Seite 1/3 Joghurt 24.02.05 Milch ist ein wertvolles Nahrungsmittel ? und kein Durstlöscher. Mit ihrem hohen Energie- und Nährstoffgehalt ist sie eher ein gesunder Drink. Besonders Eiweiß und Kalzium heben sie von anderen Lebensmitteln ab. Mit Milch kann der tägliche Kalziumbedarf gedeckt werden.
Schulkinder müssten dazu einen halben und Jugendliche einen dreiviertel Liter Milch trinken. Ein Erwachsener deckt mit nur einem halben Liter Milch 70% seines Kalziumbedarfs. In westlichen Ländern wird für Milchprodukte nahezu ein Drittel des gesamten Budgets für Lebensmittel ausgegeben, wobei 95% des weißen ?Rohstoffs? von Kühen stammen. Die Milch von Schafen, Ziegen, Stuten oder Büffeln spielt allenfalls regional eine Rolle. Um der enormen Nachfrage zu entsprechen, hat sich eine Hochtechnisierte Milchindustrie entwickelt, samt intensiver Stallhaltung, vollautomatischen Melkmaschinen, importiertem Kraftfutter, Masthilfsmitteln, Antibiotika gegen drohende Infektionen sowie viel Chemie zur Verbesserung der Stallhygiene. Beeindruckend ist auch die Vielfalt, in der Milchprodukte ins Glas oder auf den Teller kommen können: Buttermilch, Kefir, Joghurt, Käse, Butter, Quark und Sahne sind nur einige Beispiele. Joghurt Das Milcherzeugnis aus dem Alpenland schmeckt zu fast jeder Mahlzeit: im Frühstücksmüsli, als erfrischendes Mixgetränk, in der fein-säuerlichen Kräutersoße und den verschiedensten Salaten oder eher süß als fruchtige Joghurtcreme oder in üppigen Torten mit lockerer Joghurt-Obst-Füllung. Zwölf Kilogramm Joghurt kommen bei den Bundesbürgern jedes Jahr durchschnittlich auf den Teller. Vor dem Genuss steht der Einkauf. Ökologische, gesundheitliche und geschmackliche Gesichtspunkte sind für die Auswahl entscheidend. Joghurt wird aus pasteurisierter Milch (oder Sahne) hergestellt - üblicherweise mit standardisiertem Fettgehalt und homogenisiert. Vor der Säuerung kann die Milch eingedickt werden, indem Wasser entzogen oder Trockenmilchpulver zugegeben wird. Damit wird ein stichfester Joghurt erreicht. Auch der Zusatz von Milcheiweiß hat einen ähnlichen Effekt - ist allerdings nur bei den weniger hochwertigen Joghurterzeugnissen erlaubt. Nun kommen die Joghurtkulturen dazu und fermentieren die Milch für zwei bis vier Stunden bei Temperaturen zwischen 42 und 45 Grad. Dies geschieht entweder im großen Joghurttank - für Trink- oder Fruchtjoghurt - oder auch bereits in den Verkaufsbehältnissen. Danach werden gegebenenfalls andere Zutaten untergemischt, abgefüllt und gekühlt. Wird das Produkt nach der Fermentation auf über 50 Grad erhitzt, dann sterben die Bakterien ab und es bleibt länger haltbar. Gleichzeitig muss ein Verdickungsmittel zugegeben werden, da sich sonst Flüssigkeit abtrennen würde. Solche Ware wird mit dem Hinweis \'wärmebehandelt\' und dem Bindemittel gekennzeichnet. Die vorteile des Joghurts auf einen Blick: fördert eine gesunde Darmflora stimuliert das Immunsystem hat eine Infektionshemmende Wirkung bei Durchfallerkrankungen kann den Cholesterinspiegel senken beugt Dickdarm- und Brustkrebs vor Seite 2/3 Reife Leistung von Bakterien Mikroorganismen machen seit Jahrtausenden die verschiedensten Lebensmittel für den Menschen schmackhafter, haltbarer und variationsreicher. So auch die Milchsäurebakterien, diese gedeihen bei 20?30°C die Milch in Joghurt verwandeln. Die Bakterien machen sich über den Milchzucker her und vergären ihn zu Milchsäure. Dabei gewinnen sie Energie und können sich vermehren. Milchsäure ergibt ein saures Milieu, in dem das Haupteiweiß der Milch, das Kasein, ausfällt und das Produkt fest wird. Im fertigen Joghurt sorgen etwa 0,7 bis 1,1 Prozent Milchsäure für den frisch-säuerlichen Geschmack. Daneben sind bestimmte Aromakomponenten aus dem Stoffwechsel der Bakterien für den typischen Joghurt-Geschmack verantwortlich. Das Milchsäure-Molekül ist asymmetrisch aufgebaut. Es gibt zwei Formen von Milchsäure mit unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften: L(+)- (rechtsdrehende) und D(-)- (linksdrehende) Milchsäure. Joghurt enthält meist beide Formen in unterschiedlichen Anteilen. Welche Milchsäure vermehrt gebildet wird, hängt von der Zusammensetzung der Joghurtkultur ab und variiert mit den Kulturbedingungen. Die meisten Anbieter verwenden heute Kulturen, die hauptsächlich L-Milchsäure liefern. Der hohe L-Milchsäuregehalt ist gesundheitlich von Vorteil: Im menschlichen Organismus kommt ausschließlich L-Milchsäure vor. Positiv an allen Sauermilchprodukten ist, dass sie oft gut von Menschen mit so genannter Laktoseintoleranz