Die Deutschen fürchten sich vor der Billigkonkurrenz im Osten - doch übersehen die Chancen der neuen Europäischen Union
1. Seit dem 1. Mai ist die Europäische Union an ihrer Ostgrenze erweitert. Die Grenzen sind verschwunden, doch die Zustimmung der Bundesbürger ist gesunken . Im vergangenen Herbst hielten noch 65 Prozent der Deutschen die Osterweiterung für eine gute Sache, im Februar waren es bloß noch 57 Prozent.
2.Und nicht nur die allgemeine Stimmung über die Osterweiterung ist gesunken sondern auch der glaube an einen festen Arbeitsplatz.
Werden heimische Handwerker noch eine Chance haben gegen Billigkonkurrenz aus Ungarn oder Tschechien?
Nach einer Umfrage des Münchner Ifo-Instituts vom November erkennt nur jeder dritte deutsche Manager in der Osterweiterung eine Chance, für fast 40 Prozent von ihnen dominieren die negativen Auswirkungen; der Rest weiß nicht, was er davon halten soll.
Sogar die Bundesregierung bleibt vorsichtig. Auf eine Anfrage der Unionsfraktion zu den Chancen und Risiken der Osterweiterung kamm die Antwort in dem vagen Satz: "Die Auswirkungen dürften insgesamt positiv sein."
Betrachtet man diese Zeile sieht man wie wenig die Arbeiter der neuen Eu-Länder pro Stunde verlangen. Dies wird sich auf die Anzahl freistehender billig Jobs auswirken. (Diese Zahlen stammen aus 2002. dies wird sich aber nicht allzu sehr verändert haben)
Die unmittelbaren Nachbarn Deutschland und Österreich vermuten ,dass ein Heer von billigen Arbeitern ins Land strömen wird und fürchten sich vor Lohn- und Sozialdumping. Dazu nahm Kommissionspräsident Romano Prodi Stellung und sagte"Solche Ängste werden sich nach dem 1. Mai als unbegründet erweisen"
In den vergangenen zehn Jahren ist der Handel zwischen den Kandidaten und der Union jedes Jahr mit zweistelligen Raten gewachsen - und das in beide Richtungen. Da Zölle und anderer Handels-einnahme-quellen frühzeitig abgebaut wurden, gehen heute schon über zwei Drittel der Warenexporte aus den zehn Beitrittsländern in die EU. Fast überall ist Deutschland dabei die Nummer eins.
Heute schon, so die Schätzung des Wirtschaftsministeriums in Berlin, hängen 100.000 deutsche Arbeitsplätze vom Osthandel ab.
Ostdeutschland mit seiner schwachen Wirtschaftsstruktur und der horrenden Arbeitslosigkeit dürfte erst spät von der Erweiterung profitieren.
Erfahrungsgemäß profitieren Grenzzonen beträchtlich vom Handel - allerdings nicht sofort.
Dazu sagte Klaus F. Zimmermann, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin "Langfristig ist die Öffnung nach Osteuropa ein Wachstumsprogramm".
Und für Deutschland, versichert Wirtschaftsminister Wolfgang Clement. "Es wird Wachstumsgewinne geben, das kann ein richtiger Konjunkturschub werden."
3.West gegen Ost - ist das das Thema über welches in der EU künftig debattiert wird? Auf der einen Seite stehen die Chancen für den Osten, der noch viel aufzuholen hat, auf der anderen die Risiken für den Westen, der die Zukunft seiner Nachbarn alimentiert (bezahlt, Unterhalt)? (weiß jemand nicht was alimentiert heißt?)
Die zehn neuen Mitglieder haben einen Anspruch auf Teilhabe an den europäischen Geldtöpfen. Das ist schließlich eine der großen Attraktionen einer EU-Mitgliedschaft. Agrarfonds, Strukturfonds, Sozialfonds - hier herscht die organisierte Solidarität der Europäer. Bis auf Zypern und Malta sind alle Kandidaten für erhebliche Zuschüsse.
Die finanzielle Belastung für die Altmitglieder durch die Osterweiterung hält sich in Grenzen. Der für den Zeitraum 2002 bis 2006 gültige Finanzrahmen der EU, der ursprünglich nur mit sechs Beitrittsländern rechnete, blieb unangetastet, als daraus zehn wurden.
Bis 2006 werden von den rund 100 Milliarden Euro des EU-Haushalts etwa 15 Prozent für die zehn neuen Mitgliedstaaten abgezweigt. Zieht man die Beiträge der Neuen zum EU-Haushalt ab, bleiben als Kosten der Erweiterung rund zehn Milliarden Euro im Jahr übrig.
Doch für die Jahre danach wird es dann richtig teuer, wenn die Brüsseler Kommission das durchsetzt was sie geplant hat. Sie will den EU-Haushalt auf 150 Milliarden im Jahr 2013 ausweiten. Deutschland als größter Finanzier müsste die Hauptanteil zahlen. Dazu sagt der Europa-Abgeordnete und stellvertretende CSU-Vorsitzende Ingo Friedrich "Diese Ausweitung ist unerträglich".
Er forderte die Kommission auf, "bei ihrer Finanzplanung nicht völlig an der Realität vorbeizusteuern".
Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder teilt diese Meinung:" Wir geben nichts. Wer am Ende wie viel in die Kassen zahlen wird, ist völlig offen. Sicher ist nur, dass es ein böses Hauen und Stechen geben wird. Keines der großen Mitgliedsländer wird freiwillig mehr Geld in Brüssel abliefern. Möglicherweise bleibt nur die Umverteilung der Ausgaben, um Geld für die Neuen locker zu machen. "
Allein Polen mit seiner großen Landwirtschaft hat einen Anspruch darauf, ab 2007 aus dem EU-Agrarfonds 4,5 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts zu beziehen
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