Christoph Chorherr, Bundessprecher der Grünen
1986 herrschten andere Rahmenbedingungen: Das jahrzehntelang kultivierte \"Gleichgewicht des Schreckens\" vermittelte Stabilität und eine eindeutige Entscheidung zwischen Gut und Böse. \"Hainburg\" lag erst zwei Jahre zurück, Zwentendorf war noch nicht Geschichte. Die ökologische Frage stand plötzlich im Zentrum der Aufmerksamkeit. Die Bildung einer Großen Koalition war die logische Antwort nach dem Scheitern von Rot-Blau - und irgendwie schien Klarheit darüber zu bestehen, wohin die politische und wirtschaftliche Reise geht.
Heute hat sich das Umfeld völlig geändert. Die soziale Frage meldet sich mit ungeheurer Brisanz zurück. Österreich ist mit Arbeitslosenzahlen konfrontiert, die man zuvor für unmöglich gehalten hätte. Unsicherheit, Angst und wachsende Ablehnung des politischen Establishments prägen die Stimmung im Land. Eine \"Antwort\" auf die rot-schwarze Stagnation scheint klar: Ausgrenzung, Zahltag und Abrechnung. Eine in Österreich nicht unbekannte reaktionäre Grundströmung präsentiert sich in neumodischem Gewand.
Wir Grüne haben zwei Jahre Zeit, moderne und flexible Modelle dagegenzuhalten: Intelligente Arbeitszeitverkürzung, öko-soziale Steuerreform, Bildungsoffensive und ein klares politisches Konzept gegen den neoliberalen Angriff auf Sozialstaat und Politik. Und vor allem: Der klar erkennbare Wille zur Gestaltung.
Wenn es uns gelingt, die Grünen als starke ökologische und soziale Kraft der Modernisierung zu positionieren und auch die Herzen der Menschen zu erreichen, wird uns der Durchbruch gelingen. Andernfalls droht zwischen den drei Blöcken SP, VP und F die Marginalisierung. Denn zurecht werden die Menschen vor den nächsten Wahlen fragen, wer dieses Land führen soll und führen kann. Für mich ist klar: Entweder wir Grüne oder Jörg Haider bestimmen den Kurs der nächsten Regierung.
|