Die Folgen von Essstörungen für den Körper sind je nach Art der Störung sehr unterschiedlich. Das hängt davon ab, ob die jeweilige Störung mit Über- oder Untergewicht verbunden ist und wie stark dieses jeweils ausgeprägt ist. Außerdem zählen auch Folgen der typischen Verhaltensweisen, welche im Verlauf der Essstörung auftreten, wie z.B. Erbrechen und Missbrauch von Abführmitteln.
Störungen der Hunger- und Sättigungsregulation:
Mit der Dauer der Essstörung nehmen diese zu; es gibt keinen normalen Rhythmus mehr für diese Empfindungen. Selbst nach großen Mahlzeiten können Hungergefühle erlebt werden, umgekehrt aber auch nach kleinen Mahlzeiten extreme Sättigungsgefühle auftreten, unter anderem weil sich bei stetiger Unterernährung der Magen verkleinert.
Störungen des Hormonhaushalts und Aussetzen der Regelblutung(Amenorrhö):
Veränderungen im Hormonhaushalt treten schon nach einer geringen Gewichtsabnahme ein und können zu einem unregelmäßigen Zyklus führen. Die Menstruation bleibt aus, da nicht mehr genügend weibliche Hormone produziert werden können. Der Körper arbeitet bei konstanter Abnahme des Körpergewichts sozusagen nur noch auf Sparflamme, sodass keine Schwangerschaft mehr eintreten kann. Bei anhaltenden Essstörungen kann man außerdem ein verfrühtes Einsetzen der Merkmale der Wechseljahre beobachten, wobei 20% der Magersüchtigen ihre Empfängnisfähigkeit gänzlich verlieren.
Herz- und Kreislaufstörungen
Im Verlauf einer Unterernährung kommt es häufig zum Absinken des Blutdrucks (unter 100mmHg), und die Herzaktivität wird langsamer wodurch Schwindel-erscheinungen auftreten. Man hat Pulswerte von bis zu unter 30 Schlägen pro Minute gemessen, was lebensbedrohlich ist und gleichzeitig die häufigste Todesursache ist. Durch Kalium- und Säuremangel entstehen schwere Herzrhythmusstörungen.
Bei stark untergewichtigen Essgestörten schrumpft der Herzmuskel, wodurch ein Missverhältnis zwischen Muskelanteilen und Größe der Herzklappen entsteht. Das Herz ist nicht mehr fähig unter Belastung zu arbeiten, was zu einem plötzlichen Herztod führen kann.
Durch die Mangelerscheinungen, welche durch die Fehlernährung ausgelöst werden, verschiebt sich der Säuregehalt im Blut. Die Funktionen der gesunden Niere und anderer Organe, die Elektrolytkonzentration und den Säure-Basen-Haushalt des Blutes dauerhaft regeln und auftretende Schwankungen auszugleichen, werden häufig stark überfordert.
Nierenschäden und Flüssigkeitseinlagerungen (Ödeme)
Eine wichtige Funktion der Niere ist die Ausscheidung von Giftstoffen, welche z.B. bei der Verdauung von proteinhaltiger Nahrung entstehen und über den Urin abgebaut werden. Andauernder Elektrolytmangel schädigt das Gewebe der Niere. Nach einiger Zeit kommt es zu einer zunehmenden Beeinträchtigung der Nierenfunktion. Um den Elektrolytmangel zu kompensieren, kommt es zu Wassereinlagerungen im Unterhautgewebe, welche im Herzbeutel und im Bauchraum lebensbedrohlich ist. Treten diese Symptome in Verbindung mit einer zu geringen Flüssigkeitszufuhr auf, kann schließlich der Harnsäurespiegel ansteigen und so ebenfalls zu Nierenstörungen führen, wie sie sonst nur von Gichterkrankungen bekannt sind.
Wachstumsstörungen
Beginnt die Essstörung in der Pubertät, treten Wachstumsstörungen auf. Der Körper mitsamt seinen Organen kann sich nicht wie üblich entwickeln, sondern wird durch die Mangelernährung gehemmt. Es folgen Knochenerweichungen (Osteomalazie) und eine Verminderung der Knochengrundsubstanz (Osteoporose) aufgrund eines Mangels an Vitamin D und Kalzium. Knochenbrüche können dann schon nach minimalen Stürzen auftreten.
Magen- und Darmbeschwerden
Durch die stark reduzierte bzw. einseitige (extrem kalorienreiche) Ernährung kommt es zu Verstopfungen (Darmträgheit), weshalb die Erkrankten nach kurzer Zeit "gezwungen" sind Abführmittel zu nehmen.
Durch den Missbrauch von Abführmitteln kommt es zwangsläufig zu weiteren Störungen des Stoffwechsels, die sogar Lähmungen nach sich ziehen können, da lebenswichtige Mineralien und Elektrolyte mit abgeführt werden.
Abführmittel verstärken die vorhandene Darmträgheit und sind in hohen Dosen lebensgefährlich. Bei Bulimiekranken kommt es zu starken Magenschmerzen und in extremen Fällen zu einem Durchriss der Magenwand, da dieser sich durch die zu großen Nahrungsmengen überdehnt. Weiterhin leiden die Betroffenen unter Blähungen und sind sehr anfällig für alle Magen- und Darmerkrankungen.
Speiseröhre, Rachen und Mundraum
Nach dem Erbrechen bei Bulimiekranken kommt es aufgrund der Magensäure häufig zu Sodbrennen und Entzündungen der Speiseröhre.
Aufgrund des selbst herbeigeführten Erbrechens kommt es zu Verletzungen der Wangenschleimhaut. Die Magensäure greift den Zahnschmelz an und verursacht somit Karies und Zahnausfall. Die Speicheldrüsen, insbesondere die Ohrspeicheldrüsen, vergrößern sich erheblich.
Haut, Haare und Nägel
Bei vielen Magersüchtigen verliert die Haut an Elastizität und wird trocken und schuppig. Zum Teil verfärbt sich die Haut an Händen und Füßen bläulich, was auf die schlechte Durchblutung zurückzuführen ist.
Die Nägel werden brüchig, rissig und spröde. Die Haare werden glanzlos und fallen aus. Diese Symptome lassen sich auf das Austrocknen durch zuwenig Flüssigkeitszufuhr und die Mangelernährung (vor allem der Mangel an Vitamin B, Eisen oder Zink) zurückführen.
Frieren
Viele Magersüchtige leiden mit zunehmendem Gewichtsverlust unter ständigem Frieren. Dieses wird durch eine Störung der Temperaturregulation verursacht. Die Körpertemperatur ist häufig niedriger als bei anderen Menschen und kann sich nur langsam an die Temperatur der Umgebung gewöhnen.
Dieses Anzeichen hängt mit der Kreislaufstörung zusammen; es ist eine "Energiesparmaßnahme" des menschlichen Organismus.
Muskelschwäche
Durch die fehlende Energiezufuhr (Kohlenhydrate) werden die Muskeln unterversorgt und bilden sich zurück. Essgestörte bekommen zunehmend Schwierigkeiten bei körperlichen Betätigungen, da ihre Muskulatur schnell ermüdet ist. Weiterhin kommt es zu Verkrampfungen der Muskeln.
|