"Die RAF ist eine Gruppe von Verfolgten und Denunzierten, die [.] in die Enge getrieben worden sind und deren Theorien weitaus gewalttätiger klingen, als ihre Praxis ist"
Nicht ohne Grund werden die Medien heute gelegentlich neben der Exekutive, der Legislative und der Judikative als vierte ausführende Gewalt im gewaltenteilenden Staat genannt. Informationen zu allen Sachbereichen und Themen werden in reichlicher Fülle im Fernsehen, in Zeitungen und im Internet dargeboten. Jedoch ist nicht immer eine objektive Berichterstattung gewährleistet. Allzu oft hängt die Auswahl und Zusammenstellung von Informationen von den Inhabern bzw. (Chef)Redakteuren der jeweiligen Medienanstalten ab, siehe Axel Springer als Herausgeber der auflagenstärksten deutschen Tageszeitung, BILD. BILD stellte in den 60ern und 70ern ca. 30% der Gesamtauflage aller erscheinenden Tageszeitungen wochentags, sonntags waren es sogar 90%. Infolge einer Hetzkampagne gegen den Studentenführer Rudi Dutschke fiel dieser einem Rechtsradikalen Attentäter auf offener Straße in Berlin zum Opfer. Er starb an den Folgen der Verletzungen 1979. Somit bergen die Medien neben ihren Chancen große Gefahren der gezielten Desinformation und zum Teil nicht ganz einsichtiger, einseitiger Propaganda.
Wie groß der Einfluss der Medien sein kann und zu welchen Zwecken er zum Teil missbraucht wird, ist heute ohne Weiteres anhand endlos vieler Beispiele nachzuvollziehen.
So hat die USA und ihre Militärs im Krieg gegen den Irak nur US-Berichterstatter geduldet. Diese sorgten für eine subjektive Berichterstattung, die das grausame Vorgehen amerikanischer Soldaten gegen irakische Soldaten sowie gegen die irakische Bevölkerung in verschwindend geringem Ausmaß beachtete, um stattdessen Gesten der Versöhnung und das Bild des klinisch-sauberen Krieges hervorzuheben. Nur am Rande drangen auch objektivere Informationen von weniger abhängigeren Berichterstattern durch, die darum bemüht waren, einganzheitlicheres Bild des Irak-Kriegs und seinen Konsequenzen zu zeichnen.
Durch Medien wie der Zeitung oder des Fernsehens gelangen also Informationen nur aus zweiter oder gar dritter Hand zu den Empfängern. Zudem ist ihre Zusammenstellung nahezu in jedem Fall einer gewissen Willkür des Verfassers unterworfen.
Diese Tatsachen waren schon zu Zeiten der RAF ein äußerst entscheidender Vorteil für die Staatsgewalt.
Während der Entführung Hanns-Martin Schleyers 1977 wurde so die Veröffentlichung verschiedener Videobänder und Erklärungen zu seiner Entführung, die deren politische Dimension erläuterten, durch Anordnung der Staatsgewalt unterdrückt und verboten. Nur wenige Informationen zur Entführung waren in den Medien abgedruckt, und so entstand das Gefühl bei den durch Desinformation in die Irre geführten Bürgern, dass alles in Ordnung sei und der Staat Herr der Lage zu sein scheine. Dass der Staat jedoch selbst immer wieder Ultimaten der RAF brach, um Zeit zur Auffindung des Schleyer-Verstecks zu gewinnen, dass er dabei wesentliche Hinweise tagelang nicht wahrnahm, dass er auch bereit war, Menschenleben zu opfern für die Erhaltung des Bisherigen, das alles wurde in nur sehr wenigen, meist linken Zeitungen thematisiert, denen ohnehin nicht viel Glauben geschenkt wurde.
Weiter wurde durch Hetzkampagnen und klar subjektive Artikel in der BILD wie "Baader-Bande erpresst Prominente" , "Pfarrer versteckte Beutegeld der Baader-Bande" und der WELT "Gesinnungsfreunde erschweren Fahndung nach Baader-Gruppe" , z.T. durch moralische Anfeindungen die allgemeine Ablehnung der Politik und Ziele der RAF durch zunehmend größere Teile innerhalb der Bevölkerung gefördert. Das Gefühl der geschlossenen Front und Sicherheit gegenüber der RAF entwickelte sich stetig. Der Staat wurde durch vorbildhaftes Vorgehen gegenüber der "Baader-Meinhof-Bande" und faire Behandlung der Gefangenen in manchen Medien hervorgestellt. Man identifizierte sich auch aufgrund der gezielten medialen Irreführungen nach anfänglichen Sympathien - 1971 gestand jeder vierte Bundesbürger unter 30 diese ein, jeder zwanzigste Bundesbürger war bereit, RAF-Mitglieder für eine Nacht bei sich aufzunehmen - für die revolutionäre Strategie wieder zunehmend mit der Tradition und den wirtschaftlichen Hoffnungen der Zukunft. Systemkritische Überlegungen wurden wieder mehr und mehr in den Hinter- bzw. Untergrund verdrängt.
Aufgrund der bis dato unerreichten Macht der Medien in der heutigen Informationsgesellschaft ist ihr Einfluss noch größer, als er es zu Zeiten der RAF war. Zwar ist durch das Internet eine wesentlich freiere und weitaus vielfältigere Informationskomponente hinzugekommen, d.h. auch revolutionäres Gedankengut wird hier oft und ausführlich thematisiert und diskutiert, jedoch weitestgehend nur innerhalb der "alten" Kreise. Viele Menschen informieren sich über politische Systemvarianten nicht im Internet, trotz des umfangreichen Angebots und ein Stück weit auch wegen der teilweisen Politikverdrossenheit.
Vor diesem Hintergrund wird es sicherlich noch zusätzlich erschwert, gegen diese bestehenden Umstände anzukämpfen. Jedoch hat die RAF auch in ihren Erklärungen an die Presse Resonanz gefunden, da sie diese unter anderem auch an französische Presseagenturen weitergeleitet hat, welche nicht unter dem Zwang der Auflagen innerhalb der BRD standen und sie veröffentlichten - was allerdings in der BRD beim Proletariat kaum Anklang fand.
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