1. geschichtlicher Ursprung der Lehre vom gerechten Krieg
- Antike: Aurelius Augustinus; Begründer der Theorie
- Mittelalter: Thomas von Aquin; Weiterentwicklung
- Frühe Neuzeit: Neoscholastiker der Schule von Salamanca; Weiter-
entwicklung
2. Inhalt der Lehre vom gerechten Krieg
Gerechter Krieg = lat. bellum iustum
Lehre vom gerechten Krieg: Ethische Theorie, die Prinzipien für die normative Beurteilung zwischenstaatlicher Gewaltanwendung enthält.
Recht zum Krieg (jus ad bellum) Recht im Krieg (jus in bello)
¬ legitime Autorität ¬ gerechter Grund ¬ gerechte Absicht ¬ letztes Mittel ¬ (begründete Hoffnung auf Erfolg)
¬ Verhältnismäßigkeit der Mittel ¬ (Unterscheidung von Kombatanten und Nichtkombatanten)
Die allgemeinen Prinzipien des gerechten Krieges sind auf 5 beschränkt worden, doch je nach Umstand variieren die Argumentationsansätze.
Ein Krieg ist dann gerechtfertigt, wenn
. er auf der Entscheidung einer legitimen Autorität beruht.
. ein berechtigter und schwerwiegender Grund vorliegt.
. damit eine moralisch gute Absicht verfolgt wird.
. er die allerletzte Alternative darstellt.
. die durch den Krieg verursachten Übel in einem angemessenem Verhältnis
zu den mit ihm angestrebten Zielen stehen.
3. Fallbeispiel
Ist der Irak-Krieg ein gerechter Krieg?
"Doch bin ich als Theologe aus Überzeugung gegen diesen Krieg. Nach klassischer theologischer Lehre müssen sechs Kriterien erfüllt sein, um einen Krieg zu rechtfertigen.\"
SPIEGEL: Und das sind?
Küng: Das erste Kriterium ist der gerechte Grund. Eine bloß im Entstehen vermutete Bedrohung ist eben kein Kriegsgrund. Ein Präventivkrieg auf Verdacht hin ist völkerrechtswidrig und unmoralisch.
Das zweite Kriterium ist die ehrliche Absicht. Beseitigung der Massenvernichtungswaffen? Nein, jetzt sogar Regimewechsel. In Wirklichkeit wollen sie im Nahen Osten ihr Konzept eines weltweit agierenden US-Imperiums durchsetzen.
Drittes Kriterium ist die Verhältnismäßigkeit. Man kann doch nicht wegen der Beseitigung eines menschenverachtenden Diktators eine humanitäre Katastrophe mit Tausenden Toten und Hunderttausenden Flüchtlingen in Kauf nehmen. Wenn sie schon Saddam Hussein stürzen wollen, dann müssen sie mindestens ebenso gegen Kim Jong n in Nordkorea vorgehen, der im Grunde viel gefährlicher ist.
SPIEGEL: Und Ihre restlichen drei Kriterien?
Küng: Das vierte ist die bevollmächtigte Instanz. Das ist, nachdem niemand angegriffen wurde und auch keine unmittelbare Bedrohung besteht, allein der Weltsicherheitsrat. Fünftens muss der Krieg Ultima Ratio sein, das letzte Mittel, um ein Übel zu beseitigen. Es lässt sich aber nicht bestreiten, dass eine Eindämmung Saddams ohne Krieg möglich wäre, mit einem genauen Zeit- und Arbeitsplan für die Uno-lnspektoren und ständiger Überwachung.
Und schließlich Kriterium Nummer sechs: Das internationale Völkerrecht muss eingehalten werden. Nach den Erfahrungen des Afghanistan-Kriegs besteht keine Garantie, dass die Amerikaner die humanitären Regeln achten. Siehe die menschenunwürdige Behandlung der Kriegsgefangenen in Ketten und Käfigen in Guantanamo auf Kuba. Amerikanische Soldaten sollen beim Massenmord an etwa 3000 Kriegsgefangenen durch afghanische Truppen anwesend gewesen sein. Alle sechs Kriterien müssen erfüllt sein, um einen Krieg zu rechtfertigen. Faktisch ist kein einziges erfüllt. Krieg gegen den Irak ist daher unmoralisch.
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