1. Gewinnung, Struktur und Eigenschaften
1.1 Name
Cyclodextrine sind ringförmige Abbauprodukte von Stärke. Es gibt verschiedene Namensgebungen für Cyclodextrine, man nennt sie beispielsweise nach dem Stärkebestandteil Amylose "Cyclo-amylosen" , "Cycloglucane" oder nach ihrem Entdecker"Schardinger-Dextrine". Die drei häufigsten Cyclodextrine sind α-Cyclodextrin mit 6, β-Cyclodextrin mit 7 und γ-Cyclodextrin mit 8 Glucoseeinheiten (Abb.1).¹
Abb.1 Strukturen der Cyclodextrine¹
1.2 Geschichtliches
Cyclodextrine wurden zuerst 1891 von Villiers isoliert und im Jahr 1903 charakterisierte Schardinger sie als cyclische Oligosaccharide. Zwischen 1911 und 1935 forschte der Deutsche Pringsheim an den Cyclodextrinen und fand heraus, dass diese in wässrigen Lösungen stabile Komplexe mit anderen Substanzen bilden. Die Molekulargewichte der Cyclodextrine wurden erst 1950 von Freudenberg und Cramer bestimmt. Vorerst erkannte man ihren großen technischen Nutzen noch nicht. Die unzähligen Anwendungen, die durch diese Stoffe erschlossen wurde, sind das Produkt aus 30 Jahre Forschung.¹
¹ Gröger, M.; Woyke, A.; Kretzer, E. K. (2002) S. 28
1.3 Gewinnung
Cyclodextrine erhält man durch enzymatischen Abbau von Stärke. Dabei wird eine Windung der Stärke-Helix enzymatisch heraus geschnitten und anschließend werden die Enden erneut zu einem Oligosaccharid mit 6 bis 8 Glucoseeinheiten verknüpft (Abb.2).¹ Diese dafür benötigten Enzyme heißen Cyclodextrin-Glycosyltransferasen (CGTasen). Mit der zuerst entdeckten, aus einem Bazillus stammenden Bacillus macerans CGTase erhält man ein Gemisch von α-, β- und γ- Cyclodextrin, wobei in diesem Gemisch β-Cyclodextrin mengenmäßig überwiegt. Aus der Tatsache, dass eine Windung der Stärke-Helix aus 6 bis 7 Glucoseeinheiten besteht, ergibt sich diese vorwiegende Ringgrößenbildung. Zudem können Ringe, die aus weniger als 6 Glucose-einheiten bestehen, aus sterischen Gründen nicht gebildet werden. In der Literatur wurden bisher Cyclodextrine mit 9 bis 17 Glucoseeinheiten beschrieben. Diese höheren Homologe können zwar auch synthetisiert werden, lassen sich aber kaum mehr auftrennen und zeigen zudem schlechtere Komplexierungseigenschaften.²
Abb.2 Schematische Darstellung der enzymatischen Wirkung der CGTasen ³
¹ Internet-Adresse von Immel: siehe Linkliste im Anhang.