vertragen werden. Laktose (Milchzucker) wird mit Hilfe des Enzyms Laktase im Dünndarm abgebaut. Fehlt dieses Enzym (Laktasemangel), kommt es zu Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfällen. Die Therapie dieser Unverträglichkeit besteht darin, teilweise oder ganz auf Milchzucker zu verzichten. Nicht aber auf Joghurt und Co: denn deren Milchsäurebakterien können bei einer Intoleranz sogar die Laktoseverwertung fördern. Den Molkereien wird eine Vielzahl von Joghurtkulturen mit speziellen Eigenschaften angeboten. Die Reifungskulturen enthalten Milchsäurebakterienstämme verschiedener Bakterienarten. In Produkten, die sich \'Joghurt\' nennen, muss die Reifungskultur überwiegend aus den Wärme liebenden Arten Streptococcus thermophilus und Lactobacillus Bulgariecus bestehen. Die Bulgaricus-Kultur liefert dabei einen eher frisch-sauren Geschmack. Die meisten Molkereien verwenden statt L. bulgaricus ganz oder teilweise andere Lactobacillen (L. acidophilus, L. bifidus), so dass das Produkt mild-säuerlich schmeckt (Joghurt mild). Die Auswahl der Reifungskultur, die Reifungsbedingungen und die Vorbehandlung (Erhitzung) der Milch beeinflussen die Konsistenz: neben stichfesten und cremigen Produkten gibt es auch flüssigen Trinkjoghurt. Vier von fünf verkauften Joghurts enthalten Joghurt nicht pur, sondern sind Mixturen mit fruchtigen oder anderen geschmackvollen Zutaten. Es gibt \'Fruchtjoghurt\' oder \'Joghurt mit Früchten\', der mindestens sechs Prozent Frischfrucht enthalten muss, \'Joghurt mit Fruchtzubereitung\' kommt mit mindestens 3,5 Prozent davon aus und \'Joghurt mit Fruchtgeschmack\' mit noch weniger. Da die Fruchtzubereitung als zusammengesetzte Zutat üblicherweise mit einem Gewichtsanteil unter 25 Prozent am Fruchtjoghurt beteiligt ist, ist es nicht erforderlich, ihre Zusammensetzung aus Zutaten wie Zucker oder Zusatzstoffen wie Dickungsmitteln, Aromen oder Konservierungsstoffen aufzuführen. Verwirrung und Unklarheiten sind so vorprogrammiert. Viele Firmen aus dem Naturkost-Bereich haben sich daher für eine offene Seite 3/3 Deklaration entschieden, auch bei den Zutaten für die Fruchtzubereitung. Allerdings gibt es noch einige, die nur das gesetzlich vorgeschriebene Minimum etikettieren. Konventioneller Fruchtjoghurt wird mit Saccharose (Rübenzucker, isolierter, weißer Zucker) gesüßt, das gibt es auch im Bio-Bereich. Meistens wird die Saccharose aus biologisch angebauten Zuckerrüben aus Deutschland gewonnen. Ein ökologischer Vorteil, aber ernährungsphysiologisch ebenso ungünstig zu bewerten wie die aus konventionell angebauten Rüben. Wer die isolierten Zucker lieber nicht essen möchte, der findet Alternativen: Honig, Fruchtdicksäfte, Weizensirup, Maissirup, häufig in Mischungen, liefern auch die gewünschte Süße. Auch isolierte Fructose (Fruchtzucker) süßt die Joghurts. Der Name dieses Einfachzuckers bezieht sich auf sein natürliches Vorkommen in Früchten, hergestellt wird Fructose dagegen üblicherweise aus Stärke. Sie ist ebenso wie weißer Rübenzucker ein isoliertes Produkt, hat sogar noch einen umfangreicheren Herstellungsprozess mit chemischen Umwandlungen hinter sich. Wie viel an Zucker oder Süßungsmitteln direkt oder via Fruchtzubereitung zugeben wurde, steht nicht auf der Verpackung. Die Firmen geben je nach Sorte sehr unterschiedliche Werte an zwischen etwa drei und neun Prozent Sacharose. Wenn dem Joghurt Früchte untergemengt werden, dann wird er etwas flüssiger. Um dies zu verhindern, enthalten die Produkte meist Dickungsmittel wie Johannisbrotkernmehl, Pektin, Reismehl, Maisstärke u.ä. Auch in Bioware sind solche Zusätze enthalten - häufig aus ökologisch angebauten Lebensmitteln gewonnen. Bio-Fruchtjoghurt wird auch ohne diese Dickungsmittel angeboten, er ist etwas dünnflüssiger. Milchsäurebakterien aktivieren Darmflora Joghurt enthält bis auf den Milchzucker etwa die gleichen Inhaltsstoffe wie die verwendete Milch. Hervorzuheben sind wertvolles Eiweiß, reichlich Calcium und die Vitamine B2 und B12. Personen, die Milchzucker nicht abbauen können, vertragen fermentierte Milchprodukte häufig besser als Milch. Auch ältere Menschen ziehen oft Joghurt & Co vor. Milchsäurebakterien erreichen teilweise den menschlichen Darm lebend und wirken sich dann günstig auf die Darmflora aus. Sogar die Krebsentstehung und das Wachstum von Tumoren sollen sie hemmen. Wer von diesen positiven Effekten profitieren will, sollte regelmäßig milchsaure Produkte verspeisen - mit lebenden Bakterien, also unerhitzt.
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