Nach der Konstituierung der DDR zögerte die Regierung Parlamentswahlen noch
um 1 Jahr heraus, um Parteien, Verwaltung und Justiz stärker in ihrem Sinne
umzugestalten. Auch in der SED galt es, sozialdemokratische Reste zu
beseitigen. Die intensive Schulung und Säuberung wurde in allen Richtungen
kräftig vorangetrieben.
Nach anfänglichem Widerstand seitens der CDU und der LDP erreichte die SED
im Juli 1950 durch erheblichen Druck ihr Ziel: Quoten und Einheitsliste
wurden eingeführt. Danach erhielt die SED 25% der Mandate, die ihr engstens
verbundenen Massenorganisationen bekamen 35%, ihre Filialparteien NPD und
DBP je 5%, CDU und LDP 15%. Als Kandidat wurde nur aufgestellt, wer an
seiner Zuverlässigkeit keinen Zweifel ließ. Das führte zu einem
weitgehenden Personalwechsel und zu einem gefügigen Parlament.
Bei der Wahl wurde 1950 eine relativ offene Abstimmung praktiziert. Die
Wahlbeteiligung betrug 99,7% und die Einheitsliste erhielt 99,7% der Stimmen.
Die Volkskammer der DDR tagte nur selten, freie Diskussionen fanden nicht
statt. Das Parlament war reine Fassade.
Der öffentliche Dienst wurde in hohem Maße von der SED durchdrungen; schon
`48 konnte keine wichtige personelle Entscheidung ohne sie getroffen
werden. Immer mehr Beamte traten so der SED bei.
Binnen kurzer Zeit wurde die DDR zu einem völlig auf die Ziele der SED
ausgerichteten und straff von ihr beherrschten Staat umgewandelt.
Innerhalb der Partei gewann der Generalsekretär Ulbricht zunehmend an
Macht. Nach dem schnell niedergeschlagenen Aufstand am 17./18. Juni 1953,
der ursprünglich der Arbeiterschaft entsprang, aber schnell
allgemeinpolitischen Charakter annahm, wurden zahlreiche Opponierende wegen
Fraktionsbildung ausgeschaltet und Ulbricht beherrschte nun die Partei
unangefochten.
Die ab `58 schwelende Berlinkrise und die Kollektivierung der
Landwirtschaft förderten die Neigung zur Flucht in der Bevölkerung. Die DDR
sah sich wegen Massenabwanderungen gezwungen, 1961 durch den Mauerbau den
Staat nach westen abzuriegeln.
Im Mai 1971 trat der fast 78jährige Ulbricht zurück und schlug Erich
Honecker als seinen Nachfolger vor. Nun galt der Grundsatz der
Kollektivität für die Entscheidungen der Partei auf allen Ebenen, die
verstärkte Verbindung mit der UdSSR und eine noch stärkere Einbettung in
das von der Sowjetunion geführte sozialistische Staatensystem.
Der Sozialismus wurde als Zukunft der ganzen deutschen Nation bezeichnet;
die Übertragung auf den Westen sollte in einem friedlichen Wettbewerb
erreicht werden ( Grundsätze und Ziele 1946).
Neben der SED mit ihren um 1955 ca. 1,4 Mio. und zu Beginn der `70er etwa 2
Mio. Mitgliedern (Tendenz steigend) spielten die anderen Parteien in der
DDR nur eine periphere Rolle. Sie hatten die Aufgabe, die Ziele des
Staates, also die der SED, in den von ihnen betreuten Bevölkerungskreisen
zu verdeutlichen und damit zu fördern. Seit der Gleichschaltung 1950 waren
sie zu völliger Loyalität bereit.
Entsprechend ihrer geringen Bedeutung war die Mitgliederzahl der ehemals
bürgerlichen Parteien in den `50er und `60er Jahren sehr niedrig und lag
deutlich unter 100 000. Sie nahm in den `70ern aber wieder zu und stieg im
folgenden Jahrzehnt noch stärker auf mehr als 100 000 an. Ein Parteibuch
hier erlaubte es, nicht Mitglied der SED werden zu müssen.
