Die Maschinenbelegungsplanung ist der letzte Schritt im Rahmen der Kapazitätsplanung. Ihre Aufgabe ist die genaue Festlegung, wann die Fertigungsaufträge an den Arbeitsplätzen bearbeitet werden sollen. Die Maschinenbelegung wird durch die Festlegung der Abarbeitungsreihenfolge der Fertigungsaufträge auf den Arbeitsplätzen - Auftragsreihenfolge - durchgeführt.
In den meisten Systemen zur Produktionsplanung und -steuerung wird die Maschinenbelegungs-planung nicht hinreichend unterstützt. Vielfach läuft eine nochmalige kurzfristige Terminierung der Fertigungsaufträge ab ,oft wird die Maschinenbelegungsplanung völlig vernachlässigt. In der Praxis werden daher vielfach dezentrale Leitstände eingesetzt, die auf Werkstattebene Näherungslösungen ermitteln. Häufig wird die Festlegung der Bearbeitungsreihenfolge an den Meister delegiert. Bei der völligen Ausklammerung der Maschinenbelegungsplanung aus den PPS-Paketen wird auf wichtige Steuerungsmöglichkeiten verzichtet. Beim Einsatz von Leitständen werden Optimierungsverfahren zuwenig eingesetzt. Meist wird die Erstellung irgendeines zulässigen Maschinenbelegungsplans als ausreichend angesehen. Wenn die Entscheidungskompetenz an den Meister delegiert wird, ist es praktisch unmöglich, bereichsübergreifende Zusammenhänge in der Planung zu berücksichtigen.
Bevor auf mögliche Verfahren der Maschinenbelegungsplanung näher eingegangen wird, gilt es zu klären, welche Ziele bei diesem Planungsschritt verfolgt werden sollen. Generell können die Ziele in Kosten-, Zeit- und Kapazitätsziele eingeteilt werden.
a) Kostenziele
Im allgemeinen ist jedes untemehmerische Handeln daran orientiert, einen möglichst großen Gewinn zu erzielen. Dies gilt auch für die Maschinenbelegungsplanung. Da die Maschinenbelegungsplanung das letzte planerische Glied in der Termin- und Kapazitätsplanung ist, stehen das Produktions-programm und die damit erzielbaren Erlöse schon längst fest. Der Erfolg kann daher nur mehr durch eine Senkung der Kosten beeinflußt werden. Neben den völlig beschäftigungsunabhängigen Fixkosten fallen darunter beispielsweise Materialkosten, Lohnkosten und Transportkosten. Als entscheidungsrelevante Kosten verbleiben hauptsächlich reihenfolgeabhängige Rüstkosten, Vrspätungskosten und Lagerkosten.
(1) Rüstkostenmininmierung
An manchen Arbeitsplätzen ist vor der Bearbeitung von Fertigungsaufträgen ein Rüstvorgang erforderlich, der Kosten in Form von Zeitverbrauch und einem eventuell erforderlichen Material-einsatz verursacht. In einigen Fällen ist die Höhe der Rüstkosten von der Bearbeitungsreihenfolge der Fertigungsaufträge abhängig. Zum Beispiel ist bei Lackiervorgängen die Reinigung der Lackieranlagen erforderlich, wenn eine helle nach einer dunklen Farbe verwendet wird. In solchen Fällen können Kosten eingespart werden, wenn die Auftragsreihenfolge so festgelegt wird, daß minimale Rüstkosten anfallen.
(2) Verspätungskostenmininmierung
Freigegebene Fertigungsaufträge weisen gewöhnlich einen geplanten Soll-Fertigstellungstermin auf. Bei Endprodukten handelt es sich meist um einen geplanten Auslieferungstermin, bei Fertigungs-aufträgen für den Eigenbedarf können es interne Bedarfstermine der produzierten Teile sein. Bei Nichteinhaltung der Liefertermine können nun erhebliche Kosten entstehen, sei es durch Bezahlung eines vereinbarten Pönales oder durch den verspäteten Beginn des übergeordneten Fertigungs-auftrags. Diese Kosten können durch geeignete Maschinenbelegungspläne verringert werden.
(3)Lagerkostenmininmierung
Die Lagerkosten setzen sich aus verschiedenen Positionen zusammen. Die in unterschiedlichem Maße durch die Fertigungssteuerung beeinflußt werden können. Im wesentlichen können drei Kostengruppen unterschieden werden:
. Kosten für den Lagerraum entstehen bei der Bereitstellung von Lagerungsmöglichkeiten. Darunter fallen im wesentlichen Miet- , Abschreibungs-, Zins- und Instandhaltungskosten für Lagergebäude und sonstige Einrichtungen. Die Kosten für den Lagerraum sind kurzfristig nicht beeinflußbar und somit für die Fertigungssteuerung irrelevant.
