1. Allgemein
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Die durch das PrHG statuierte Haftpflicht erfasst nur Schäden infolge Beeinträchtigung absoluter Rechtsgüter. Geschützt werden einerseits die persönliche Integrität und anderseits das Eigentum bzw. der Besitz an Sachen.
Im Gegensatz zu vertraglichen Haftungen wird der Hersteller aufgrund des PrHG nicht nur gegenüber seinen Vertragspartnern oder den Benutzern seines Produktes, sondern gegenüber allen Personen, d.h. auch gegenüber den sogenannten \"Bystanders\" (=Unbeteiligte Dritte), ersatzpflichtig. Die Haftung für Sachschäden nach dem PrHG wird allerdings eingeschränkt, indem Schäden an überwiegend gewerblich benutzten Sachen nicht zu ersetzen sind.
2. Personensachschäden
2.1 Tötung eines Menschen
2.1.1 Direkter Schaden
Der direkte Schaden infolge Tötung eines Menschen umfasst sowohl die Kosten vergeblicher Heilungsversuche und der Bestattung, als auch Einkommenseinbussen während der Zeit der Arbeitsunfähigkeit.
2.1.2 Versorgerschäden
Verlieren andere Personen durch die Tötung ihren Versorger, so stellt der Ausfall ihrer Versorgung einen Reflexschaden der Tötung da, für welche grundsätzlich kein Schadenersatz zu leisten ist. Art. 45 Abs. 3 OR, der den zu Versorgenden ausdrücklich einen Schadenersatzanspruch einräumt, stellt eine Ausnahmeregelung dar, aufgrund welcher die Hinterbliebenen einen Anspruch aus eigenem Recht erhalten, unabhängig ihrer erbrechtlichen Beziehung zum Verstorbenen.
2.1.3 Voraussetzungen
Erste Voraussetzungen für einen Versorgungsschaden ist eine gesetzliche oder vertragliche Unterstützungspflicht des Versorgers, wobei regelmässige, freiwillige Unterstützungen genügen, die erfolgt sind und in Zukunft mit grosser Wahrscheinlichkeit erfolgt wären. Dementsprechend können nicht nur nahe Angehörige, sondern auch Verlobte und ev. auch Konkubinats-partner einen Versorgungsschaden geltend machen. Ausschlaggebend dabei ist nicht der eheähnliche und dauerhafte Charakter des Konkubinats-verhältnisses, sondern die Wahrscheinlichkeit, dass die Unterstützung auch in Zukunft erfolgt wäre.
Ausserdem muss der Geschädigte unterstützungsbedürftig sein. Die Beurteilung der Bedürftigkeit erfolgt jedoch nicht aufgrund des Existenz-minimums. Den Hinterbliebenen soll vielmehr eine Beeinträchtigung ihrer bisgerigen Lebensweise erspart werden, ohne sie zu einer Änderung oder Aufnahme der Erwerbstätigkeit zu zwingen.
2.1.4 Umfang der Versorgungsschäden
Bei der Bestimmung des Versogungsschadens muss der Prozentsatz des Einkommens des Verstorbenen bestimmt werden, welches zur Versorgung aufgewendet werden musste. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gewisse Fixkosten trotz des Todes weiterlaufen und die Überlebenden Familien-mitglieder daher in Zukunft einen höheren Anteil am Einkommen zur Beibe-haltung des Lebensstandards benötigen werden als bisher.
2.2 Körperverletzung - Bestandteile des zu ersetzenden Schadens
Unter Körperverletzung ist die Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Integrität zu verstehen, welche gesundheitliche Störungen bewirkt. Der zu ersetzende Schaden umfasst gemäss Art. 46 Abs. 1 OR sowohl die entstehenden Kosten, als auch die Nachteile infolge voller oder teilweiser Arbeitsunfähigkeit.