Gegen Ende der `70er verstärkte sich die Protestbereitschaft und
Unzufriedenheit der Bevölkerung, die ökologischen Probleme wurden immer
unübersehbarer und die Friedensbewegung fand auch in der DDR Resonanz. Es
bildeten sich oppositionelle Kreise, häufig im Schutz der Kirche, und es
kam zu Demonstrationen, zuerst im Februar 1982 in Dresden, `83 in Jena und
Berlin.
Die Regierung suchte sich Erleichterung zu schaffen, indem sie mehr
Ausreisegenehmigungen erteilte (Höhepunkt `84). Im Juni 1987 gab es in
Berlin, im Februar `88 in Dresden Zusammenstöße zwischen Polizei und
Demonstranten.
Im Jahre 1989 spitzte sich die Entwicklung schnell zu. Ungefähr 10-20% der
Wähler befolgten Aufrufe, sich von Kommunalwahlen fernzuhalten oder mit
nein zu stimmen und die Auszählungen zu beobachten. Im offiziellen Ergebnis
fand das keinen Niederschlag, was einen wochenlangen Streit,
Vertrauensschwund in die Partei und eine enorme Zahl von Parteiaustritten
nach sich zog. Die SED geriet völlig in die Defensive, Massenabwanderungen
trugen zur Destabilisierung des Regimes bei.
Mitte des Jahres gab es etwa 500 Oppositionsgruppen. Die Bürgerbewegungen
forderten Gerechtigkeit, Demokratie und Frieden, sowie Schutz und Bewahrung
der Natur.
Anfang Oktober kam es zu friedlichen Massendemonstrationen, die eine Welle
politischer Ereignisse zur Folge hatten.
Am 18. Oktober trat Honecker zurück; Egon Krenz wurde sein Nachfolger. Kurz
darauf trat auch der Ministerrat zurück, die Mauer war geöffnet (9. Nov.),
erste Gespräche zwischen SED und den Oppositionsgruppen kamen in Gang; CDU
und LPD lösten ihre enge Bindung an die SED und die Volkskammer strich den
Führungsanspruch der SED aus der Verfassung.
Anfang Dezember trat die gesamte Parteiführung zurück. Auf dem Parteitag
15./16.12. beschloss die Partei (jetzt SED/PDS) eine
marxistisch-leninistische Linie. Die alte Führungsstruktur wurde
aufgehoben, ebenso das Fraktionsverbot; die geheime Wahl aller
Funktionsträger wurde vorgeschrieben, was zu innerparteilicher Demokratie
führen sollte. Gysi wurde zum neuen Vorsitzenden gewählt.
Bis zu den Volkskammerwahlen im März `90, die ganz im Zeichen der deutschen
Einheit standen (am Wahlkampf hatten Westparteien entscheidenden Anteil),
organisierten und reorganisierten sich zahlreiche Parteien.
Die Wahl ließ schließlich erkennen, dass das Parteiensystem des
wiedervereinigten Deutschland dem der alten BRD entsprechen würde freilich
mit regionalen Besonderheiten in den neuen Bundesländern wie einer Partei
links von der SPD, der PDS, oder einer der CSU befreundeten Gruppe, der
DSU. Für das Bündnis 90, das sich so großen Anteil am Ingangkommen der
Herbstrevolution zuschreiben durfte, war das Ergebnis (2,8%) sehr
enttäuschend. Die PDS dagegen durfte zufrieden sein, da sich immerhin jeder
sechste Wähler für sie entschieden hatte (16,4%).
Noch vor der formellen Wiedervereinigung Deutschlands fusionierten die
jeweils entsprechenden Parteien in Ost und West. Die ersten Gesamtdeutschen
Wahlen wurden auf den 2. Dezember angesetzt.
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