, Wiedenbauer GmbH & Co. Süßwarenwerk KG, Produktion). Für den Alltag ist dies eine interessante Parallele zum Verständnis der teils hervorragenden Klebewirkung eines Kaugummis unter Schuhen oder Tischen.
6.1.2 Butylacrylat-Klebstoff
Sehr oft verwendete Grundstoffe für synthetische Klebstoffe sind die Polyacrylate. (Ein "Acrylat" ist ein Acrylsäureester.) Die Klebschicht des tesa®-Films beruht z.B. auf diesen Polymeren.
Die Polyacrylatmasse wird nach folgender Rezeptur erstellt:
Monomere: 96% Butylacrylat
4% Acrylsäure
Die Summe der Monomere ergibt 55% der Gesamteinwaage
Lösemittel: 45% Aceton
Initiator: 0,1% Dibenzoylperoxid
(nach einem Vorschlag von C. Grobe, Beiersdorf AG, Anwendungstechnik, BU Fastening Systems)
Nachstehend wird die Synthese beschrieben:
ABBILDUNG 6-1: SCHEMATISCHER VERSUCHSAUFBAU ZUR SYNTHESE EINER GERINGEN MENGE EINER POLYACRYLATMASSE
Der in Abbildung 6-1 gezeigte Aufbau ist nur für kleine Ansätze, wie in diesem Fall mit einem Volumen von ca. 10ml, geeignet. Für größere Mengen muß man den Ansatz im Flüssigkeitsbad, z.B. in Glycerin, erwärmen, da nur so die erforderliche gleichmäßige Temperaturverteilung und dadurch eine gleichmäßige Polymerisation gewährleistet ist.
Die Monomere werden im Aceton gelöst, das in den Erlenmeyerkolben gegeben wird. Um den, wie sich herausgestellt hat, reaktionshemmenden Sauerstoff zu verdrängen, wird der Kolben mit Stickstoff gespült. Nachdem die Temperatur von ca. 60°C erreicht ist, wird der Initiator zugegeben.
Etwa 20 Minuten nach Zugabe des Radikalstarters ist eine deutliche Zunahme der Viskosität zu beobachten.
Da die Reaktionstemperatur oberhalb des Siedepunktes des Acetons liegt, verdampft Lösungsmittel und steigt in den Rückflußkühler. Hier kondensiert es und fließt wieder dem Reaktionsgemisch zu.
Das Lösungsmittel trägt damit zur Entfernung eines Teils der Reaktionswärme (diese Polymerisation verläuft exotherm) aus dem Reaktionsgemisch bei.
Bei dem durchgeführten Versuch ist die Polymerisation nicht vollständig verlaufen, was daran erkennbar war, daß der Klebstoff immer noch den intensiven Geruch des Butylacrylates hatte. Dies liegt zum einen an der thermischen Zersetzung des Initiators. Man sollte daher nach einiger Zeit weiteren Radikalstarter zugeben. Zum anderen kann der vollständige Polymerisationsvorgang bis zu 22 Std. dauern. Bei diesem Versuch wurde der Rührer, die Heizplatte und die Kühlung aber bereits eine ½ Stunde nach Reaktionsbeginn wieder ausgeschaltet.
Acrylate werden sowohl für physikalische als auch für chemisch abbindende Klebstoffe eingesetzt. Dabei gibt es gerade im Hinblick auf die Molekülstruktur und den Reaktionsmechanismus die unterschiedlichsten Möglichkeiten, diesen Klebgrundstoff für verschiedene chemisch abbindende Klebstoffe einzusetzen. Deshalb wird dieser Klebgrundstoff bei den chemisch abbindenden Klebstoffen (6.3) diskutiert.
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