. Ähnliches gilt für die Kosten für die Verwaltung des Lagers, die sich aus Personalkosten und aus sonstigen Kosten für den Betrieb des Lagers (zum Beispiel Stromkosten) zusammensetzen. Die Kosten für die verwaltung des Lagers können durch die Entscheidungen in der Fertigungs-steuerung kaum beeinflußt werden.
. Die Kosten für die gelagerten Teile setzen sich aus den Zinskosten für die gelagerten Teile und aus den kalkulatorischen Kosten für Verderb, Schwund und Qualitätsminderung zusammen. Diese Kostenarten haben gemeinsam, daß sie von der Lagerdauer und vom Wert der eingelagerten Teile abhängen. Kosten für die gelagerten Teile fallen nicht nur für die in einem Lager befindlichen fertigen Produkte an, sondern auch für die in der Fertigung befindlichen Halbfabrikate und die Rohmaterialien.
Der Einfluß der Maschinenbelegungsplanung auf die kalkulatorischen Kosten für Verderb, Schwund und Qualitätsminderung kann nicht generell beurteilt werden. Es muß stets im Einzelfall untersucht werden, ob die Wagnisse der Fertigung oder der Lagerung zuzurechnen sind. Die Zinskosten für gelagerte Teile können durch eine Verkürzung der Dauer der Kapitalbindung vom Einkauf der Rohmaterialien bis zum Versand der Endprodukte reduziert werden. Auf der Ebene der Maschinen-belegungsplanung kann nur die Auftragsdurchlaufzeit und somit die Dauer der Kapitalbindung der Halbfabrikate beeinflußt werden. Gegenstand der Maschinenbelegungsplanung sind nur jene Aufträge, für die die Verfügbarkeitskontrolle positiv abgeschlossen wurde. Das bedeutet daß alle Materialien schon verfügbar sind und bereits Lagerkosten im Eingangslager verursachen!
Wird nun mit der Fertigung möglichst spät begonnen, dann sind zwar die Zinskosten für Halbfabrikate geringer, im selben Ausmaß steigen jedoch die Zinskosten im Lagerbereich. Hier ist also nur eine Kostenumschichtung und keine Einsparung möglich. Auch die Meinung, Personalkosten erhöhen den Wert der Halbfabrikate und führen mit zunehmendem Fertigungsfortschritt zu einer Zunahme der Kapitalbindung, ist nur in bestimmten Fällen zutreffend. Werden die Mitarbeiter auf Basis der Anwesenheitszeit entlohnt, dann ist die Höhe der Personalkosten durch Reihenfolgeentscheidungen nicht beeinflußbar. Nur bei Leistungsentlohnung ist eine genaue Zurechnung von Kosten auf den Fertigungsauftrag betriebswirtschaftlich sinnvoll. Die Zinskosten können jedoch nur dann beeinflußt werden, wenn es gelingt, den Fertigungslohn durch spätere Bearbeitung in einen späteren Lohnzahlungszeitraum zu verschieben. Denn erst die Bezahlung des Lohnes führt zu einer Kapitalbindung. Verschiebungen innerhalb eines Lohnzahlungszeitraums wirken sich also auf das gebundene Kapital und somit auf die Zinskosten nicht aus. Die Bedeutung der Zielfunktion Minimiemng der Lagerkosten ist unter der Berücksichtigung dieser Überlegungen nicht sehr groß.
b) Zeitziele
Die Ermittlung und somit die Minimierung der reihenfolgeabhängigen Kosten stößt in der Praxis auf erhebliche Schwierigkeiten. Daher werden in der Praxis andere Ersatzziele verfolgt, die einfacher gemessen werden können. Häufig werden Zeitziele herangezogen, von denen die drei wichtigsten im folgenden dargestellt werden.
(1) Minimierung der Rüstzeiten
Sofern die Umrüstkosten nicht erfaßt werden können, ist es sinnvoll, Fertigungsaufträge in der Reihenfolge zu fertigen, bei der die reihenfolgeabhängigen Umrüstzeiten minimiert werden. Sinnvoll ist die Minimierung der Umrüstzeiten, wenn die vorhandene Kapazität nur dann zur Produktion der eröffneten Fertigungsaufträge ausreicht, wenn ein möglichst geringer Teil der Kapazität für Umrüstungen eingesetzt wird. Insbesondere bei kleinen Losen (und somit einer großen Zahl von Fertigungsaufträgen) gewinnt dieser Aspekt zunehmend an Bedeutung.