² Gröger, M.; Woyke, A.; Kretzer, E. K. (2002) S. 28
³ Reader Cyclodextrine: siehe Linkliste im Anhang
1.4 Struktur
Die Glucoseeinheiten der Cyclodextrine sind α-1,4-glykosidisch verknüpft, das bedeutet, dass jeweils das 1. C-Atom des einen mit dem 4. C-Atom des nächsten α-Glucosemoleküls über ein Sauerstoffatom verbunden ist. Die Moleküle der Cyclodextrine sind in der "Sessel"-Form angeordnet (Abb.3). Dabei sind die "Sitzflächen" des "Sessels" in etwa parallel zur Achse des Cyclodextrins.¹
Abb.3 α-D-Glucose-Molekül in der "Sesselkonformation" ²
Im unteren Teil des Cyclodextrinmoleküls befinden sich die Ring-Sauerstoffatome, die C5-Atome der Glucosemoleküle und die primären Hydroxygruppen. Der obere Teil wird durch die Kohlenstoffatome 2 und 3 der Glucosemoleküle mit den sekundären Hydroxygruppen gebildet. Auf der unteren Seite, wo sich die primären Hydroxygruppen befinden, ist der Innenraum durch deren freies Rotieren enger. Dies führt durch diese Anordnung zu einer kegelstumpfförmigen Gesamtstruktur des Cyclodextrinmoleküls und daher wird die Molekülstruktur bzw. das Molekül selbst auch als Konus bezeichnet. Da die nicht bindenden Elektronenpaare der glykosidischen Sauerstoff-Brückenatome nach innen zeigen, verleiht dies dem Innenraum eine hohe Elektronendichte.³ Die Hydroxylgruppen sind an den Rändern des Cyclodextrins angeordnet, deshalb ist der Hohlraum im Inneren hydrophob (Wasser abstoßend, nicht in Wasser löslich), während der äußere Bereich hydrophil (Wasser anziehend, in Wasser löslich) ist (Abb.4).4
¹ Internet-Seite von Ritter: siehe Linkliste im Anhang
² Reader Cyclodextrine: siehe Linkliste im Anhang
³ Gröger, M.; Woyke, A.; Kretzer, E. K. (2002) S. 29
4 Der Brockhaus multimedial (2004)
Abb.4 Schematische Darstellung des molekularen Aufbaus der Cyclodextrine 1
Auf Abbildung 5 werden einige Daten zu den Molekülabmessungen angegeben. Auffällig ist hierbei, dass die Hohlraumhöhe bei allen drei Cyclodextrinen gleich groß ist und dass alle restlichen Größen, von α- bis γ-Cyclodextrin gesehen, ansteigen.
Abb.5 Molekulare Größen von Cyclodextrinen ²
1 Gröger, M.; Woyke, A.; Kretzer, E. K. (2002) S. 29
² Reader Cyclodextrine: siehe Linkliste im Anhang
1.5 Eigenschaften
Cyclodextrine werden in sauren Medien, deren pH-Wert kleiner als 3 ist, hydrolisiert und bleiben dagegen in alkalischen Lösungen stabil. Ihre Schmelzpunkte sind nicht klar definierbar. Über einer Temperatur von 200° beginnen sie sich zu zersetzen. Aufgrund der hydrophilen Hülle sind sie relativ gut wasserlöslich. Die Löslichkeiten der Cyclodextrine steigen mit der Temperatur an.1 Die Tabelle (Abb.6) zeigt einige Eigenschaften der Cyclodextrine im Vergleich auf. Dabei zu beachten ist die geringe Wasserlöslichkeit von β-Cyclodextrin.
Abb.6 Tabelle mit einigen Eigenschaften der Cyclodextrine ²
Die Wasserlöslichkeit von β-Cyclodextrin ist deshalb so gering, da an den 2. und 3. C-Atomen benachbarter Glucoseeinheiten Wasserstoffbrückenbindungen gebildet werden wodurch diese Hydroxygruppen in wässriger Lösung nicht mit Wassermolekülen wechselwirken. Dies führt zu einer deutlich geringeren Wasserlöslichkeit als die der anderen zwei Cyclodextrine.1
1.6 Derivate
Durch Derivatisierung lassen sich verschiedene Eigenschaften, wie z.B. die Wasserlöslichkeit oder die Reaktivität, verbessern, d.h. die Cyclodextrine werden chemisch verändert. In allen Fällen reagieren die Hydroxylgruppen zu Estern bzw. Ethern. Ein Derivat von β-Cyclodextrin namens Me-β-CD beispielsweise löst sich bei 25° 150mal mehr als unverändertes β-Cyclodextrin. In der Tabelle (Abb.7) sind einige Derivate mit besonderen Eigenschaften aufgelistet.
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