2.2.1. Kosten
Die Kosten umfassen neben den mit der medizinischen Behandlung verbundenen Auslagen, inklusive Prothesen, Kuren, kosmetische Operationen, Transport und Betreuung, auch Aufwendungen im Zusam-menhang mit der Anpassung der Umgebung, wie zusätzliche Hilfsmittel, Umbauten oder auch Wohnungswechsel.
2.2.2 Erwerbsausfälle
Bei der Berechnung des Schadens muss das hypothetische Einkommen des Geschädigten, wie es sich in Zukunft entwickeln wird, dem Einkommen wie es sich ohne das schädigende Ereignis entwickelt hätte, gegenüber gestellt werden. Dabei sind sowohl zu erwartende Reallohnsteigerungen als auch allfällige Berufswechsel bzw. Berufswahl bei Kindern zu berücksichtigen. Ansprüche auf Lohnfortzahlungen gegenüber dem Arbeitgeber sowie auch Beiträge der Sozialversicherungen sind anzurechnen, nicht aber freiwillige Leistungen des Arbeitgebers oder einer privaten Summenversicherung.
Inwieweit der Arbeitgeber seinerseits einen Regressanspruch geltend machen kann, bestimmt sich aufgrund von Art. 51 OR.
Zumindest die, über das gesetzliche Minimum hinausgehenden, vertraglich vereinbarten Leistungen müssten aber als vertragliche Schadenstragung gesehen werden, weshalb diesbezüglich ein Verschulden des Herstellers entscheiden wird.
Lohnausfälle sind auch bei Schülern möglich, die aufgrund eines Unfalls ein Schuljahr verlieren. Ihr Erwerbsausfall ergibt sich aus ihrer um ein Jahr späteren Erwerbsaufnahme, welcher für den aufgrund der Fähigkeiten und Neigungen des Kindes in Frage kommenden Beruf erwartet werden kann.
Zur Abschätzung der Einkommenseinbusse wurde in der neueren Bundesgerichtspraxis stets vom Bruttolohn inklusive der rentenbildenden Arbeitgeberbeiträge ausgegangen.
Im weiteren entspricht der Invaliditätsgrad und die daraus resultierende theoretisch verbleibende Erwerbsfähigkeit nicht automatisch der haftrechtlichen Erwerbsausfallentschädigung. Massgebend ist vielmehr die noch wirtschaftlich nutzbare Erwerbsfähigkeit, welche z.B. trotz einer 20%igen Arbeitsfähigkeit unter Umständen nicht mehr existiert.
2.2.3 Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens
Einen zu ersetzenden Vermögensschaden kann auch die Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens bewirken. Darunter sind über die eigentliche Erwerbsfähigkeit hinausgehende Hindernisse für die wirtschaftlich relevante Entwicklung zu sehen. Verstümmelungen oder Entstellungen beeinträchtigen meist die eigene Situation auf dem Arbeitsmarkt, die sich auch in Lohn-einbussen oder Übergehung bei Beförderungen zeigt.
2.3 Genugtuung
Genugtuung ist eine Ausgleichsleistung, die der Wiedergutmachung immaterieller Unbill (als Gegenstück zum Vermögensschaden) dient. Die Genugtuung besteht im Regelfall in einer Geldleistung an den Beeinträchtigten.
Nach Lehre und Rechtssprechung ist die Genugtuungsforderung \'abtretbar\'.
Eine geerbte Genugtuungssumme kann bei der Festlegung des dem Erben zustehenden eigenen Genungtuungsanspruches berücksichtigt werden.
3. Sachschaden
3.1 Begriff des Sachschadens
Es handelt sich um eine Vermögenseinbusse, welche durch Zerstörung, Beschädigung oder Verlust einer Sache entstanden ist. Dies im Gegensatz zum reinen Vermögensschaden.
Vom PrHG werden reine Vermögensschäden überhaupt nicht und die Sach-schäden nur zum Teil erfasst.