(2) Minimierung von Terminüberschreitungen
Die Minimierung von Terminüberschreitungen ist ein Ersatzziel für das Kostenziel Minimierung der Terminüberschreitungskosten. Als Maßgröße für Terminüberschreitungen können unter anderem folgende Werte herangezogen werden:
. Anzahl der Terminüberschreitungen
. mittlere Terminüberschreitungsdauer
. größte Terminüberschreitungsdauer
Bei der Wahl der richtigen Maßgröße darf nicht übersehen werden, daß Terminüberschreitungen bei verschiedenen Fertigungsaufträgen mit unterschiedlichen Kosten verbunden sein können. Dabei müssen sowohl die bei Lieferverzug direkt zu bezahlenden Vertragsstrafen als auch die bei ver-schlechterung der Beziehungen zu den Kunden zu erwartenden Folgekosten berücksichtigt werden. Es ist stets im Einzelfall zu prüfen, welche Maßgröße die Kosten am besten abbildet.
(3) Minimierung der Gesamtdurchlaufzeit
Vielfach wird die Zeitspanne bis zur Abarbeitung aller eröffneten Fertigungsaufträge - die Gesamt-durchlaufzeit - als Zielkriterium herangezogen. Dies ist dann von Bedeutung, wenn alle Aufträge möglichst rasch produziert werden sollen und jeder Auftrag als gleich wichtig angesehen wird. Dieses Zielkriterium wird in der Sortenfertigung häufig eingesetzt, wenn die Lose stets in einer bestimmten Reihenfolge - dem Zyklus - produziert werden. Die Gesamtdurchlaufzeit aller Sorten wird dann als Zykluszeit bezeichnet. Je kürzer die Zykluszeit ist, desto rascher können Loszyklen aufein- anderfolgen.
c) Kapazitätsziele
In der Literatur werden häufig die Maximierung der Kapazitätsauslastung und die Minimierung der Leerzeiten als Zielfunktionen angesehen. Berücksichtigt man, daß das Produktionsprogramm und die sich daraus ergebenden Fertigungsaufträge bereits in übergeordneten Planungsschritten fixiert werden, wird deutlich, daß die Kapazitätsauslastung nicht mehr wesentlich beeinflußt werden kann. Das Ziel Maximiemng der Kapazitätsauslastung könnte nur durch eine Planung erreicht werden, in der die reihenfolgeabhängigen Rüstzeiten maximiert werden! Dieses Ziel würde daher der Minimierung der Rüstzeiten (beziehungsweise -Kosten) klar widersprechen. Das Ziel der Maximierung der Kapazitätsauslastung muß daher bereits in der Programmplanung durch Annahme entsprechender Aufträge verfolgt werden.
d) Die Reihenfolgeplanung aufgrund von Prioritätsregeln
Die Aufgabe der Reihenfolgeplanung besteht darin, nach dem Abgleich des Kapazitätsbedarfs im Rahmen der Kapazitätsterminierung, die Reihenfolge der Arbeitsvorgänge festzulegen, in der diese auf den Betriebsmitteln bearbeitet werden sollen. Dazu bedient man sich häufig sogenannter Prioritätsregeln. Priorttätsregeln sind Vereinbarungen über die Reihenfolge der Durchführung mehrerer Aufgaben beziehungsweise Teilaufgaben durch ein Arbeitssystem entsprechend ihrer Dringlichkeit. Diese Prioritätsregel wird in diesem planungsschritt für jeden Arbeitsvorgang bestimmt. Die in der Teilefertigung verwendeten Arbeitsgangprioritätsregeln können zunächst in zwei Gruppen, in lokale und kausale Regeln, unterteilt werden. Lokale Arbeitsgangprioritätsregeln sind:
. Prioritätsregeln, mit denen der Durchlauf durch die gesamte Teilefertigung gesteuert wird. Höchste Priorität hat zum Beispiel der Werkstattauftrag mit dem frühesten Fertigstellungstermin.
. Prioritätsregeln, die sich auf mehrere Maschinen beziehen. Höchste Priorität hat zum Beispiel der Werkstattauftrag, der die geringste restliche Bearbeitungszeit hat.
. Prioritätsregeln, die sich auf einzelne Maschinen beziehen. Der Werkstattauftrag mit der geringsten Bearbeitungszeit in der Warteschlange vor der Maschine hat zum Beispiel die höchste Priorität.
Als klausale Arbeitsgangprioritätsregeln bezeichnet man:
. Prioritätsregeln, die zur Erhöhung der Kapazitätsausnutzung beitragen. Ein Werkstattauftrag geht zum Beispiel innerhalb einer Maschinengruppe zu der Maschine mit der kleinsten Warteschlange.
. Prioritätsregeln, die eine Verringerung der Durchlaufzeiten in der Teilefertigung mit sich bringen. Werkstattaufträge mit kleinen Bearbeitungszeiten werden vorrangig bearbeitet.
. Prioritätsregeln, welche die Kapitalbindung in den Zwischenlagem vermindern. Der Werkstattauftrag mit der höchsten Kapitalbindung wird mit der größten Dringlichkeit bearbeitet.
. Prioritätsregeln, welche die Termineinhaltung bewirken sollen. Der Werkstattauftrag mit der geringsten Pufferzeit und dem nächsten Fertigstellungstermin erhält die höchste Priorität.
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