3.2 Anwendungsbereich des PrHG
3.2.1 Kreis der Anspruchsberechtigten
Durch das PrHG sind nicht nur Schäden an Sachen eines Vertragspartners oder eines Benutzers, sondern auch an denjenigen eines Unbeitiligten, \"Bystanders\" erfasst.
3.2.2 Keine Schäden am Produkt selbst
Schäden am Produkt selbst werden, wie schon erwähnt wurde, dicht durch das PrHG erfasst. Dies gilt auch für Fehler eines Teilproduktes, die zu einer Schädigung des Endproduktes führen. Man spricht insoweit von \"weiter-fressenden Schäden\". Der Teilhersteller haftet nicht für die Beschädigung des Endproduktes, die durch den weiterfressenden Mangel seines Einbau-teiles verursacht worden ist.
3.2.3 Privater Gebrauch und Verbrauch
Nach dem PrHG ist der Schadenersatz bei Sachbeschädigung auf Sachen beschränkt, die \'privat\' genutzt werden. Unter dem Begriff privater Gebrauch ist der persönliche oder familiäre Gebrauch zu verstehen, der im Gegensatz zum beruflichen oder gewerblichen Gebrauch steht. Daher liegt ein privater Gebrauch oder Verbrauch nur vor, wenn sich die Verwendung der über-wiegend in der Befriedigung persönlicher Interessen erschöpft und nicht darüber hinausgehenden Zwecken dreht, zum Beispiel denen des Gewerbes.
Dazu gehören zB. Wohnungsmöbel, Spielsachen, Heimwerkgeräte, Kleider, Fahrräder, Fernseher.
Zum gewerblichen oder beruflichen Gebrauch oder Verbrauch bestimmt sind unter anderem Lastkraftwagen, schwere Baumaschinen, Praxiseinrichtungen, usw.
3.3 Umfang des Schadens
3.3.1 Kosten für vorübergehende Ersatzbenützung
Da das PrHG nur Schäden an Sachen, welche hauptsächlich privat ver-wendet worden sind, erfasst, dürften durch den vorübergehenden Ausfall der Sache relativ selten Vermögenseinbussen entstehen, da dem Geschädigten im allgemeinen zuzumuten ist, einige Zeit auf eine privat genutzte Sache zu verzichten.
So wird zum Beispiel die Miete für ein Ersatzfahrzeug nur dann als Schaden ersatzpflichtig, sofern der Geschädigte auf sein Auto angewiesen ist und dieses nicht nur der Bequemlichkeit halber für seinen Arbeitsweg oder in der Freizeit benützt.
Auch ein Ersatz für entgangenen Feriengenuss wird abgelehnt, da keine Ver-mögenseinbusse daraus resultiere.
3.3.2 Entgangener Gewinn
Da nach dem PrHG Schadenersatz auch für Sachen gefordert werden kann, die zeitweilig wirtschaftlich genutzt werden, ist es möglich, dass der Ausfall dieser Sache die Erzielung einer Vermögensvermehrung verhindert. Aber auch die Beschädigung einer nur privat verwendeten Sache kann einen Schaden in Form eines entgangenen Gewinns nach sich ziehen.
Für den Anspruch auf entgangenen Gewinn ist es unerheblich, ob auf die erwartete aber nicht eingetretene Vermögensvermehrung ein Rechts-anspruch bestanden hat. Von Belang ist lediglich die Möglichkeit der Gewinn-erzielung, die sich zu einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit verdichtet haben muss.
Als Massstab hat man sich an der allgemeinen Lebenserfahrung zu orientieren.
3.3.3 Anwaltskosten
Vorprozessuale Anwaltskosten bilden einen Bestandteil des Schadens.
Dasselbe gilt für Anwaltskosten in einem Strafverfahren,welche dem Geschädigten als Zivilpartei im Strafverfahren gegen den Schadens-verursacher entstehen, oder welche in einem Strafverfahren gegen den später freigesprochenen Geschädigten entstanden sind.
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